Meine eigene OVZ-GeschichteWie vier Menschen mit ihrer Heimatzeitung verbunden sind

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Friedhelm Julius Beucher Helmut Schmidt

Karriere gemacht in Politik und Journalismus: Friedhelm Julius Beucher, hier mit Altkanzler Helmut Schmidt beim Seeheimer Kreis in Nümbrecht.

Oberberger machen Schlagzeilen, aber nicht nur das: Zum 70. Geburtstag der OVZ haben wir mit vier Menschen gesprochen, die ihre ganz eigene Geschichte mit ihrer Heimatzeitung verbinden. Mehr über die OVZ und die Kölnische Rundschau erfahren Sie in der großen Beilage, die am 29. Oktober Ihrer Zeitung beiliegt. Zum 70. Geburtstag stellen wir auf 32 Seiten die Arbeit der Redaktion, die vielfältigen Aktionen für unsere Leser und unsere Zukunftsprojekte vor. (r)

Der Setzer: Konrad Frielingsdorf

Mit der Druckerei nach

Efferen umgezogen

Der langjährige Kreisgeschäftsführer der CDU Oberberg, Konrad Frielingsdorf, erinnert sich noch sehr gut an die Anfänge der OVZ und an ihren Gründer Hans Reifferscheidt: „Der war nämlich mal mein Chef.“ 1953 hatte der heute 81-jährige Frielingsdorfer in der Oberbergischen Druckerei an der Karlstraße in Gummersbach eine Lehre als Setzer begonnen. Fast zwei Jahre durfte er dort dann noch miterleben, wie die OVZ dort vom Band lief – bis deren Druck nach der Fusion mit der Rundschau nach Köln verlagert wurde.

Etwa zwei Jahre später verschwand die Druckerei an der Karlstraße. „Die Maschinen wurden abgebaut und zogen nach Hürth-Efferen um, wo die Firma dann Drei-Kronen-Druckerei hieß“, erinnert sich Frielingsdorf. Dort seien damals zum Beispiel die Rätselzeitschrift „Pfiffikus“ oder die „Zahnärztlichen Mitteilungen“ gedruckt worden. Der Derschlager zog zunächst mit um. „Ich hatte damals ein Zimmer in Sülz“, erzählt er. Nach einigen Monaten habe es ihn dann aber doch wieder näher an seine oberbergische Heimat gezogen: Er wechselte zu einer Druckerei nach Lüdenscheid.

Einige Jahre später kehrte der Derschlager zurück zur OVZ – in die Lokalredaktion: „Ich habe als freier Mitarbeiter aus vielen Teilen des Oberbergischen berichtet, auch aus den Räten.“ Dass er damals schon CDU-Kreisgeschäftsführer war, sei kein Hindernis gewesen. „Der damalige Redaktionsleiter Günther Mieth hat sehr darauf geachtet, dass ich das nicht vermische.“ Außerdem habe es viele Debatten gegeben, die nicht an den Parteigrenzen entlang geführt wurden: „Zum Beispiel in der neuen Gemeinde Reichshof, wenn es zwischen Denklingen und Eckenhagen darum ging, wer die Schule bekommt und wer das Rathaus.“ (kmm)

Der Sportreporter: Friedhelm Julius Beucher

Der Sohn des

„Boxsportpioniers“

Anfang der 1950er Jahre kam auch Friedhelm Julius Beucher erstmals mit der Volkszeitung in Berührung – im Haushalt seines Großvaters in Bergneustadt. Der 73-jährige Beucher, heute Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes und für die SPD von 1990 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages, erinnert sich: „Die Volkszeitung wanderte damals durch das ganze Haus.“ Schmunzelnd ergänzt er: „Und selbst wenn alle sie gelesen hatten, wurde sie nicht weggeschmissen. Dann wurden im Keller die Obstkisten damit ausgelegt.“

Er selbst kam Anfang der 1960er Jahre mit der Redaktion erstmals in Berührung. Als er einen Bericht unverlangt eingesandt habe, erhielt er das Angebot, mehr zu schreiben. Lachend zitiert Beucher aus dem Schreiben des damaligen Redaktionsleiters: „Geht der Unterzeichner fehl in der Annahme, dass Sie der Sohn des Boxsportpioniers Stefan Beucher sind?“ Wenn das tatsächlich so sei, habe man auch Interesse an aktuellen Nachrichten aus dem Boxring Bergneustadt.

