Regionale Geschichte lehrenSonderschau mit Playmobil-Figuren auf Schloss Homburg

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Wohin soll es gehen? 200 Damen in Biedermeierkostümen.

  • Wer sagt, Geschichte lernen sei langweilig?
  • Auf Schloss Homburg baut Olivier Schaffer gerade die Sonderschau „Geschichte(n) erleben“ auf.
  • Sein Lehrmaterial: Playmobil-Figuren.

Nümbrecht – Letzte Handgriffe im Mittelalter, danach ein bisschen Steinzeit und zuletzt Millimeterarbeit bei Napoleon im Bergischen Land. Oliver Schaffer ist ein Zeitreisender, an nur einem Tag eilt er von Epoche zu Epoche. Und zwischen Erdzeitaltern liegen dann oft nur wenige Meter. Das Hier und Jetzt aber steht in Nümbrecht: Auf Schloss Homburg baut der 40 Jahre alte Hamburger gerade die Sonderschau „Geschichte(n) erleben“ auf – und dafür bewegt er tausende von Playmobil-Figuren.

Eine Weltkarte ist das größte Werk bisher

In der Burgküche ist das Mittelalter nahezu angerichtet. Der Markt ist aufgebaut, in einen Käfig gesperrt wartet der Verurteilte auf den Schuldspruch und Ritter nähern sich zu Pferd dem großen Tor. „Nein, einen Plan habe ich nicht, alles passiert im Moment“, erklärt Oliver Schaffer in einer Pause. In Nümbrecht baut er seine insgesamt 40. Schau auf, jede ist anders, kein Diorama – so heißen die üppigen, detailreichen Szenarien – gleicht jemals dem zuvor.

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Oliver Schaffer baut seine Sonderschau auf.

Seit dem vergangenen Montag dürfen Besucher nicht mehr ins Schloss. Denn dort hat das gesamte Team aus Museum und Verwaltung alle Hände voll zu tun, im wahrsten Sinne: Jeder hilft. Figuren bekommen Frisuren, Häuser erhalten Dach und Wände, Pferde werden gesattelt: In 80 Containern, die jeweils 130 Liter fassen, ist die Ausstellung oben auf dem Schlossberg angekommen – in Abermillionen von Einzelteilen, versteht sich. Säckeweise türmen sich zudem Sand, Steine und alles andere, was da zur Dekoration einer Themenwelt benötigt wird.

70 Kinder vor der Eröffnung im Schloss

Eröffnet wird die Playmobil-Ausstellung „Geschichte(n) erleben auf Schloss Homburg“ am Sonntag, 15. September, um 10 Uhr. Schon am Freitag davor dürfen 70 Kinder aus dem Oberbergischen einen exklusiven Blick in die Playmobil-Ausstellung werfen – auch, um einmal selbst Hand anzulegen beim Aufstellen der allerletzten Figuren im Schloss.

Die Kinder sind die Gewinner unseres Wettbewerbes zum 70. Geburtstag der OVZ, die von der Redaktion vor den Ferien gesucht worden waren.

Jetzt muss die Helferschar stecken, was das Zeug hält, damit der Künstler Schaffer seine Sammlung ausbreiten und die Spielzeuglandschaften aufbauen kann. „Und er ist uns dicht auf den Fersen“, warnt Steffen Müller, Ideengeber für die Ausstellung und Leiter des Kulturamts beim Oberbergischen Kreis. Müller freut sich, dass die Beschäftigung mit kunterbuntem Playmobil in seiner Mannschaft zudem einen neuen Zusammenhalt schaffe. „Man lernt sich gleich viel besser kennen.“ Dabei arbeitet die Schar mit Material aus allen 45 Jahren, die es Playmobil bereits gibt. Hergestellt wird die Spielware in Zirndorf bei Nürnberg. „Ich war drei Jahre alt, als Playmobil in mein Leben kam“, verrät Oliver Schaffer. „Es war der 24. Dezember 1981.“ Damals stand ein Karton mit einem Zirkus, dem „Zirkus Oliver“, unter dem Weihnachtsbaum und Schaffers Leidenschaft war entflammt. „Pause vom Playmobil habe ich nur mal kurz als Teenager gemacht“, sagt Schaffer.

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Soldaten in Tüten warten auf Schloss Homburg noch auf ihren Einsatz.

In Nümbrecht darf er mit Dinosauriern beginnen und in einer Stadt zur Zeit der Industrialisierung. Eingezogen sind die Urzeittiere bereits in den White Cube, nebenan in der Neuen Orangerie sägen Techniker an den Kontinenten: Da werden Schaffers Figuren eine gigantische Weltkarte bevölkern, es ist Schaffers größtes Werk bisher. „Wobei wir es mit der Geografie nicht ganz genau nehmen“, sagt Müller. Ab dem 15. September dürfen Besucher auf einem Holzsteg über die Erde laufen, denn sie ist doch eine Scheibe.

Regionale Geschichte steht im Vordergrund

Weil diese Sonderschau aber einen pädagogischen Anspruch hat, nehmen es ihre Erbauer mit der Geschichte umso genauer: „Dabei schaffen wir immer auch starke Bezüge zur regionalen Geschichte und orientieren uns dabei natürlich an unseren Exponaten“, betont Steffen Müller. So wächst gerade etwa auch der Waldbröler Vieh- und Krammarkt zu einem Diorama.

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Die Museumskräfte und nicht zuletzt viele Kinder helfen.

In der Rüstkammer warten derweil Napoleons Soldaten in durchsichtigen Tüten auf den Marschbefehl, gleich gegenüber werden schon bald Ritter bei einem Turnier hitzige Tjosten reiten. Und auf einer Fläche von allein 16 Quadratmetern entsteht eine Jagd, wie sie sich einst im Bergischen zugetragen hat.

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Tief unten in der Burgküche lässt Oliver Schaffer derweil einige letzte Blicke schweifen. Jetzt muss er in die Steinzeit.

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