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Am Homburgischen GymnasiumNümbrechter Schüler testen sich selbst auf das Coronavirus

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Schüler beim Selbsttest auf das Coronavirus am Homburgischen Gymnasium, Nümbrecht. 

Nümbrecht – Die Stimmung ist angespannt im Leistungskurs Q2. An Einzeltischen mit Abstand und Maske sitzen die 20 Schülerinnen und Schüler, die kurz vor dem Abitur stehen, im Präsenzunterricht in der Aula. Einigen ist ihr Unbehagen deutlich anzumerken. Statt Unterricht in Sozialwissenschaft steht an diesem Morgen im Homburgischen Gymnasium in Nümbrecht Testen auf dem Stundenplan.

850 Coronatests hat die Schule bekommen, bis zu den Osterferien soll jeder Jugendliche einmal getestet werden. „Es ist eine Herausforderung“, stellt Schulleiter Thorgai Wilmsmann fest. Erfahrungen hat bisher niemand.

Helfen darf die Lehrerin nicht

Lehrerin Nina Everts verteilt die Sets, projiziert die Gebrauchsanweisung, erklärt alles Schritt für Schritt: Hände desinfizieren, Maske herunter klappen, sich noch mal Schnäuzen, Wattestäbchen in jedes Nasenloch einführen. „Wenn es schmerzt, seid ihr zu tief drin“, scherzt sie. Helfen darf sie nicht.

Noah findet es richtig, dass getestet wird, vor allem liegt ihm daran, keine Infektion aus der Schule in die Familie zu tragen. „Ich will niemanden anstecken. Gut, dass es das Angebot gibt. Da gibt der Test etwas Sicherheit“, meint der 18-Jährige.

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Auch Mitschülerin Tara sieht darin „die einzige Möglichkeit, die Schulen offenzuhalten.“ Kurz vor dem Abitur ist ihr das besonders wichtig. Eine Schulschließung gerade jetzt wäre schlimm.

Alle Stäbchen werden jetzt zehn Mal im Röhrchen mit der Flüssigkeit gedreht, vier Tropfen in den Testbehälter gegeben, Lehrerin Everts fordert auf, den Handyalarm auf 15 Minuten einzustellen. „Was ist, wenn man positiv ist?“, fragt sich Noah. „Wer nach 15 Minuten zwei Striche auf dem entsprechenden Feld des Testbehälters abliest, wird isoliert und in die Sporthalle gebracht, die extra dafür frei gehalten wird“, erklärt Schulleiter Wilmsmann.

Tests bieten Sicherheit für kurze Zeit

Dann werden die Eltern aufgefordert, ihr Kind abzuholen – Busse dürfen nicht benutzt werden – und einen Termin für einen PCR-Test beim Hausarzt zu machen. „Wir dürfen das Gesundheitsamt nicht informieren, müssen aber die Durchführung der Tests dokumentieren.“

Noah fühlt sich jetzt doch „ziemlich unter Druck“, während er auf sein Ergebnis wartet. Lieber wäre ihm, den Test morgens zu Hause zu machen wegen der möglichen Stigmatisierung in aller Öffentlichkeit. Seine Lehrerin kann das verstehen. „Es ist aber auch schwer, Nein zu sagen und sich nicht testen zu lassen wegen des sozialen Drucks.“

Es geht schließlich um mehr Sicherheit für alle. In ihrem Kurs haben sich vier Jugendliche vom Test abgemeldet, die Teilnahme ist freiwillig. „Wenn ich mich testen lassen will, gehe ich zum Arzt, in die Schule gehe ich um zu lernen. Die Schule ist für mich für den Test nicht der richtige Ort. Wir haben hier gute Hygienemaßnahmen“, begründet ein Mädchen. Dass für die Tests eine Unterrichtsstunde ausfällt, bedauert auch die Lehrerin. Dabei steht sie dem Testen an sich durchaus positiv gegenüber.

Doch die Situation in der Schule sei mit vielen Unsicherheiten verbunden. Allein, dass an diesem Morgen 20 Schülerinnen und Schüler kurzzeitig im Raum die Masken absetzten und sich auch noch schnäuzen sollten – eine Gefahr besonders für Risikogruppen, findet sie. „Ich wünschte, ich müsste das nicht durchführen.“

Wilmsmann betont: „Wir tun alles, was sinnvoll ist, um den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten.“ Das Testen zu Hause sei wegen potenzieller Fehler und fehlender Kontrolle keine Option. Tests könnten vor allem Einblick geben in das Infektionsgeschehen in den Schulen und aufdecken, wie viele positiv getestete Schüler ohne Symptome es an einer Schule gibt

Denn wer erkältet ist, darf ja ohnehin nicht kommen. „Wenn dann eine Schule sich als Hotspot herausstellen sollte, könnte der Schulträger – falls die Landesregierung es denn zulässt – zielgenau reagieren.“

Ob es positive Tests an diesem Tag in Nümbrecht gegeben hat? Dazu darf sich Wilmsmann aus Datenschutzgründen nicht äußern. Und weil positive Selbsttests nicht unbedingt auf eine tatsächliche Ansteckung schließen lassen. So viel kann der Schulleiter aber sagen: Im Leistungskurs war kein Test positiv.

Frisch getestet geht der Q2 Leistungskurs nach 45 Minuten zur Tagesordnung über. „Das fühlt sich ganz gut an“, meint der 18-jährige Alexander. „Aber es ist ja nur eine Sicherheit für kurze Zeit. Insofern ist der Aufwand schon ein bisschen irrsinnig. Sollte man das Geld statt in punktuelle Tests nicht lieber ins Impfen investieren?“

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