Tod vor der GeburtWo Eltern in Oberberg ihre „Sternenkinder“ verabschieden

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Kindergrab auf dem Nümbrechter Friedhof: Auch wenn ein Leben noch gar nicht richtig begonnen hat, brauchen Eltern einen Ort zum Trauern.

Kindergrab auf dem Nümbrechter Friedhof: Auch wenn ein Leben noch gar nicht richtig begonnen hat, brauchen Eltern einen Ort zum Trauern.

Oberberg – Wenn am Ewigkeitssonntag der Toten gedacht wird, geht es nicht immer um den Urgroßvater, sondern manchmal um das eigene Kind. Und wenn es noch gar nicht richtig gelebt hat, ist das für die Eltern auch kein Trost. Eine Fehl- und Totgeburt ist für die betroffenen Mütter und Väter eine traumatisierende Erfahrung. Um ihnen den Umgang mit dem Tod eines „Sternenkinds“ zu erleichtern, bieten immer mehr oberbergische Kommunen die Möglichkeit einer besonderen Bestattung.

Zu klein oder zu krank, um leben zu können

Ein ungeborenes Kind, das vor der 24. Schwangerschaftswoche gestorben und mindestens 500 Gramm schwer ist, unterliegt in Deutschland seit 2003 der Melde- und Bestattungspflicht. Die Eltern erhalten eine Geburtsurkunde mit Sterbevermerk. Seit 2013 können auch Kinder mit weniger als 500 Gramm Geburtsgewicht beim Standesamt angezeigt werden, um ihnen damit offiziell eine Existenz zu geben. Meist ist zulässig, ein Klein- oder Sternenkind oder den aus einem Schwangerschaftsabbruch stammenden Fötus in der bereits bestehenden Reihengrabstätte etwa der Großmutter zu bestatten. Doch nicht alle trauernden Eltern haben ein Familiengrab, oder sie möchten einen eigenen Ort für die Trauer um das verlorene Kind haben.

Auf Vorschlag des zuständigen Arbeitskreises verlangt die Gemeinde Nümbrecht in Zukunft keine Nutzungsgebühr für die Sternenkinder. Auch bei Reihengrabstätten für Kinder, die vor dem fünften Lebensjahr verstorben sind, werden in Nümbrecht keine Gebühren erhoben. Der Ausschuss entschloss sich bei der Verabschiedung der Satzung außerdem dazu, anders als etwa die Städte Wiehl und Gummersbach, auch auf die für die Grabherstellung fälligen Gebühren zu verzichten. Einnahmeverluste wird es dadurch für die Gemeinde kaum geben – im Durchschnitt kommt der Tod eines unter-fünf-jährigen Kleinkindes in Nümbrecht nur einmal im Jahr vor. Fehlgeburten von Föten und Sterbefälle von weiter entwickelten ungeborenen Kindern gibt es häufiger. (tie)

So hat die Gemeinde Nümbrecht die fällige Neuordnung ihrer Friedhofsgebührensatzung jetzt dazu genutzt, auf dem Friedhof des Hauptorts eine Gelegenheit zu schaffen, Kinder, die vor, während oder sehr bald nach der Geburt verstorben sind, anonym zu bestatten. Zur Verfügung steht eine Rasenfläche, die im Frühjahr mit einer Bank und einem Podest ergänzt werden soll, auf dem die trauernden Eltern und Geschwister Blumen abstellen können. Solch ein Gräberfeld gibt es auf dem Gummersbacher Westfriedhof schon seit 2003. Vor einigen Tagen hat dort wieder eine Bestattung stattgefunden, bei der 16 Sternenkinder aus dem Kreiskrankenhaus zusammen beerdigt wurden. Die Eltern waren eingeladen, der kleinen Feier beizuwohnen. Zweimal im Jahr, im April und November, finden diese Bestattungen statt, berichtet Angela Altz, Sprecherin des Klinikums Oberberg. Die Zahl der Fehl- und Totgeburten am Gummersbacher Kreiskrankenhaus schwankt zwischen 40 und 60 pro Jahr. Wenn die Eltern ein Kind verlieren, bieten Ärzte, Hebammen oder Pflegekräfte die Begleitung durch die Seelsorgerinnen an. Ein eigener Flyer gibt den Eltern Orientierung. Die Eltern können entscheiden, ob sie sich noch im Kreißsaal von dem Kind verabschieden möchten oder bei einer Segensfeier in der Krankenhauskapelle.

Allen Sternenkindern steht laut NRW-Bestattungsgesetz eine Beerdigung zu. Wenn die Eltern es nicht selbst übernehmen möchten, sind die Fehl- und Totgeburten von den Kliniken „unter würdigen Bedingungen zu sammeln und zu bestatten“. Die Gummersbacher Sternenkinder werden gemeinsam in einem weißen Kindersarg von der katholischen Krankenhausseelsorgerin Sigrid Jedlitzke und ihrer evangelischen Kollegin Gabriele Bach bestattet. Die Kosten übernimmt das Krankenhaus.

Auf dem Gummersbacher Westfriedhof werden zweimal im Jahr Sternenkinder in einem gemeinsamen Grab bestattet.

Auf dem Gummersbacher Westfriedhof werden zweimal im Jahr Sternenkinder in einem gemeinsamen Grab bestattet.

Dass die Eltern ihr fehl- oder totgeborenes Kind nicht in einem eigenen Grab beerdigen möchten, muss nicht auf Desinteresse schließen lassen. Dr. Anja Weishap, Chefärztin der Gummersbacher Geburtshilfe erklärt: „Viele Eltern empfinden es als tröstlich , wenn ihr Sternenkind mit anderen Sternenkindern gemeinsam in einem Grab liegt.“

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