Waldbröl – Seit 19.51 Uhr am Mittwochabend hat nun auch die Stadt Waldbröl einen Haushaltsplan für das laufende Jahr. Neue Steuern gibt es ebenso, zumindest bis zum 20. Juni: Für diesen Tag könnte Bürgermeister Peter Koester eine Sondersitzung des Stadtrats ansetzen, in der erneut über die künftigen Abgaben entschieden werden müsste.
Steuerbescheide
Die Kämmerei der Stadt Waldbröl weist darauf hin, dass die im Januar 2018 verschickten Steuerbescheide weiterhin gelten. Kämmererin Anja Brauer: „Sollten neue Bescheide mit höheren Hebesätzen erlassen werden, so würde diese Erhöhung dann in einem gesonderten Steuerbescheid festgesetzt werden.“ (höh)
Mit einer Mehrheit von 19 Stimmen (bei 15 Gegenstimmen von der CDU) haben sich die Ratsmitglieder von SPD, Grünen, FDP und UWG jetzt für Hebesätze ausgesprochen, die sie zuvor selbst errechnet hatten. Roger Helzer (UWG): „Wir können das: Nach so vielen Diskussionen sind wir in der Lage, selbst zu rechnen.“
Nach diesem Konzept ist in den Jahren 2018, 2019, 2020 und 2021 für die Grundsteuer B (bebaute und unbebaute Grundstücke) ein Hebesatz von 680 Prozentpunkten vorgesehen. Erst 2022 soll dieser auf 950 Prozentpunkte klettern. „Extreme Steuererhöhungen“ gefährdeten alle positiven Aussichten für die Zukunft, erklärte Bernd Kronenberg, Fraktionsvorsitzender der SPD, mit Blick auf die Stadtentwicklung und die Wirtschaft. Auch würden neue Einnahmequellen verschlossen, noch bevor diese begonnen hätten zu sprudeln.
Weil aber die Kommunalaufsicht des Oberbergischen Kreises verlangt, dass die Verwaltung fehlende Einnahmen des Jahres 2017 im aktuellen Jahr durch höhere Steuern ausgleicht, hatte die Kämmerei neue Hebesätze errechnet und in ihrer Prognose bis 2022 für 2018 Jahr einen Satz von 765 Prozentpunkten ermittelt: Der soll bis 2022 auf 965 Prozentpunkte steigen. „Das ist eine reine Rechenaufgabe, denn es geht allein um strukturelle Mittel“, betonte Koester, „Prognosen aus der Konjunktur müssen außen vor bleiben.“ Gerade werde intensiv – auch in Kooperation mit dem Städte- und Gemeindebund – geprüft, ob der Ratsbeschluss aus juristischer Sicht beanstandet werden müsse, erklärte der Verwaltungschef gestern zerknirscht. Treffe dies zu, sei eine weitere Sitzung notwendig. Denn den Berechnungen der Kämmerei zufolge, werden bis 2022 rund 4,5 Millionen Euro in der Kasse fehlen. In jenem Jahr muss der Stadt aber der Haushaltsausgleich gelingen.
Sollte die Kommunalaufsicht den Etatplan der Stadt übrigens ablehnen, droht ihr nach 2012 erneut der Sturz in einen Nothaushalt: Dann wären nur noch Zahlungen erlaubt, zu denen die Verwaltung per Gesetz oder per Vertrag verpflichtet ist – will sagen: Vorhaben, die eine finanzielle Beteiligung der Stadt vorsehen – darunter etwa die Sanierung des Schwimmbads an der Vennstraße, müssten auf Eis gelegt werden. Fördermittel würden zudem gestrichen.
Das Einschreiten des Kreises missfällt der Parteiengemeinschaft: Die Forderung der Kommunalaufsicht greife zu tief in die Hoheit der Stadt ein. Auch bestrafe sie jeden, der sich in Waldbröl ein Haus bauen wolle, und jedes Unternehmen, das dort einen Standort suche. „Wir wollen das zarte Pflänzchen ,Strukturelle Entwicklung’ gießen und nicht, nachdem es erkennbar Wurzeln geschlagen hat, vertrocknen lassen“, formulierte es SPD-Mann Kronenberg. Er glaube fest daran, dass die Kommunalaufsicht Ausnahmen zulasse – eben mit Blick auf die positive Entwicklung Waldbröls. Herbert Greb (FDP) gab zu, dass sich seine Partei nicht mehr wohlfühle mit der Ablehnung der von der Stadt erarbeiteten Hebesätze, aber: „Politik macht nur Spaß, wenn man die Wahl hat“, kritisierte er die Vorgaben aus dem Gummersbacher Kreishaus.
CDU spricht von Totengräberei
Zuvor hatte Andre Steiniger von der CDU deutlich gemacht, dass seiner Partei die Zustimmung zu diesem Zahlenwerk ebenfalls schwerfalle. Seine Hoffnung aber, dass die übrigen Parteien ebenso für den Haushalt stimmen, erfüllte sich nicht: „Damit machen sie sich zum Totengräber der Entwicklung dieser Stadt, die weit über die Grenzen hinaus hohe Anerkennung erfährt“, keilte er gegen die Kollegen.
Bei den von beiden Seiten errechneten Steuererträgen pro Jahr ergeben sich Differenzen, die durchaus die Millionengrenze überschreiten könnten, etwa 2020 mit rund 1,2 Millionen Euro. Bei der Gewerbesteuer liegen beide dichter beisammen: Beschlossen ist nach dem Parteienkonzept ein jährlicher Hebesatz von 570 Prozentpunkten bis 2022. Die Stadt hatte mit 575 Prozentpunkten gerechnet. Die Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Flächen) sollen nach dem Willen der Parteiengemeinschaft von 320 (2018) auf 360 (2022) Prozentpunkte steigen.