Oberberger MotorradrennfahrerAlt und Assmann sprechen über ihre besondere Verbindung

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Selbst nach Suzuka in Japan begleitete Marvin  Assmann (r.) Rennfahrer Florian Alt.

Selbst nach Suzuka in Japan begleitete Marvin  Assmann (r.) Rennfahrer Florian Alt.

  • Gestern ist Motorradrennfahrer Florian Alt (25) im Rahmen der Langstrecken-Weltmeisterschaft beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans gestartet.
  • seiner Seite ist wie fast immer Marvin Assmann, seit fast 25 Jahren sein bester Freund.
  • Andrea Knitter sprach mit ihnen darüber, was die Freundschaft ausmacht und wie sie sich unterstützen.

Oberberg – Rund eine Woche bereiten sich Teams und Fahrer auf das 24-Stunden-Rennen vor. Waren Sie beide die ganze Zeit an der Rennstrecke? Florian Alt: Nein, ich bin am Montag angereist, Marvin ist am Mittwoch nachgekommen. Mein Team war sogar schon am Samstag vor Ort. Nach der langen Rennpause durch die Corona-Pandemie haben die Mechaniker die Zeit genutzt, um beispielsweise für die Boxenstopps zu trainieren. Wie man mit Drucksituationen umgeht, wird in jeder Saison vor dem Start geübt.

Wie sah denn Ihr Wochenstart aus?

Alt: Ich schlafe zwar in einem Hotel, habe mir aber auch einen Bereich in der Box eingerichtet mit Sitzecke und Platz für die Physiotherapie. Am Montag stand um 19 Uhr das erste Meeting für die Teams und damit auch für die Fahrer an. Der Dienstag war ein offizieller Testtag, an dem die Strecke acht bis neun Stunden offen ist. Der Mittwoch diente administrativen Aufgaben, ehe ab Donnerstag die freien und gezeiteten Trainingseinheiten anstanden im Hellen und im Dunkeln.

Am Mittwoch sind Sie angereist, Herr Assmann. Hat eigentlich jeder Fahrer einen Assistenten?

Assmann: Es ist bei den meisten Langstrecken-WM-Fahrerverträgen vorgeschrieben, dass jeder Fahrer einen Assistenten hat, der ihn unterstützt, damit er sich ganz auf das Rennen konzentrieren kann.

Was sind die Aufgaben eines Assistenten?

Alt: Wenn ich nach meinem rund einstündigen Renneinsatz in die Box komme, zieht er mir den Helm aus und kühlt ihn. Er hilft mir aus der Kombi und kontrolliert, ob der Airbag, den es seit 2017 gibt, geladen ist. Er schaut nach, ob ich noch Wasser in der Flasche habe und genug Nahrung zu mir nehme. Als Fahrer fehlt einem, je länger das Rennen dauert, die Kraft dafür. Außerdem ist Marvin für alle Informationen rund ums Rennen zuständig, benachrichtigt mich, wenn es schnell gehen muss oder eine kritische Situation ansteht.

Assmann: In der Nacht bin ich auch sein Motivator, das gilt besonders für die Einsätze im Dunkeln, die in diesem Jahr nicht so lange sind.

Wieso?

Assmann: Die 24 Stunden waren schon im April angesetzt, wurden aber wegen der Pandemie auf den Juni verschoben. Heute ist der Start schon um 12 Uhr und nicht wie sonst um 15 Uhr. Damit fährt Florian mehr im Hellen als im Dunkeln, was die Motivation einfacher macht.

Gibt es etwa Spezielles zur Motivation?

Alt: Wenn es langsam hell wird, dann kommt der besondere Kick. Marvin hat das Frühstück vorbereitet und dazu gehört ein Pancake. Der ist nur etwas für den Kopf und die Stimmung. Manche Fahrer nehmen ein Stück dunkle Schokolade, ich meinen kleinen Pfannkuchen.

