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Corona-KriseFriseure berichten von Beschimpfungen und Bedrohungen

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Haarschnitt nach Anleitung eines Online-Portals: Seit die Friseursalons wegen der Kontaktbeschränkung geschlossen sind, greifen viele Menschen selbst zur Schere.

Morsbach – Hauptsache, die Haare sind schön. Ihre äußere Wirkung bewegt einige Menschen offenbar mehr, als notwendige Vorkehrungen gegen eine Ansteckung mit dem Coronavirus. Sie bedrängen und bedrohen sogar ihre Friseure.

Dieses Verhalten findet der Obermeister der Friseurinnung Bergisches Land, Thomas Stangier aus Morsbach, absurd und ärgerlich. Unerfreuliche Vorfälle bei mehreren Kollegen seines Handwerks bewegen den Friseurmeister zu einem besonderen Appell: „Liebe Kunden, bitte fragen Sie nicht mehr nach Hausbesuchen. Weder in den Geschäften, noch direkt bei den Angestellten.“

Kunden drohen mit Rufschädigung

Grauer Haaransatz, verblichene blonde Strähnen, widerspenstige Locken im Nacken – der wachsende Haarschopf sorgt bei manchem ohne Frage für wachsende Verzweiflung. „Einige Kunden versuchen ihre langjährige persönliche Beziehung zum Friseur oder zur Friseurin auszunutzen. Wir fühlen uns einfach bedrängt“, betont Stangier. Einem Kollegen seien 500 Euro geboten worden, wenn er sich um die Haarschnitte einer vierköpfigen Familie kümmere. „Dann muss ich mir endlich nicht mehr das Gejammer meiner Frau anhören“, habe der Bieter gesagt.

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Andere Kunden versuchen es mit Drohungen. Stangier: „Sie kündigen unseren Betrieben Rufschädigung an. Sie schimpfen, sie würden ihre Stammkundschaft aufgeben und zur Konkurrenz wechseln.“ Wenn die Kunden bei den Geschäftsinhabern erfolglos geblieben sind, würden sie es bei den Angestellten versuchen. „Sie sprechen die Friseurinnen über die sozialen Netzwerke oder bei zufälligen Begegnungen im Ort ganz direkt an. Das verschlimmert die angespannte Situation, mit der doch alle jetzt klar kommen müssen“, ärgert sich der Friseurmeister.

Verstöße gegen Corona-Regeln kosten bis zu 5000 Euro

Friseurgeschäfte müssen seit gut einer Woche geschlossen bleiben. Denn relevant ist jetzt, eine schnelle Ausbreitung der Atemwegserkrankung Covid-19 zu verhindern. Die Beschränkung der sozialen Kontakte gilt zunächst bis 19. April.

Bei Verstößen gegen die landesweiten Corona-Regeln werden Strafen von bis zu 5000 Euro erhoben. Im Wiederholungsfall werden sogar bis zu 25 000 Euro fällig. Stangier: „Allein die Idee zu haben, der Friseur kommt nach Hause, arbeitet ganz nah am Gesicht des Kunden, während andere Menschen bereits einen Mundschutz tragen und kaum noch das Haus verlassen, ist schon sehr speziell.“

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Mit mobilen Friseurtätigkeiten machen sich die Kunden und auch die Friseure strafbar, teilt die Kreishandwerkerschaft Bergisches Land mit. Der Obermeister selbst hat für seine sechs Beschäftigten Kurzarbeit angemeldet und für sein Geschäft in Morsbach die Soforthilfe beantragt. „Das läuft alles problemlos und beruhigt uns etwas“, sagt Stangier.

Dennoch befürchtet er, dass die Schwarzarbeit im Friseurhandwerk neuen Boden gewinnt. Auch sorgt er sich, die Zahl der mobilen Friseure könnte steigen, da diese schwieriger zu kontrollieren seien.

Viele Friseure bieten Beratungen per Telefon oder über soziale Netzwerke. Stangier: „Wir geben gerne Tipps, damit die Leute zurechtkommen.“ Deutschlandweit rufen Friseure mit dem Hashtag #zeigdeinenAnsatz ihre Kunden dazu auf, in dieser Situation durchzuhalten und den nächsten Friseurbesuch abzuwarten.

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