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Umgang mit ElektroschockpistolenPolizisten aus aller Welt trainieren in Gimborn

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Rund um das Schloss üben drei Gruppen den Umgang mit der Waffe, aufgeteilt nach den Sprachen Englisch, Spanisch und Deutsch. Die Polizisten aus mehreren Ländern werden zu Trainern fortgebildet, um ihre Kollegen mit der Pistole vertraut zu machen.

Rund um das Schloss üben drei Gruppen den Umgang mit der Waffe, aufgeteilt nach den Sprachen Englisch, Spanisch und Deutsch. Die Polizisten aus mehreren Ländern werden zu Trainern fortgebildet, um ihre Kollegen mit der Pistole vertraut zu machen.

  • Seit Montag läuft eine Fortbildung im Marienheider Weiler Gimborn zu einem ganz bestimmten Thema.
  • 42 Polizisten aus ganz Europa lassen sich zum Taser-Trainer ausbilden.
  • Denn das Interesse am Taser-Training, dem Umgang mit Elektroschockpistolen, ist enorm.

Gimborn – Alle Warnrufe haben nichts genützt. Als der Mann zum Messer greift, drückt der Polizist den Abzug. Mit einem Knall rammen sich zwei Metallspitzen in den Gefährder. In derselben Sekunde schießen aus der Waffe feingetaktete Stromstöße. Wäre dies keine Übung – der Angreifer könnte nun niemandem mehr gefährlich werden.

Eine Fortbildung, wie sie seit Montag im Marienheider Weiler Gimborn stattfindet, gibt es in dem im Schloss beheimateten Informations- und Bildungszentrum (IBZ) eher selten. Wo sich Polizeibeamte aus aller Welt normalerweise an Tagungstischen mit Theorie beschäftigen, wird noch bis heute geschrien, gerannt und geschossen.

Teilnehmer aus ganz Europa angereist

Das Interesse am Taser-Training, also dem Umgang mit Elektroschockpistolen, ist enorm: Die 42 Polizisten sind aus Island, England, Rumänien, Portugal, Italien und der Schweiz angereist – unter anderem. International ist auch das Team der neun Trainer, die von der Firma Axon engagiert wurden. Der US-amerikanische Taser-Hersteller mit Dependance in Frankfurt/Main ist Veranstalter des bundesweit einzigen „Master-Instructor-Course“, also der Trainer-Ausbildung.

Das IBZ hatte eigentlich nur einen Kurs geplant, der die Möglichkeiten der in anderen Ländern schon seit vielen Jahren eingesetzten Dienstwaffe aufzeigt, berichtet Direktor René Kauffmann – die europaweite Nachfrage nach der Tagung hat nun die praktische Anwendung mehr in den Fokus gerückt.

Verschiedene Szenarien werden geprobt

Im Innenhof des Schlosses trainiert die spanischsprachige Gruppe im Regen. Ihr Übungsszenario geht von einem Suizidgefährdeten aus: Ein Mann im dickgepolsterten Schutzanzug hält sich eine rotlackierte Pistole an den Kopf, ein Polizist nähert sich ihm vorsichtig mit gezücktem Taser.

Auf Spanisch ruft er „Nehmen Sie die Waffe vom Kopf!“ und warnt „Sie werden getasert!“ Schließlich feuert der Polizist die Waffe ab: Zwei Metallspitzen, die per feinem Draht mit der Waffe verbunden sind, bohren sich in die Kleidung des vermeintlich Lebensmüden. Er fällt sofort regungslos zu Boden. Miguel Berdud, Polizist aus Madrid, schaut sich das Schussergebnis gemeinsam mit seinen Kollegen an.

Der Getroffene ist sofort wieder fit. Der Schutzanzug hat den Strom abgehalten. Um zu erleben, was die Waffe bewirkt, haben sich die Teilnehmer am Vortag tatsächlich schocken lassen.

Anders als in Hollywood

Bei den Polizeien in Deutschland sind Taser noch nicht allzu lange im Einsatz, berichtet Christian Scherf von Axon. Beamte in Hessen und Rheinland-Pfalz führen ihn neben der normalen Schusswaffe bereits im Streifendienst mit sich, in anderen Bundesländern sind nur Spezialkräfte damit ausgerüstet. Nordrhein-Westfalen hat die Einführung der Elektroschock-Pistolen wegen knapper Haushaltsmittel vorerst vertagt.

Die Waffen sind umstritten. Nach Taser-Einsätzen in Hessen sind zwei Personen verstorben. Trotzdem sei die Elektroschockpistole das im Vergleich zur herkömmlichen Schusswaffe weitaus sanftere Mittel, einen Gefährder zu überwältigen, berichtet ein Polizeibeamter. Mit einer Stromstärke von 1,2 Milliampere verriegelt das Gerät die Muskulatur zwischen den beiden getroffenen Körperstellen, sodass der Angreifer bewegungsunfähig wird.

Anders als Hollywoodfilme glaube machen wollen, wirkt die Waffe nur so lange der Strom fließt – sobald keine Impulse mehr ausgesendet werden, kann der Getroffene aufstehen. In Ohnmacht fallen Getroffene in der Regel nicht, trotz der Schmerzen. Polizisten müssen also schnell sein, um einen Angreifer nach dem Taser-Schuss zu überwältigen.

NRW vertagt Einführung von Elektroschock-Pistolen

Auch einige deutsche Polizeibeamte aus mehreren Bundesländern nutzen den Kurs in Gimborn, um sich als Taser-Trainer ausbilden zu lassen. Auf dem Parkplatz am Ortsausgang üben sie mit zwei Schweizer Kollegen, wie ein Fahrzeuginsasse seitlich getroffen werden sollte. Was sie hier lernen, werden sie an ihre Kollegen weitergeben.

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