Assmann: Manchmal bin ich nicht nur Motivator, sondern muss ihn bremsen. Er ist auch schon mal ein Heißsporn. Es ist ein Vorteil, dass wir uns schon so lange kennen. Da weiß jeder, wie der andere tickt und das erleichtert die Zusammenarbeit an der Rennstrecke.

Sie kommen aus Nümbrecht. Seit wann sind sie befreundet?

Alt: Unsere Mütter sind Freundinnen und daher von Geburt an.

Assmann: Wir kennen uns von Kindesbeinen an. Ich habe auch Motorrad gefahren, war aber nicht so erfolgreich wie Florian. Nach der Schulzeit ist der Kontakt trotz der unterschiedlichen Berufswege nicht abgebrochen und hat sich dann durch die Rennen vor allem in der Langstrecke aber auch in der Internationalen Deutschen Meisterschaft (IDM) intensiviert.

Alt: Wichtig ist auch, dass sich unsere Freundinnen gut verstehen. Anders ging es wahrscheinlich auch gar nicht. (lacht)

Sie haben die Realschule Nümbrecht besucht. Wenn Sie im Rookies-Cup oder in anderen Klassen zu Rennen in ganz Europa unterwegs waren, konnten Sie sich schon da auf Marvin verlassen, oder?

Alt: Das stimmt, er hat in der Schule für mich mit aufgepasst. Er hat ein Heft geführt, mit dem, was ich lernen sollte, und mir auch weitere Tipps gegeben.

Assmann: In der Schulzeit konnte ich ja nicht mit ihm fahren. Das ging erst im Beruf, als ich mir Urlaub genommen habe. Nach dem Fachabitur und meiner dualen Ausbildung bin ich heute als freiberuflicher Baufinanzierungsberater tätig und kann mir meine Zeit noch besser einteilen.

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Bekommen Sie ein Honorar als Assistent?

Assmann: Nein, das mache ich aus Verbundenheit zu Florian und aus Spaß. Der Motorradsport ist meine Leidenschaft und so bekomme ich die besondere Atmosphäre mit.

Alt: Ich kennen keinen Sportverrückteren als Marvin. Wenn ich für DAZN den MotoGP kommentiere, dann schreibt er mir manchmal kleine Nachrichten, wenn ich was nicht direkt gesehen habe. Marvin ist nicht nur wichtig vor Ort, sondern auch so. Wir sind täglich in Kontakt und tauschen uns über viele Dinge aus. An den Rennwochenenden hält er wie in einem Live-Ticker meine Familie, Freunde und Fans auf dem Laufenden.

Trotz des Starts in der Langstrecken-WM und in der IDM, Herr Alt, Sie sind nicht nur Profi-Rennfahrer.

Alt: Das stimmt. Ich habe im Autohaus Wuttke & Quast eine Ausbildung zum Mechatroniker gemacht und arbeite dort ein paar Tage im Monat und werde ab August weiter mit meiner Ausbildung zum Meister machen.

Mit welchen Erwartungen fahren Sie nach Le Mans?

Alt: Wir möchten uns besser platzieren als im vergangenen Jahr, als wir mit Platz fünf das beste Privatteam waren. Wir sind besser aufgestellt und die Testfahrten waren gut. Das Wichtigste ist aber, die 24 Stunden auf dem Motorrad zu bleiben und nicht zu viel Druck zu machen, denn es gibt bei einem solchen Rennen dreimal so viele Punkte wie sonst.

Ist es schwierig für Sie von der IDM mit ihren kurzen Rennen umzuschalten auf die Langstrecke?

Alt: Es wird immer gesagt, dass die Langstrecke langsamer macht. Das stimmt nicht. Die Rundenzeiten in Le Mans sind schneller als die in der französischen Meisterschaft. Dass wir konstant über viele Stunden so schnell fahren, machen die 24 Stunden körperlich so anstrengend. Um so wichtiger ist es da, jemanden wie Marvin an der Seite zu haben.

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