Waldbröler Trickfilmproduzent„Es geht auch um den Podcaster um die Ecke“

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Virtual Reality, meint Michael Schwertel, könnte für das Kino eine Chance sein, um gegenüber Streaming-Diensten zu bestehen.

Virtual Reality, meint Michael Schwertel, könnte für das Kino eine Chance sein, um gegenüber Streaming-Diensten zu bestehen.

Michael Schwertel wählt mit: Der Waldbröler Trickfilmproduzent und Professor für Medienmanagement sitzt in der Nominierungskommission für den Grimme Online Award. Frank Klemmer sprach mit ihm darüber, wer dort wie Erfolg hat.

Sie engagieren sich schon seit 2007 beim Grimme-Online-Award – mal in der Jury, mal wie jetzt in der Nominierungskommission. Was hat sich online alles verändert?

Das Internet ist im ständigen Wandel. Früher gab es schlagartig den Trend der Blogs, die vorwiegend textbasiert waren und damit in die Konkurrenz der großen Verlage und TV-Sender schlichen. Die haben damals schon online „was gemacht“, wenn ein Text im Internet veröffentlicht wurde. Irgendwann kamen Fotos, später Videos. Heute, nur zwölf Jahre später, gehört die 360-Grad-Reportage fast zum Standard.

Der Preis

Seit dem Jahr 2001 zeichnet das Grimme-Institut mit Sitz im westfälischen Marl qualitativ hochwertige Online-Angebote mit dem Grimme Online Award aus – in vier Kategorien: Information, Wissen, Kultur und Spezial. Zudem gibt es einen Publikumspreis.

Bis zum 1. März kann jeder – also sowohl begeisterte Internetnutzer als auch die Anbieter selbst – über ein Formular im Internet Vorschläge für den Grimme Online Award 2019 einreichen. Aus den Vorschlägen wählt die Nominierungskommission bis zu 28 Kandidaten in den vier Kategorien aus. Diese werden am 2. Mai bekannt gegeben. Daraus wählt eine Jury – wie die Nominierungskommission bestehend aus Journalisten, Medienwissenschaftlern, Internet-Experten und Fachleuten aus Kultur und Bildung – bis zu acht Preisträger aus.

Zugleich stimmen die Internetnutzer selbst mit einem Voting über den Publikumspreis ab. Die Grimme Online Awards 2019 werden schließlich am 19. Juni verliehen. (kmm)

www.grimme-online-award.de

Der Grimme-Preis hat einen großen Namen. Deshalb die Frage: Wie professionell muss ich denn sein, um eine Chance auf eine Auszeichnung zu haben? Ist das überhaupt etwas für den oberbergischen Podcaster um die Ecke?

Natürlich, es geht genauso um den Podcaster um die Ecke, wie um die großen Angebote. Diese können ja genauso das Netz nutzen, um professionell mit kleinen, aber guten Mitteln eine Öffentlichkeit zu finden. Wie zum Beispiel „Wochenend Rebell“ (www.wochenendrebell.de) – ein kleines Vater-Sohn-Projekt, das ganz großartig ist. Aber auch Webreportagen über Dörfer wie eindeutschesdorf.de, das von Schülern der Henry-Nannen-Schule erstellt wurde. Wichtig ist, dass das Projekt an sich spannend und zu seiner Zeit innovativ ist. Es kann wirklich jeder mitmachen. Und ich würde mich sogar freuen, wenn auch ein paar Ideen aus dem Oberbergischen zur Wahl stünden.

Welchen Stellenwert haben Youtuber oder Influencer bei diesem Preis? Viele verdienen schließlich ihr Geld damit, dass sie für Produkte, die in ihren Videos auftauchen, Werbung machen?

Ein Video, das nur produziert wurde, um für eine Marke Werbung zu machen, hätte bei uns sicher keine Chance. In erster Linie kommt es für uns auf die Inhalte und die Art und Weise der Präsentation an. Im Vorjahr gab es mit riffreporter.de auch einen Preisträger, der neue Wege der Finanzierung von Wissenschaftsjournalismus einschlug. Ist ja auch eine tolle Sache, wenn Qualität durch Geld gehalten werden kann. Der beliebte Youtuber LeFloid gehörte auch schon zu unseren Preisträgern und ist ja bestimmt auch finanziell mit so vielen Followern erfolgreich. Am Ende zählt aber die Leistung.

Sie waren am vorletzten Wochenende auch bei der Berlinale zu Gast. Bekommt das Kino die Konkurrenz durch Online-Angebote zu spüren?

Es ist tatsächlich so, dass dort erstmals eine Produktion vom Streaming-Dienst Netflix zu sehen ist. Die haben einfach so viel Kapital zur Verfügung, dass sie nicht mehr nur Serien, sondern inzwischen auch Filme produzieren können. Da stutzt die Kinowirtschaft schon, wenn so eine Produktion auf einem der größten Publikumsfestivals wie dem in Berlin zu sehen ist. Andererseits ist das auch eine Chance für neue Finanzierungs- und Produktionsarten von guten Geschichten.

In Gummersbach bekommen wir ja gerade erst ein neues Kino. Sehen Sie online als Gefahr für Kinos – ähnlich wie beim Handel für Innenstädte?

Ich persönlich glaube nicht, dass das eine Gefahr ist. Kino als besonderes gemeinsames Erlebnis hat weiterhin Bestand. Und es lässt sich sogar ausbauen, wenn man es mit modernen Angeboten wie zum Beispiel Virtual-Reality-Brillen verknüpft.

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