MorsbachHeimatverein schaltet im Streit über Kirchstraße LVR ein

Lesezeit 4 Minuten
Anwohner der Kirchstraße wollen ihr Kopfsteinpflaster behalten– und erfahren Unterstützung von einem Fachmann.

Anwohner der Kirchstraße wollen ihr Kopfsteinpflaster behalten– und erfahren Unterstützung von einem Fachmann.

  • Anwohner der Kirchstraße in Morsbach protestieren gegen die Sanierung des Ensembles in der historischen Oberstadt mit Asphalt.
  • Von Fachleuten erhalten sie nun Unterstützung für den Vorschlag, Kopfsteinpflaster zu verlegen.
  • Der Heimatverein hat die Denkmalpfleger des LVR eingeschaltet.

Morsbach – Die Diskussion um die Sanierung der Kirchstraße in Morsbachs historischem Oberdorf geht in eine neue Runde: Der Heimatverein hat im Kampf gegen die geplante Sanierung der Straße mit schnödem Gussasphalt das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland eingeschaltet.

„Und von dort bekommen wir volle Unterstützung für die Verlegung von Kopfsteinpflaster, um den Charme dieser Straße zu erhalten“, sagt Klaus Jung, Vorstandsmitglied und Initiator der Proteste. Ziel ist es, einen Ratsbeschluss vom 24. September vergangenen Jahres zu kippen und damit den Weg freizumachen für eine Sanierungsvariante, die eben auf Kopfsteinpflaster zurückgreift.

Dr. Klaus-Ludwig Thiel, Referent der Abteilung für Bau- und Kunstdenkmalpflege im LVR-Amt, empfiehlt der Gemeinde Morsbach, „die Dorfmitte unterhalb der romanischen Basilika durch eine gleichartige Straßengestaltung mit historischem Pflastermaterial zu bewahren“. Das steht in einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt.

Das könnte Sie auch interessieren:

In der geplanten Sanierung mit Gussasphalt sehen sowohl der Verein als auch Michael Franke, der Schöpfer des Koboldbrunnens auf dem kleinen Platz am „Wirtshaus zur Republik“, sowie der Architekt Klaus Meckler einen Bruch des Urhebergesetzes am „Gesamtkunstwerk Kirchstraße“. Der Erkelenzer Meckler hat Anfang 1990 einen Wettbewerb zur Gestaltung der Strecke gewonnen. Die Gemeindeverwaltung hat den Sachverhalt prüfen lassen.

„Allein der Koboldbrunnen kann einwandfrei als Kunstwerk gelten“ (Einschätzung des Fachanwalts)

„Allein der Koboldbrunnen kann einwandfrei als Kunstwerk gelten“, berichtet Bürgermeister Jörg Bukowski aus der nun vorliegenden Einschätzung eines Fachanwalts. „Aber auf das gesamte Umfeld lässt sich das Urheberrecht nicht beziehen.“ So gehe er davon aus, dass die Straße, wie geplant, den aufgehellten Gussasphalt erhält. „Der Brunnen bleibt natürlich unangetastet, auch soll nur eine der beiden kleinen Natursteintreppen zum Platz verschwinden.“

Liste mit Anwohnern, die Asphalt ablehnen

Experte Thiel empfiehlt dagegen, auch den Erhalt der oberen Natursteintreppe. Dieses Bauwerk mit Mauerwange sollte weiterhin als Straßenverengung der Verkehrsberuhigung dienen. Dass der Belag der Kirchstraße dringend ausgebessert werden müsse, stehe völlig außer Frage, heißt es aus Pulheim.

Eine Sanierung ist dringend geboten

Die Steine sind gespalten, manche sogar zerbröselt: Die Kirchstraße ist eine Holperpiste. 1990 war sie nach einer Erneuerung für den Verkehr freigegeben worden. Die Nutzungsdauer für eine solche Straße beziffert Kämmerer Klaus Neuhoff auf etwa 25 bis 27 Jahre, eine Instandsetzung sei daher dringend geboten.

Dieses Vorhaben gehört zu den Maßnahmen, die der Gemeinderat verschoben hatte, bis aus Düsseldorf eine Entscheidung über das Kommunalabgabengesetz (KAG) vorliegt. Denn die Gemeinde kann die Anwohner der Straße zu 80 Prozent an den Sanierungskosten beteiligen. Nach der jüngst erfolgten Novellierung des KAG dürfen sie auf eine Förderung des Landes in Höhe von 50 Prozent hoffen.

Die kalkulierten Kosten der Anliegerstraße gibt Kämmerer Neuhoff mit 9 bis 14 Euro pro Quadratmeter an. Kopfsteinpflaster würde nach Angaben Neuhoffs mit 40 Euro pro Quadratmeter zusätzlich zu Buche schlagen. (höh)

Unterdessen hat der Heimatverein eine Liste mit Anwohnern erstellt, die einen solchen Asphalt nicht vor der Haustür haben wollen: „Umgerechnet auf die Flächen an der Kirchstraße mit einer Größe von 8056 Quadratmetern und deren Eigentümer bedeutet dieser Zuspruch der Anlieger 95 Prozent“, hat Klaus Jung ausgerechnet.

Nur zwei Prozent der Anlieger hätten sich gegen das Vorhaben ausgesprochen, drei Prozent seien für diese Umfrage bisher nicht erreichbar gewesen, ergänzt der Morsbacher, der sich nun auch an die Fraktionen im Gemeinderat gewendet hat – mit der Bitte, die 2019 getroffene Entscheidung zu überdenken.

Unter den Namen dieser Befürworter findet sich auch der des früheren Gastwirts Herbert Stausberg, eines echten Morsbacher Originals. Bis August 2012 führten der heute 83-jährige, von den Morsbachern „Knoorz“ getaufte Stausberg und seine Ehefrau Anita das „Wirtshaus zur Republik“, vor dessen Türen der Koboldbrunnen steht.

Eine Instandsetzung mit Asphalt sei ein Unding, urteilt Stausberg, der „83,5 Jahre“ seines Lebens an der Kirchstraße gelebt hat und dort ein Haus bewohnt, dessen ältester Trakt um 1850 errichtet wurde. Stausberg bangt um sein Erbe, schließlich sei er einst maßgeblich an der Gestaltung dieser Straße beteiligt gewesen. 

Herbert Stausberg

Herbert Stausberg

„Da ist ein Stück Kulturgut in Gefahr, sollte sie asphaltiert werden“, klagt der frühere Gastronom, der die Historie der Kirchstraße sorgsam aufgearbeitet, in vielen Fotoalben und dicken Aktenordnern dokumentiert hat.

Dass Morsbachs Mitte ihr Gesicht verändere, lehnt er nicht grundsätzlich ab. „Die Pläne für den Kurpark sind ausgezeichnet, die für die Kirchstraße dagegen ein einziger Graus.“

Rundschau abonnieren