„Waldbröl blutet aus“Pläne für das Kreiskrankenhaus sorgen für Entsetzen

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Die Notfallversorgung von Herzinfarkt- und Schlaganfallpatienten wird von Waldbröl nach Gummersbach verlegt. Das sorgt für Unmut. 

Die Notfallversorgung von Herzinfarkt- und Schlaganfallpatienten wird von Waldbröl nach Gummersbach verlegt. Das sorgt für Unmut. 

Waldbröl – „Das ist ein harter, ein ganz harter Schlag für unsere Stadt.“ So bewertet etwa Martin Wagner, Fraktionschef der CDU im Waldbröler Stadtrat, die am Dienstag öffentlich gemachten Pläne des Klinikums Oberberg, die Notfallversorgung von Herzinfarkt- und Schlaganfallpatienten nach Gummersbach zu verlegen und ebenso die invasive Kardiologie und die Gefäßchirurgie von der Marktstadt in die Kreisstadt zu verlagern. Und das sorgt bei den Stadtverordneten für Unmut, sogar Entsetzen.

So denkt CDU-Mann Wagner auch an die Anreisezeiten der Einsatzkräfte, also auch der Notfallmediziner. „Die Zeiten können in Waldbröl schon heute in vielen Orten nicht eingehalten werden, das zeigt der jüngste Brandschutzbedarfsplan“, führt der Fraktionsvorsitzende aus. „Das bedeutet unweigerlich eine Steigerung des Risikos für Patienten.“ Und sarkastisch setzt er hinzu: „Da könnte man in manchem Fall sicher gleich zum Friedhof fahren.“ Auch kritisieren einige Mandatsträger wie eben Martin Wagner, dass Waldbröls Bürgermeisterin Larissa Weber als Mitglied der Gesellschafterversammlung die Politik zuvor nicht in Kenntnis von solchen Plänen gesetzt habe.

GFO sieht Engelskirchen als Standort nicht gefährdet

Mit großem Interesse werden die Pläne des Klinikums auch bei anderen Klinikbetreibern in Oberberg verfolgt. Zum Beispiel von Jan-Philipp Kasch, als Regionaldirektor der GFO zuständig für das St.-Josef-Krankenhaus. Dort gibt es bereits eine große geriatrische Abteilung, weshalb Kasch sich besonders für die Akut-Geriatrie-Pläne in Waldbröl sehr interessiert. „Wir haben bereits einen Termin mit dem Klinikum.“

Den Standort Engelskirchen sehe er durch die Krankenhausplanung nicht gefährdet, betont Kasch. „Es wird mit Sicherheit Operationen geben, die unsere Chefärzte können und bisher gemacht haben, aber in Zukunft nicht mehr abrechnen dürfen.“ Darüber hinaus spiele Engelskirchen aber für die Notfallversorgung und mit Spezialgebieten wie Urologie oder Orthopädie für die Versorgung in Oberberg weiter eine wichtige Rolle: „Mit Gummersbach allein, selbst mit Notfallstufe II, wird die nicht zu gewährleisten sein.“

Auch die Hausärzte verfolgen die Entwicklung. Ralph Krolewski, Vorsitzender des Hausärzteverbandes und für die Grünen im Kreistag, haben die Pläne des Klinikums überzeugt. Auch im Notfall sieht er durch die längere Anfahrt aus dem Süden keine Probleme bei der Versorgung von Herzinfarkten: „Die Ketten funktionieren, vor allem durch die prästationäre Versorgung im Rettungswagen.“

Vielmehr, so Krolewski, überwiege der Vorteil, dass Patienten aus der Kreismitte nicht mehr nach Waldbröl oder wie jetzt schon oft sogar nach Lüdenscheid gebracht werden müssten. Wenn auch die Gefäßchirurgie nach Gummersbach umziehe, sei das für Schlaganfall-Patienten, die von der Stroke-Unit dort behandelt werden, unter Umständen sogar lebensrettend: „Medizinisch betrachtet und für die Gewinnung von Fachpersonal sind die Pläne des Klinikums einfach richtig.“ (kmm)

„Das war mir nicht möglich, da ich selbst erst am Dienstag davon erfahren habe“, betont Weber und versichert, dass sie sich für den Erhalt einer Notfallversorgung sowie der übrigen Stationen am Klinikstandort Waldbröl einsetzen werde und auch dafür, dass das Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft bleibe. „Zudem sind das bisher nur Pläne, eine endgültige Entscheidung gibt es noch nicht“, stellt die Bürgermeisterin klar und kündigt an, sie werde dem Stadtrat im nichtöffentlichen Teil seiner Sitzung am Mittwoch, 22. Juni, mehr dazu berichten.

Von einem Ausverkauf, ja sogar einem Ausbluten, sprechen derweil Roger Helzer (UWG) und Herbert Greb (FDP). Sie denken an den „vergeblichen Kampf“, die dann Ende November 2010 geschlossene Frauenklinik und Geburtsstation zu erhalten, und erinnern an die Reduzierung von Laborkapazitäten im vergangenen Mai. „Und jetzt werden funktionierende Versorgungsstrukturen zerstört – auch für die Nachbarkommunen im Rhein-Sieg-Kreis“, fürchtet Roger Helzer und ergänzt: „Platz gibt es in Waldbröl doch mehr als genug für solche Abteilungen.“

Kreiskrankenhaus Waldbröl: Kosten in Frage gestellt

Das sieht Claudia Hein (Grüne) ähnlich, zudem stellt sie die für bauliche Erweiterungen in Gummersbach errechneten Kosten von rund 41 Millionen Euro in Frage: „Aber erst droht Waldbröl ein Runterfahren wichtiger, medizinischer Leistung und womöglich auch der Verlust von Arbeitsplätzen.“ Eine Stärkung zugunsten des Kreisnordens und eine beunruhigende Schwächung des Südens sieht unterdessen Sascha Strutz, Fraktionsvorsitzender der SPD, in den Ankündigungen. „Wir verlieren ein vollständiges Krankenhaus.“

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In Morsbach betrachtet Bürgermeister Jörg Bukowski die Pläne ebenfalls mit wachsender Sorge: „Meine Befürchtung geht dahin, dass das Krankenhaus in Waldbröl weiter spezialisiert und auf wenige Angebote – wie Geriatrie und Psychiatrie – reduziert wird“, schildert er. „Das gilt es zu verhindern.“ Gleichwohl wisse er von den wirtschaftlichen Vorgaben und den Zielen des Landes in der Gesundheitspolitik: „Medizinische Zentren sind aber keine Lösung: Es darf, gerade im ländlichen Raum mit großen Flächengemeinden und damit weiten Wegen, keine Patienten zweiter Klasse geben.“

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