Der Redaktionsleiter irrte sich nicht, und damit begann die Zeit des Sportreporters Beucher, allerdings nicht nur in Sachen Boxen: „Jahrelang war ich sonntags auf den Sportplätzen unterwegs und habe unter anderem über Fußballspiele berichtet.“ Auch für Beucher war sein politisches Engagement damals kein Hindernis und auch nicht sein Studium an der Pädagogischen Hochschule in Bonn. Erst nach dem 1. Staatsexamen 1972 fehlte ihm die Zeit für seine Wochenendausflüge in den Sportjournalismus. (kmm)

Die Zugezogene: Ina Albowitz-Freytag

„Hier liest

man die OVZ“

Ina Albowitz-Freytag kam 1977 nach Gummersbach, zwei Jahre nach ihrem Mann, der damals bei Karstadt arbeitete. „Wir haben vorher in Köln und dann in Essen gelebt. Ich erinnere mich noch, dass ich in meiner Umgebung gefragt habe: Was liest man denn hier“, erzählt die 76-Jährige. Die Antwort war eindeutig: „Hier liest man OVZ.“ Über ein 14-tägiges Probeabo sei sie hängengeblieben: „Die OVZ war immer nah an den Menschen.“

Dass sie dann selbst schnell zum Gegenstand der Berichterstattung wurde, nachdem sie 1979 für die FDP und 1981 auch den Fraktionsvorsitz dort übernahm, habe sie selbst schnell als Teil des Geschäftes wahrgenommen, sagt die spätere Bundestagsabgeordnete. In den 1990ern war sie sechs Jahre lang parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Fraktion „Meine Schwiegermutter hat aber alle Artikel über mich fleißig gesammelt“, erzählt sie. (kmm)

Der Ausgebildete: Lothar Keller

Fußball ist

nicht Handball

Mitten hinein in die 1980er Jahre: Damals war Lothar Keller als Reporter in Oberberg. Heute ist der 54-Jährige politischer Chefkorrespondent bei RTL und Moderator des RTL-Nachtjournals. Bei der OVZ begann der Wiehler, der in Alferzhagen aufgewachsen ist, seine Karriere. An die Zeit in der Heimat kann der Journalist, der Bundeskanzlerin Angela Merkel regelmäßig bei deren Reisen begleitet, noch gut und gerne erinnern: „Mein Einstieg ins Reporterleben bei der OVZ war selten langweilig, oft lustig und einmal sehr dreckig: Für einen Tag habe ich im Zirkus Siemoneit-Barum das Leben der Artisten und Dompteure begleitet und dabei Schubkarren voller Nilpferd- und Kamelkacke durch den Matsch geschoben. Einer von vielen Reporteinsätzen, der mich an Orte gebracht hat, wo ich sonst nie hingekommen wäre.“

Sieben Jahre, von 1986 bis 1993, war Keller, bevor er zum Fernsehen wechselte, für die Lokalredaktion der OVZ tätig: „Das waren auch unzählige Karnevalsfeiern, Ratssitzungen, Schützen- und Feuerwehrfeste. Nirgendwo ist man so nah dran an den Menschen wie im Lokaljournalismus. Und wenn an manchen Tagen nur Verkehrsmeldungen oder Hauptversammlungsberichte abzutippen waren, so gab es dafür an anderen Tagen unvergessliche Geschichten: Ein Interview mit Gianna Nannini oder meine erste Reise nach Israel, gemeinsam mit einer Delegation aus Wiehl, die ihre Partnerstadt Yokneam besuchte.

Welcher andere Beruf ist so abwechslungsreich, wo trifft man so viele verschiedene Menschen? Bei der OVZ habe ich erkannt: Journalist, das ist mein Beruf. Vor allem aber habe ich in diesen sieben Jahren enorm viel gelernt: Wie man mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen jeden Tag aufs Neue daran arbeitet, ein gutes Produkt für die Leser zusammenzustellen. Wie man bei Interviews das erfährt, was man wissen will. Und warum Sorgfalt für Journalisten so wichtig ist – denn wenn man einen ganzen Artikel über die Jahreshauptversammlung eines Fußballvereins schreibt, der aber ein Handballverein ist, dann gibt das Ärger. Ich denke oft und gerne an die Jahre bei der OVZ zurück. Für den Einstieg in den Journalismus gibt es nichts Besseres als die Arbeit im Lokalen.“ (ar)

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