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Saft aus 100 heimischen SortenApfelpresse in Nümbrecht läuft auf Hochtouren

Lesezeit 3 Minuten
Ira, Klaus, Ruben und Britta Weber sind stolz auf ihre Produkte.

Ira, Klaus, Ruben und Britta Weber sind stolz auf ihre Produkte.

Ruben Weber ist in diesen Tagen oft schon morgens um Vier auf den Beinen. Dann werden die Saftpressen in Gang gesetzt. Mittags hastet er immer noch von einem Ende des großen Firmengeländes zum anderen, prüft den Druck der riesigen Safttanks oder setzt einen neuen Traktoranhänger unter das Förderband für den Apfeltrester.

Und zwischendurch fischt er auch noch den einen oder anderen faulen Apfel aus der Trichterwaage. Trotz eindeutiger Hinweise kommt es immer wieder vor, dass Obstbauern „einfach alles“ in die Körbe und Kisten packen und bei der Fruchtsaftkelterei Weber abladen. Das ist aber die große Ausnahme, in der Regel sind es einwandfreie Früchte, wie beispielsweise die doppelten Luxemburger, die Mario Gaspardo aus Nümbrecht auf seiner Streuobstwiese geerntet hat.

Saison lieferte eine „gute bis mittlere Ernte“

Schlange stehen sie derzeit fast täglich, um tonnenweise Äpfel zur Saftverarbeitung los zu werden. Eine „gute bis mittlere Ernte“, ist laut Weber in diesem Jahr, dabei kommt die Apfelpresse in diesem Oktober kaum zum Stillstand. An die 100 Apfelsorten sind es, die in Lindscheid verarbeitet werden. Tausend Gewichtstonnen Äpfel erwartet der Bergisch-Pur-Betrieb in dieser Saison, das ergibt zwischen 700000 und 750000 Liter Apfelsaft.


Äpfel richtig ernten

Den 25. Oktober, ein Dienstag, sollten sich alle Besitzer von Obstwiesen einprägen, denn das ist der letzte Tag für dieses Jahr, an dem in Lindscheid Äpfel zum Vermosten angeliefert werden können.

Zur Frage, wie Äpfel richtig geerntet werden, hält Ira Weber sogar eine eigene, leicht verständliche Anleitung parat. Dazu gehört erst einmal die Ausrüstung: Schüttelstange mit Haken, große Planen und viele Eimer, Säcke oder Anhänger. Reif sind die Äpfel, wenn sie sich leicht vom Ast lösen lassen und braune Kerne haben. Lageräpfel werden gepflückt, Äpfel für die Saftbereitung mit der Schüttelstange vom Baum geschüttelt.

„Aufgefangen“ werden die Äpfel von Planen, doch zuvor sollte das Fallobst aufgelesen und dabei die faulen Äpfel aussortiert werden. (mf)


„Ohne Konservierungsstoffe oder Zusätze“ müssen die Webers nicht dazu schreiben, es ist der reine Saft, der in Glasflaschen abgefüllt wird, lediglich für 30 Sekunden auf 90 Grad erhitzt – das überlebt kein Keim. 30 riesige Edelstahltanks, die zwischen 25000 und 32000 Liter Fassungsvermögen haben, dienen der Pasteurisierung.

Familienbetrieb seit 1936

Die Fruchtsaftkelterei Weber ist seit 1936 ein reiner Familienbetrieb, Ruben ist der Sohn von Ira und Klaus Weber, die den Laden groß gemacht haben. „Bei uns ist der Generationswechsel vollzogen“, sagt Klaus Weber, seit dem 1. August ist Ruben Weber der Chef. Doch anpacken tun (und müssen) sie alle, auch Klaus Webers Schwester Britta, die den Kunden die Saftkästen mit der Sackkarre bis zur Autotür bringt und alleine für diese schwere Arbeit schon Kilometergeld verdient hätte.

Der 29-Jährige Ruben Weber hat an der Hochschule Geisenheim den Studiengang Getränketechnologie mit dem Bachelor of Science abgeschlossen. An der gleichen Uni hat übrigens Vater Klaus schon studiert, und – wie der schmunzelnd sagt – „in dem gleichen alten, verfallenen Schloss in einer WG gewohnt.“

„Regional, nachhaltig und lecker“

Verfallen ist in Lindscheid nichts, Klaus Webers Urgroßvater hat am gleichen Standort vor 86 Jahren die „Apfelpatsche“ gegründet. „Regional, nachhaltig und lecker“, lautet der Werbeslogan der Webers und ist dabei mehr als eine wohlklingende Floskel, denn beispielsweise von der Verbraucherzentrale NRW wurde die Fruchsaftkelterei für ihr besonders nachhaltiges Arbeiten und für die regionale Vermarktung ausgezeichnet.

Schließlich stammt das Obst aus dem nahen Umfeld von Lindscheid, da ist nichts gespritzt oder behandelt. Der Trester, also die ausgepressten und getrockneten Rückstände, bleibt auch in der Region und dient drei Landwirten aus der Nachbarschaft als erstklassiges Viehfutter.

Eine Tugend ist dabei allen Webers wichtig, und das ist die Wertschätzung natürlicher Lebensmittel. Äpfel sollten nicht am Baum verfaulen, sondern geerntet werden. Wer das selbst aus zeitlichen oder gesundheitlichen Gründen nicht kann, dem werden sogar Erntehelfer vermittelt.

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