UnwetterEine Spur der Verwüstung

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Ein Tag nach dem Unwetter: In den Wohnungen dröhnen die Trocknungsaggregate, draußen im Garten lagert die Habe der Bewohner.

Ein Tag nach dem Unwetter: In den Wohnungen dröhnen die Trocknungsaggregate, draußen im Garten lagert die Habe der Bewohner.

Fenke – Maximilian Momm ist sauer. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr waren die beiden Souterrainwohnungen seiner Häuser Am Biesenberg 3 und 3a nach starken Unwettern mit Wasser und Schlamm aus Richtung des Industriegebiets Klause vollgelaufen. Am Donnerstag kam die braune Brühe wieder. Noch am Tag danach trocknen auf der Straße Schlammreste, in den Wohnungen dröhnen acht Trocknungsgeräte, es riecht muffig.

„Die Aussage, so etwas passiere höchstens alle 25 Jahre, wirkt nur noch albern“, schüttelt der 26-jährige Vermieter den Kopf und wuchtet einen weiteren Karton auf die Terrasse. Dort steht bereits der komplette Hausrat von Mieter Thomas Steinbach.

Ein Holzschrank, eilig auf einen Schlitten gestellt, und einige Regale konnten gerettet werden – der Rest ist Sperrmüll. Nach den Erfahrungen im vergangenen Jahr hatte Momm vorgesorgt: Um die Kellerschächte hatte er Mauern von einem halben Meter Höhe gezogen. Aber: Die Maßnahmen waren wirkungslos.

Die Spuren des Wassers sind oberhalb des Orts deutlich sichtbar: Wo die Ursachen für die Flutwelle liegen, möchte Momm nicht beurteilen. Wichtig ist für ihn aber, „dass etwas getan wird“. Die Gemeinde verstecke sich „hinter Anwälten und Versicherungen“. Das Unwetter 2012 habe Schäden von 20 000 Euro angerichtet. Davon habe er noch keinen Cent ersetzt bekommen, den aktuellen Verlust könne er noch nicht beziffern.

Nebenan wohnt Familie Sackenheim, sie wurden Augenzeugen der Überflutung. Für beide steht fest: Der Ausbau des Industriegebietes hat Schuld. „Als es schon fast aufgehört hatte zu regnen, schoss plötzlich eine große braune Flutwelle vom Berg herunter“, schildert Rosel Sackenheim. Der Steingarten des Ehepaars wurde mit Geröll und Matsch überzogen, genau wie im vergangenen Jahr. Seither streiten die Sackenheims mit der Gemeinde vor Gericht um Schadensersatz.

Das Wasser vom Hochplateau sei früher in den Wald oberhalb von Fenke gelaufen und dort versickert, erklärt Ehemann Reiner seine Sicht der Dinge. 

Anwohner suchen Schuld im Industriegebiet 

„Seit der Wald abgeholzt und der Boden versiegelt ist, gibt es einfach keinen Puffer mehr.“ Mehrfach habe man, so die beiden Rentner, der Gemeinde konkrete Vorschläge für bauliche Veränderungen gemacht, beispielsweise Kanalrohre mit größerem Durchmesser oder breite Ablaufrinnen mit Schwerlastgittern, damit Lkw darüber fahren können. Passiert sei nichts. „Wenn etwas gemacht wird, dann muss es dort oben im Industriepark geschehen und zwar schnell“, sind sie sich mit ihren Nachbarn einig.

Bürgermeister Dr. Georg Ludwig machte sich gestern Nachmittag s ein Bild von dem Unglück. „Wir sind gemeinsam mit allen Statistikern davon ausgegangen, dass es sich im letzten Jahr um einen höchst seltenen Starkregen gehandelt hat“, erklärte er nach Besichtigung der Schäden.

Die Verwaltung habe Gegenmaßnahmen beraten, aber keine zufriedenstellenden gefunden. „Klassische Kanalarbeiten, wie sie vorgeschlagen wurden, müssten auf die Anwohner umgelegt werden. Dann trifft es die, die jetzt schon den Schaden haben, das wollen wir nicht“, so Ludwig. Zudem sei die Ursache für die Flutwellen noch nicht genau festgestellt. Auch im Gerichtsverfahren mit den Sackenheims werde danach geforscht. Experten sollten klären, welche Auswirkungen Wege, bebaute Flächen und Felder auf das Problem haben. „Wir müssen und werden uns Gedanken machen“, so Ludwig.

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