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Mit Kalaschnikows und SturmhaubenProzess um spektakulären Überfall in Waldbröl

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Der Prozess findet im Bonner Landgericht statt.

Der Prozess findet im Bonner Landgericht statt.

Waldbröl/Bonn – Es war ein spektakulärer Überfall, der jetzt vor dem Bonner Landgericht verhandelt wird. Der Staatsanwalt spricht von „paramilitärischem Auftreten“: Am 16. Mai 2018, einem Mittwoch, fahren gegen 18.20 Uhr zwei Wagen in den Amselweg, einer verkehrsberuhigten Sackgasse am Ortsrand.

Das eine Auto, ein Rover, wird hinter das andere, einen Audi A 6, geparkt, Männer in schusssicheren Westen und Sturmhauben und mit Kalaschnikow-Waffen in der Hand, springen heraus, rennen auf den Audi zu, schlagen die Scheibe der Beifahrertür ein, verletzen einen Insassen durch Schläge. Schüsse aus den russischen Sturmgewehren fallen, auch aus einer Gaspistole wird gefeuert. Anwohner und ihre Kinder, die vor den Haustüren den Angriff sehen, flüchten voller Angst in ihre Wohnungen.

Gericht will keinen Deal

Der Hintergrund der spektakulären Tat ist noch unklar. Es gibt einige Indizien, wenige Aussagen – und sechs Angeklagte im Alter von 20 bis 34 Jahren, die sich seit Freitag wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung sowie gefährlicher Körperverletzung vor der 8. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich sieben Männer angeklagt. Da einer aber ein Alibi für die Tatzeit hat, wurde das Hauptverfahren gegen ihn nicht eröffnet.

Drei der Beschuldigten sind auf freiem Fuß, die übrigen werden in Handschellen in den Schwurgerichtssaal des Landgerichts gebracht. Zwei der Angeklagten lassen durch ihre Anwälte erklären, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zur Aussage bereit seien, die übrigen wollen sich schweigend verteidigen.

Die Frage eines Anwalts, wie es denn mit dem Strafmaß aussehe, wenn sich sein Mandant einlasse, beantwortet Gerichtsvorsitzender Volker Kunkel klar: „Die Kammer neigt nicht zu Verständigungen.“ Soll heißen: keine Absprachen mit Verteidigung und Staatsanwaltschaft. Kunkel: „Das machen wir nicht.“ Er deutet jedoch an, dass Geständnisse honoriert würden, zumal es in diesem Verfahren einiges aufzuklären gebe – etwa den Hintergrund des Angriffs auf einen 23-Jährigen aus Siegen, der den Audi gefahren hat.

Der Hauptbeschuldigte sitzt seit Juni in U-Haft

Einer der Beschuldigten, ein 28-jähriger Zerspanungstechniker, hat im November beim Haftprüfungstermin zugegeben, dass dem Siegener, der angeblich Geld verleihen soll, eine „Abreibung“ erteilt werden sollte. Er selbst habe mitgemacht, „um mich zu beweisen“, aber nicht gewusst, dass der 23-Jährige beraubt werden sollte. Er habe das Opfer in den Rücken und einen Beifahrer auf den Kopf geschlagen, sagte der Vater einer kleinen Tochter vor dem Haftrichter weiter aus.

Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatte es drei Tage vor der Tat die Verabredung mit dem 23-Jährigen gegeben, am 16. Mai in der Wohnung eines der Angeklagten, eines 20-Jährigen, einen gemeinsamen Abend zu verbringen. Als der Siegener mit zwei Begleitern vorfuhr, kam es zu dem Überfall. Am Ende flohen die Angreifer ohne Beute. Hauptbeschuldiger ist ein 34-Jähriger, dessen Fingerabdrücke und DNA-Spuren an der Beifahrertür des Audi gesichert worden sind. Der Waldbröler wurde am 22. Juni von einem Spezialkommando der Polizei verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

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