Kosten für StraßensanierungAnwohner in Morsbach atmen erst einmal auf

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Auf dem Weg in den Morsbacher Ratssaal: Die Vertreter der Bürgerinitiative (v.l.) Heinz Gossmann, Rainer Bunse, Frank Kohlhas und Marion Fuchs mit einem ihrer Protestschilder.

Auf dem Weg in den Morsbacher Ratssaal: Die Vertreter der Bürgerinitiative (v.l.) Heinz Gossmann, Rainer Bunse, Frank Kohlhas und Marion Fuchs mit einem ihrer Protestschilder.

Oberberg – Endgültig ist die Entscheidung noch nicht, doch dürfen die Bewohner des Morsbacher Ortes Flockenberg erst mal durchatmen: Der Ausbau der Herbertshagener Straße könnte auf Eis gelegt werden, sofern sich nach dem Bau- und Umweltausschuss auch Morsbachs Gemeinderat am Dienstag, 11. Dezember, dafür ausspricht, solche Bauvorhaben aus dem Haushalt für 2019 zu streichen. Ansonsten müssten Anlieger nämlich tief in die Straße greifen.

„Das wären etwa 1000 Euro für einen Meter Straße“, hat Rainer Bunse ausgerechnet. Er ist Sprecher der örtlichen Bürgerinitiative, die sich seit mehr als einem Jahr dagegen wehrt, für die Herbertshagener Straße mit 327 000 Euro zur Kasse gebeten zu werden. „Ein erster Schritt zu unseren Gunsten ist also getan.“

Morsbachs CDU distanziert sich von Bodo Löttgen

Grundlage für die Pflichtbeteiligung der Anwohner an den Kosten ist das Kommunalabgabengesetz (KAG), das in einigen Bundesländern bereits außer Kraft ist. Und auch in Nordrhein-Westfalen steht es auf dem Prüfstand, daher wollen Morsbachs Politiker abwarten. So hat der Bund der Steuerzahler nach Angaben seiner Sprecherin Bärbel Hildebrand bei Unterschriftenaktionen bis heute mehr als 42 000 Namenszüge gegen die Kostenbeteiligung gesammelt.

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Berechnungsgrößen variieren

Die Berechnung der Beitragshöhe ergibt sich aus einem komplexen Schlüssel, bei dem etwa die Grundstücksgröße, die Zahl der Geschosse von Häusern darauf sowie die Lage und die Bedeutung der Straße berücksichtigt werden.

Der Städte- und Gemeindebund hat eine nichtverbindliche Mustersatzung mit vier Straßenkategorien erarbeitet, an der sich die Kommunen orientieren und diese nach geltendem Recht ändern können. Darin sind Beteiligungen in Höhe von 50 bis 80 Prozent an den Baukosten bei „exklusiven“ Anliegerstraßen vorgesehen und von zehn bis 40 Prozent bei Hauptverkehrsstraßen.

In Waldbröl hat die Verwaltung die Beiträge für Straßen im Zentrum auf höchstens 50 Prozent für die Gehwege und auf zehn Prozent für die Fahrbahn begrenzt. Grund dafür sei, dass in der Innenstadt jede Straße für den Verkehrsfluss sehr wichtig sei, erklärt Rolf Knott, Fachbereichsleiter Bauen. In Waldbröl gebe es selten Konflikte: „Da wir solche Maßnahmen mit den Anlegern frühzeitig planen, konnten bisher überwiegend einvernehmliche Lösungen gefunden werden.“

Geringere Bürgerbeiträge als in der Mustersatzung aufgeführt, berechnet auch die Gemeinde Engelskirchen im Straßenbau. Bei ihrer Finanzierung setzt Bürgermeister Dr. Gero Karthaus dann auf den Dialog – mit Erfolg, wie er sagt: „Es wurden immer tragfähige Lösungen gefunden.“ (höh)

Der Widerstand wächst, auch im Kreis: So will die Bürgerbewegung für Morsbach (BfM) eine Resolution gegen dieses Finanzierungsmodell auf den Weg bringen. Nümbrecht setzt sich dagegen für die Einführung Wiederkehrender Gebühren ein, damit Anlieger die Kosten wenigstens aufteilen können und nicht im Batzen bezahlen müssen.

In Reichshof hatte die Verwaltung im Februar 2016 eine Bürgerbefragung gestartet – danach stimmte die Politik jedoch gegen den Willen der Bewohner von Hunsheim und Berghausen: Ein Gehweg wurde dort auch mit Anwohnergeld bezahlt. „Werden ein Ausbau vorgeschlagen und mögliche Kosten angesprochen, ändert sich der Wunsch nach einer neuen Straße oftmals schnell“, hat Bürgermeister Rüdiger Gennies beobachtet. Weil aber viele Straßen in Reichshof-Dörfern in der Zeit deren Wachsens zuvor nur provisorisch angelegt worden seien, müsse seine Verwaltung heute übrigens 90 Prozent der Kosten für eine erstmalige Herstellung berechnen, und zwar nach dem Baugesetzbuch. „Änderungen im KAG hätten darauf keinen Einfluss.“

Für nicht mehr zeitgemäß erklärte Lothar Schuh (CDU) in der Sitzung des Morsbacher Ausschusses am Dienstagabend indes die KAG-Gebühren, darum spreche sich die Fraktion ebenfalls für die Verschiebung der Sanierung aus. Damit distanzieren sich Morsbachs Christdemokraten vom Fraktionsvorsitzenden der CDU im Landtag, dem Nümbrechter Bodo Löttgen. Er hatte im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt: „Wie die meisten Bürgermeister im Land, so wollen auch wir beim Finanzierungssystem bleiben, es aber verbessern und vereinfachen.“ Da bestehe kein Konsens mit Löttgen, ergänzte CDU-Mann Mario Klein.

Kritik ob jener Distanzierung musste sich Kleins Fraktion von der Bürgerbewegung für Morsbach (BfM) anhören. Deren Vertreter Klaus Solbach betonte zudem, dass eine solche Beteiligung ein Schritt in Richtung Altersarmut sei und junge Familien hart treffe. Zudem sei es ungerecht, dass nur Flockenberger Ausbaukosten schultern sollen, während sich die Herbertshagener nicht an der Sanierung der etwa 1,2 Kilometer langen Strecke beteiligen müssen: Der Abschnitt dort liegt nach Definition des Rathauses außerhalb des sogenannten Innenbereichs der Gemeinde. Würden solche beitragsfähigen Vorhaben aus dem Etat gestrichen, sei seine Verwaltung handlungsunfähig, betonte Bürgermeister Jörg Bukowski: „Denn keiner weiß heute, ob, wann und wie das KAG geändert wird.“ Daher müsse der Straßenbau weiter konsequent geplant werden, aber die Ausführung könne dann verschoben werden, bis Sicherheit bestehe.

Am morgigen Freitag sammelt der Bund der Steuerzahler NRW erneut Unterschriften gegen die Kostenbeteiligung nach KAG, und zwar im Architekturbüro von Wolfgang Klein in Gummersbach-Niederseßmar, Karhellstraße 17, von 13 bis 14.30 Uhr.

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