Wie klappt es nach dem Schulstart?Schulleiter aus Oberberg über fünf Knackpunkte

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In Oberberg haben die Schulen letzte Woche wieder geöffnet. (Symbolbild)

  • In Oberberg sind die Schulen seit letzter Woche wieder geöffnet.
  • Durch das Corona-Risiko haben sich die Aufgaben und Abläufe jedoch stark verändert.
  • Sechs Schulleiter reden über Knackpunkte, die Corona mit sich bringen.

Oberberg – Durch das Corona-Risiko steckte der Schulstart nach den Ferien im Oberbergischen voller Herausforderungen – nicht erst seit dem Fall am Wochenende an der Städtischen Realschule Waldbröl. Wir haben bei den Schulleitungen von sechs weiterführenden Schulen nachgefragt, wie es bisher läuft.

Wie klappt es mit Hygieneplänen und Maskenpflicht?

Ingolf Weber, Gesamtschule Gummersbach: Es klappt ganz gut. Wer keine Maske trägt, wird ermahnt, wer sich weigert, muss von den Eltern abgeholt werden. Das ist ein wirksames Mittel, wir hatten am Anfang einige Fälle. Die Alternative wären wieder halbierte Lerngruppen, und das will niemand. Ob die Abstände überall eingehalten werden, ist fraglich. Wir haben aber ein großes Schulgelände, und die versetzten Mensazeiten entspannen dort die Lage.

Frank Mistler, Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Wiehl: Die Theorie ist eine Sache, die praktische Durchsetzung bei über 1000 Schülern eine Herausforderung. Aber die Mehrzahl hält sich an die Vorgaben. Leider sind in einem so großen System keine versetzten Pausenzeiten möglich, das würde den gesamten Stundenplan durcheinanderbringen.

Ralf Zimmermann, Realschule Bergneustadt: Vor allem die jüngeren Schüler tun sich schwer mit den Masken, und manchmal leidet die Verständlichkeit beim Sprechen. Es erfordert viel Disziplin von den Schülern. Aber wenn es nicht funktioniert, dann müssen sie den Unterrichtsstoff am Nachmittag im Distanzunterricht lernen. Darauf lassen sie es nicht ankommen.

Balthasar Rechner, Aggertalgymnasium Engelskirchen: Besonders Oberstufenschüler stellen infrage, warum in der Schule strengere Regeln gelten als außerhalb. Da muss man schon mal diskutieren und auch daran erinnern, wie groß ein Abstand von 1,50 Metern ist. Aber letztlich halten sich alle dran.

Anne Halfar, Gesamtschule Reichshof: Im Ganztag ist die Maskenpflicht eine sehr große Belastung. Wir achten deshalb sehr auf ausgiebige Pausenzeiten und dass die Schüler einmal in jeder Stunde rausgehen und die Maske absetzen können, vor allem auch etwas trinken und auch individuelle Pausen in gut belüfteten Bereichen vor den Klassenräumen machen können.

Kirsten Wallbaum-Buchholz, Gesamtschule Waldbröl: Die Maske ist nun mal der richtige Weg. Wir ermöglichen Pausen im großen Außenflur, so dass jeder zwischendurch auch mal durchatmen kann während des langen Schultags.

Was ist mit Lehrkräften aus Risikogruppen?

Weber: Zum Glück haben wir nur zwei Lehrpersonen, die zurzeit ausfallen. Das schaffen wir durch Vertretungen. Wallbaum-Buchholz: An der Gesamtschule Waldbröl fehlen acht Lehrkräfte, die meisten im Fach Mathematik, und zwar in allen Stufen. Wir mussten drei Oberstufenkurse zu zwei Kursen zusammenlegen, da sitzen jetzt in jedem Kurs 36 Schüler. Von vorgesehenen drei Stunden Mathematik werden trotz Mehrarbeit der Kollegen nur zwei unterrichtet. Die Bezirksregierung hat auf meine Klage geantwortet, das gehe anderen Schulen genauso und ich solle meine gute Laune doch nicht verlieren. Ich werde jetzt diese Situation den Eltern vortragen und nachfragen, was sie davon halten. Auch Eltern haben ja die Möglichkeit, sich an die Bezirksregierung zu wenden.

Halfar: Wir haben zurzeit drei Lehrkräfte mit voller Stelle, die für den Präsenzunterricht nicht zur Verfügung stehen. Sie werden vertreten, es gibt in der Schule einen speziellen Raum, wo sie sich mit den Vertretungslehrern absprechen können – ohne Kontakt zu den Schülern. Ich hoffe, dass wir demnächst Stellen ausschreiben können.

Zimmermann: Bei uns fehlen fünf Lehrkräfte von insgesamt 26, die aber am liebsten in Absprache mit ihrem Arzt wieder in die Schule kommen würden. Bei uns hat jede Lehrperson ansonsten einen eigenen, mit einem Active-Board versehenen Raum und kann darüber von zu Hause aus – ähnlich wie in einer Videokonferenz – im Klassenraum zugeschaltet werden. Die Aufsicht können dann Vertretungslehrer übernehmen. So können wir unseren ganz normalen Stundenplan durchführen. Mistler: Bei uns fallen nur wenige Lehrpersonen aus, sie können Distanzunterricht machen, wir haben nur eine dünne Vertretungsreserve.

