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Schuldunfähig wegen SchizophrenieLandgericht verurteilt 27-Jährigen auf Bewährung

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Landgericht Köln

Landgericht und Amtsgericht Köln. (Symbolbild)

Köln/Oberberg – Das Kölner Landgericht hat einen 27-Jährigen aus Oberberg vom Vorwurf der Körperverletzung, Beleidigung, Bedrohung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte freigesprochen. Dabei hatte das Gericht keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte die Taten begangen hatte. „Aber Sie können wegen dieser Taten nicht verurteilt werden“, so der Vorsitzende Richter Ralph Ernst. „Es steht für uns fest, dass Sie schuldunfähig waren.“

Der 27-Jährige leide seit mindestens drei Jahren an einer paranoiden Schizophrenie. Eine Aussicht auf Heilung gebe es für ihn nicht. Deshalb ordnete das Gericht die Unterbringung des Angeklagten in der geschlossenen Psychiatrie an. Diese wurde allerdings zur Bewährung ausgesetzt.

Vom Nachbarn durch die Wand bedroht gefühlt

Vor drei Jahren hatte der Angeklagte seinen Nachbarn und dessen Besucher mit Faustschlägen schwer verletzt. Er habe sich durch die Wände hindurch bedroht gefühlt. Die Opfer mussten mit schweren Gesichtsverletzungen und Brüchen im Krankenhaus behandelt werden. Der kräftige und trainierte Angeklagte hatte jahrelang Kampfsport betrieben. Daher brauchte auch die Polizei fünf Beamte, um den tobenden Angeklagten zu überwältigen, als dieser einige Tage später bei einer Vernehmung wegen dem Angriff auf seinen Nachbarn ausrastete und den Schreibtisch samt Computer auf der Wache umriss. Wie seinen Nachbarn bedrohte der 27-Jährige auch die Polizeibeamten mit dem Tod.

„Sie haben Glück gehabt. Es ist lange her. Ihr Fall hat lange bei uns gelegen. Wäre eine Unterbringung sofort durchgesetzt worden, wäre es für Sie anders ausgegangen“, erklärte der Vorsitzende Richter dem Angeklagten.

Seit die Polizei den Angeklagten nach dem Ausraster im Präsidium nach Marienheide gebracht habe, erhalte der Angeklagte seine Medikamente durch Depotspritzen. Seit dem habe es keine gravierenden Vorfälle mehr gegeben. Allerdings habe der 27-Jährige auch an jedem Prozesstag seit September erklärt, dass er nicht schizophren sei und die Medikamente als Körperverletzung empfinde.

Weil ohne Medikamente weiter erhebliche Straftaten zu erwarten seien, müsse der 27-Jährige in den nächsten fünf Jahren alle acht Wochen durch Blutkontrollen nachweisen, dass er seine Medikamente genommen und die Finger von Drogen gelassen hat.

Zwei Betreuer und Bewährungshilfe

Die Annahme des Angeklagten, dass er sich mal etwas eingebildet habe, nun geheilt sei und keine Medikamente mehr brauche, sei falsch. Das zeige sich daran, dass er sich einbilde, sein Essen werde verunreinigt, was zu Ausrastern gegenüber einem Pizza-Boten und einem Marktleiter geführt habe. Kritisch sieht das Gericht auch, dass sich der Angeklagte zur Verteidigung vor eingebildeten Verfolgern mit einem Beil und einem Stilett bewaffnet hat. Zusätzlich zu seinen zwei Betreuern wird der Angeklagte unter Bewährungshilfe gestellt. Richter Ernst warnte den 27-Jährigen eindringlich: „Ich kann nur an Sie appellieren: Halten Sie sich an die Auflagen, sonst droht Ihnen die geschlossene Psychiatrie, und zwar unbefristet!“

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