39 Windräder vor der Nase?Oberberg blickt bang auf Pläne vom Nachbarn Arnsberg

Lesezeit 4 Minuten
Unmittelbar hinter der Reichshofer Grenze zum Regierungsbezirk Arnsberg sollen Flächen für Windkraftanlagen ausgewiesen werden.

Unmittelbar hinter der Reichshofer Grenze zum Regierungsbezirk Arnsberg sollen Flächen für Windkraftanlagen ausgewiesen werden.

Reichshof – Mit bangem Blick schauen vor allem die Bewohner im östlichen Reichshof seit Monaten schon hinüber in den Regierungsbezirk Arnsberg. Dort ist gerade ein neuer Regionalplan in Arbeit, und der Entwurf sieht als Ziel vor, in den Kreisen Olpe, Märkischer Kreis und Siegen Wittgenstein 89 Windenergiebereiche (WEB) auszuweisen.

Auf einer Gesamtfläche von mehr als 7700 Hektar könnten – sofern der Regionalplan Rechtskraft erlangt – bis zu 1500 Windräder gebaut werden, die größten 250 Meter hoch.

Regierungsbezirk Arnsberg: Bürgerinitiativen gehen gegen Windkraft-Pläne vor

Dagegen haben sich mehrere Bürgerinitiativen gegründet, die gegen den Planentwurf zu Felde ziehen, der gerade in der Offenlage ist. Noch bis zum 30. Juni können Einwendungen beim Regierungspräsidium in Arnsberg vorgebracht werden. Flyer, Musterbriefe und Textbausteine will nicht nur die Initiative „Gegenwind ODW“ (Olpe, Drolshagen, Wenden) bis dahin möglichst zahlreich unter die Leute bringen, auch in Oberberg.

Denn zwei der WEB-Flächen liegen unmittelbar an der Grenze zum Oberbergischen Kreis. Östlich vom Wintersportgebiet am Reichshofer Blockhaus (WEB 67) wäre auf Drolshagener Seite mit 106 Hektar Platz für 15 Windräder, in dem knapp 180 Hektar großen WEB 71 an der Silberkuhle Richtung Autobahn Sauerlandlinie weitere 24.

Der Regionalplan geht von einem Flächenbedarf von 20 Hektar für drei Windrädern aus. Legt man die Berechnung des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) zugrunde, genügen sogar schon 15 Hektar für drei Propeller.

Reichshof-Wiehl: Unbehagen wegen möglichem Blick auf Windräder

Heidi Krämer lebt in der Nähe der Kreisgrenze in Reichshof-Wiehl. Die Aussicht, künftig auf Dutzende Windradriesen zu schauen, erfüllt sie mit Grausen. Die Nachbarn im Ort Hahn seien noch dichter dran, sagt sie. Solchen Ideen müsse man frühzeitig entgegentreten, „um zu verhindern, dass das letzte Stück Natur noch vernichtet wird“.

Der Bedarf für so viele neue Windräder mit 250 Metern Höhe sei vorher nicht überprüft worden, „es geht nur darum, so viele wie möglich an Flächen für die Investoren bereitzustellen. Und das im Wald!“ Auch Krämer will jetzt Flyer und Informationen verteilen, um auf oberbergischer Seite möglichst viele Einwender zu mobilisieren.

In Reichshof selbst hatte die Gelsenkirchener Gelsenwasser AG, einer der möglichen Investoren auf Arnsberger Seite, entlang der Autobahn 4 ebenfalls schon mehrere Windräder geplant, das Vorhaben scheiterte jedoch an Natur- und Artenschutzbelangen.

Das Einzugsgebiet der wegen der Trinkwassergewinnung besonders geschützten Wiehltalsperre reicht mit dem Quellgebiet der Wiehl bis an die A 4 heran. Auch verhinderten Schwarzstorch- und Rotmilanvorkommen die Ausweisung, erklärt Bürgermeister Rüdiger Gennies.

Reichshof hat bereits ein Vorranggebiet für Windkraft

Im Übrigen hat Reichshof im Raum Erdingen schon ein Windkraft-Vorranggebiet, weitere Windräder anderswo im Gemeindegebiet Windräder muss man deshalb nicht tolerieren. Reichshof wolle sich nicht in die Angelegenheiten der Nachbarn einmischen, so hat es der Ältestenrat gerade entschieden, man werde die Entwicklung jenseits der Kreisgrenze aber genau beobachten, versichert Gennies. Ihm selbst, so unterstreicht der Bürgermeister, wären Höhenzüge ohne Windräder darauf natürlich auch lieber. „Aber was ist die Alternative? Nach dem Ausstieg aus der Atomkraft und der Kohle muss die Energie ja irgendwo herkommen.“

Die von den WEB betroffenen Städte und Gemeinden im Regierungsbezirk Arnsberg können sich gegen die Ausweisungen im Regionalplan nicht wehren, sondern sollen die Gebiete in ihre Flächennutzungspläne übernehmen. Was gleichzeitig ihre eigenen Pläne zum Beispiel für neue Wohngebiete konterkarieren würde.

Windkraftpläne im Regierungsbezirk Arnsberg: Druck durch Urteil vom Bundesverfassungsgericht

Trotzdem reagiert die Stadt Drolshagen, auf deren Gebiet die oberberg-nahen Windenergiegebiete liegen, noch unaufgeregt auf die Überlegungen ihrer Bezirksregierung. Denn auch Drolshagen habe bereits ein Windvorranggebiet ausgewiesen, sagt Burkhard Wintersohl vom Bauamt.

Und nur falls die Stadt ihren eigenen Flächennutzungsplan ändere oder einen neuen aufstelle, kämen die Windenergiebereiche des Regionalplans wieder ins Spiel. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben – vom Tisch sind die oberberg-nahen Windräder also nicht. Auf oberbergischer Seite drohen derzeit keine Windenergiebereiche.

Das könnte Sie auch interessieren:

Zwar wird auch hier gerade ein neuer Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln erarbeitet, aber es sollen bislang lediglich die von den Städten und Gemeinden bereits ausgewiesenen Vorranggebiete für die Windnutzung darin übernommen werden, sagt Reinhold Müller. Das Engelskirchener Kreistagsmitglied und Chef der FDP-Fraktion, ist einer der oberbergischen Vertreter im Kölner Regionalrat.

Aber auch in Oberberg ist nicht aller Tage Abend: Mit seinem Urteil über die zu laschen Regelungen des Klimaschutzgesetzes von Ende April hat das Bundesverfassungsgericht den Druck auf die Politik erhöht, deutlich erhöht, mehr für den Klimaschutz zu tun. Das könnte auch die Entscheidungen für mehr Windkraftnutzung beeinflussen.  

Rundschau abonnieren