Rechner: Bei uns fehlt keine Lehrkraft. Selbst Personen mit Vorerkrankungen halten Unterricht, weil sie es für so wichtig halten. Umso mehr ärgert es uns, wenn immer wieder öffentlich über die angeblich so faulen Lehrer hergezogen wird.

Gibt es kritische Momente im Transport der Schüler mit Bussen?

Wallbaum-Buchholz: Das ist natürlich eine Sorge. Im Bus hätten unsere Schüler Kontakt mit dem infizierten Kind aus der Realschule haben können – zum Glück ist es nicht so gekommen.

Halfar: Wir haben vier weitere Busse bekommen, in jedem Bus sind nur noch 40 bis 60 Schüler. Es gibt drei Busstaffeln statt zwei, neue Zustiege, geänderte Pläne. Das ist eine organisatorische Herausforderung, aber es sorgt für eine deutliche Entzerrung.

Weber: Soviel ich weiß, gibt es bei uns nicht mehr Busse. Aber es gab Kontrollen im Bus.

Rechner: Die Schulbusse sind nicht sehr voll, viele Kinder kommen mit dem Fahrrad. Mehr Gedränge beobachte ich in den Linienbussen.

Mistler: Sehr viele Eltern fahren zurzeit ihre Kinder, damit sie nicht die Linienbusse nehmen müssen. Mehr Kinder kommen auch zu Fuß.

Zimmermann: Wir geben morgens 20 Minuten Zeit, damit die Kinder je nach Ankunft der Busse nach und nach ins Gebäude kommen können, um Gedränge zu vermeiden.

Gibt es ausreichend Corona-Tests?

Weber: Weil die Testzentren so überlaufen sind und es viel Zeit kostet, wenn sich jeder einzeln um einen Termin bei seinem Hausarzt kümmern muss, haben wir übers Internet einen Arzt gefunden, der in der Schule einen Sammeltest bei den rund 100 Personen, die hier arbeiten und einverstanden waren, durchgeführt hat.

Mistler: Jeder kann sich beim Hausarzt testen lassen. Leider haben bisher nicht alle Kollegen und Kolleginnen einen Termin bekommen.

Wallbaum-Buchholz: Ein Schülervater ist Arzt. Er testet am 27. August alle Kollegen, die möchten.

Halfar: Ein Arzt aus Eckenhagen kommt nächste Woche zum Testen in die Schule, auch die Lehrkräfte der Grundschule haben dann die Möglichkeit.

Zimmermann: Wir kooperieren mit einem praktischen Arzt, der an einem Tag in die Schule kommt.

Rechner: Ich lehne es ab, einen Test in der Schule zu organisieren. Da ist die freie Entscheidung des Einzelnen meiner Meinung nach infrage gestellt. Jeder sollte das für sich selbst so handhaben, wie er es für richtig hält.

Sind Sie denn auf erneute Schulschließungen vorbereitet?

Halfar: Die Lerngruppen stehen fest. Sollte es wieder zu einer Schulschließung kommen, ist ab nächster Woche der Videounterricht über die Lernplattform Moodle möglich. Zimmermann: Wir haben zusätzliche Geräte angeschafft, unsere Schüler sind mit Laptops gut versorgt. Das Problem ist, dass es nicht überall in Bergneustadt schnelles Internet gibt. Eine erneute Schließung wäre der Worst Case: Es ist dann sehr schwer, die Leistung der Schüler gerecht zu bewerten.

Wallbaum-Buchholz: Wir tun wirklich alles, von den versetzten Pausen bis zur Nummerierung und Dokumentation der Plätze, damit es nicht dazu kommt.

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Rechner: Wir hatten schon vor Corona ein gutes System des Distanzlernens. Zurzeit bieten wir in der 5. Klasse ein intensives Computer- und EDV-Training an und werden, sollte es zu einer erneuten Schließung kommen, wieder mehrere Dutzend Endgeräte an Familien ausleihen, wo Bedarf besteht. Für den Fall haben wir eine zweite Stundenplanvariante erarbeitet, der Distanzunterricht wird dann in Blöcke gegliedert: Zum Beispiel gibt es dann an einem Tag drei Stunden Mathematik hintereinander. Das funktioniert aber nur bei einer kompletten Schließung.

Weber: Bei unserer großen Durchmischung durch das Kurssystem in der Oberstufe und die Differenzierung in den Klassen 9 und 10 müssten im Falle einer Infektion ganze Jahrgänge zu Hause bleiben. Wir sind darauf vorbereitet. Alle Schüler haben inzwischen eine Schul-Mail-Adresse, damit wir sie jederzeit erreichen können. Die digitalen Endgeräte für die Jahrgangsstufen 5, 6 und 11 sind bestellt und müssten jeden Tag ankommen. Mit Unterstützung der Stadt hoffe ich, dass bis Ende des Schuljahres alle Kinder damit versorgt sind.

Mistler: Ich mache mir Sorgen. Es wäre schon sehr ungewöhnlich, wenn wir von Infektionen verschont blieben. Wir haben ja nur Einfluss auf den schulischen Bereich und nicht auf die Freizeit. Sollte es so kommen, sind wir startklar für den digitalen Unterricht. Aber selbst Skeptiker haben gemerkt, dass Lehrer nicht zu ersetzen sind.

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