SPD in OberbergMichaela Engelmeier verurteilt Antisemitismus in Deutschland

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2018 in Tel Aviv konnte Michaela Engelmeier sich noch freuen.

2018 in Tel Aviv konnte Michaela Engelmeier sich noch freuen.

Oberberg/Berlin – Michaela Engelmeier ist mittendrin. Das gilt ausnahmsweise gerade nicht für den Bundestagswahlkampf, indem die 60-Jährige sich gerade zum fünften Mal seit 2005 für die SPD um das Direktmandat in Oberberg bewirbt. Es ist vor allem ihr Job, der sie gerade packt: Seit April 2020 ist sie Generalsekretärin der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Und in dieser Funktion ist sie am Donnerstag auch an der Organisation einer Demonstration vor dem Brandenburger Tor beteiligt.

Es soll eine andere Demo werden als die, deren Bilder Engelmeier im Kopf hat, wenn sie sagt: „Ich bin fassungslos darüber, wie die Debatte über Schuld und Unschuld an der Eskalation in Nahost gerade in Deutschland geführt wird.“ Offener Judenhass werde da sichtbar – „vor allem wenn man versteht, was da auf Arabisch gerufen wird.“ Neulich erst sei eine Brandbombe auf eine israelische Reporterin geworfen worden. 95 verletzte Polizisten und 53 Verhaftungen jüngst bei einer Demo seien beängstigend. Aber keine Ausnahme: „Ich habe jüdische Freunde, die mir sagen, dass sie sich hier in Berlin nicht mehr auf die Straße trauen. Da sitzen Juden in Deutschland wieder auf gepackten Koffern – das kann doch nicht wahr sein.“

„Wieso demonstriert man überhaupt vor Synagogen?“

Deshalb wolle sie mit ihren Mitstreitern jetzt auch in Berlin ein Zeichen setzen – wie zuvor bei Mahnwachen in Gelsenkirchen oder Bonn, an denen sie teilgenommen hat. „Allein die Tatsache, dass andere vor Synagogen gegen Israel demonstrieren, ist doch schon Wahnsinn. Wer kann denn Juden, die in Deutschland leben und in die Synagoge gehen, für das Handeln des Staates Israel verantwortlich machen, wenn er kein Antisemit ist?“

Die Situation in Israel selbst bekommt sie auch ständig mit – über ihr Handy: „Jedes Mal, wenn eine Rakete fliegt, gibt es einen Alarm.“ Es sei „Terrorismus pur“, was die Hamas betreibe: „Und sie trifft ja nicht nur Israelis.“ Engelmeier rechnet vor: „30 Prozent der 3000 Raketen, die da täglich im Gaza-Streifen gestartet sind, schaffen es gar nicht bis Israel, kommen vorher wieder runter und treffen die Menschen dort.“ Außerdem würden eigene Leute als Schutzschilder missbraucht, damit die Häuser der Hamas nicht angegriffen würden.

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Israel verteidige sich in diesem Konflikt nur selbst, sagt Engelmeier. Aber das sei gar nicht das Entscheidende, das „existenziell Bedrohliche“: Anders als in früheren Konflikten gehe der Riss jetzt auch durch die israelische Gesellschaft, in der trotz aller Konflikte Araber und Juden bisher immer noch friedlich zusammenleben konnten. „Dass jetzt auch Nachbarn aufeinanderlosgehen, finde ich erschreckend.“

Auch sie selbst in Deutschland hat die Auseinandersetzung längst wieder erreicht. „Die Zahl der Bedrohungen und Beschimpfungen per Mail hat deutlich zugenommen“, berichtet sie. Mit den Sicherheitsbehörden stehen sie und ihre Gesellschaft bereits im Kontakt. „Ich selbst habe keine Angst, aber ich mache mir Sorgen um unsere insgesamt 6000 Mitglieder in Deutschland.“ Das Erfreuliche sei, dass es gerade sogar mehr würden: „Uns erreichen ganz viele Mitgliedsanträge.“

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