Akademie für Vokalmusik WiehlWenn plötzlich ein ganzer Jahrgang fehlt

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Von der Probe ins Internet: Die Videos der jungen Chorsänger aus dem Oberbergischen sind jetzt im Internet zu sehen.

Von der Probe ins Internet: Die Videos der jungen Chorsänger aus dem Oberbergischen sind jetzt im Internet zu sehen.

Wiehl – „Viva la Musica“, es lebe die Musik – das steht für die Kinder und Jugendlichen des Mädchen- und Knabenchors, der Bergischen Akademie für Vokalmusik und ihren Chorleiter Dr. Dirk van Betteray, am Samstag um fünf vor zwölf im Mittelpunkt. Denn ganz nah an der bekannten Redewendung war es für den Chor höchste Zeit, etwas zu tun. Mit ihrer Teilnahme an der bundesweiten Aktion #KulturGutKnabenchor wollen sie nicht nur auf die Nachwuchssorgen des Knaben- und Mädchenchores aufmerksam machen, sondern auch zeigen, dass sie noch da sind und sich von der Pandemie nicht unterkriegen lassen.

Gemeinsam mit 45 Knabenchören aus Deutschland, Österreich und der Schweiz traten sie am Samstag mit dem Lied „Viva la musica“ und „Cantar“ um fünf Minuten vor 12 Uhr mit einem digitalen Flashmob auf der virtuellen Bühne, die in diesem Fall Youtube und die Internetseite der Musikschule der Homburgischen Gemeinden boten, auf. Die Aktion wurde von den Augsburger Domsingknaben, den Regensburger Domspatzen, dem Tölzer Knabenchor und dem Windsbacher Knabenchor ins Leben gerufen. Sie möchten die langjährige Tradition und das Kulturerbe der deutschen Knabenchöre wahren und weiterführen.

Corona als Hemmung für neuen Nachwuchs

„Aufgrund des Lockdowns und der Schulschließungen im Frühjahr konnten wir an den Grundschulen Oberbergs nicht wie üblich mit Flyern und Klassenprojekten für die Erstklässler für den Chor werben. Und auch die Castings mussten ausfallen“, erzählt Chorleiter van Betteray. Dieses Jahr fehle dem Knaben- und Mädchenchor deshalb ein gesamter Jahrgang an Nachwuchssängern. Im Moment hat der Chor 22 Mitglieder statt der üblichen 30 bis 35. „Und das werden wir auch in den nächsten Jahren spüren“, erklärt van Betteray. Denn anders als bei den Erwachsenenchören gebe es bei den Kinderchören nicht viel spontanen Zuwachs. „Im schlimmsten Fall kann dadurch in Zukunft auch ein Jahrgang von Stimmführern in den Erwachsenen-Chören fehlen“, befürchtet der Chorleiter.

Was Mitte Oktober noch als Flashmob vor öffentlichen Gebäuden wie Kirchen und Museen geplant war, musste aufgrund des neuen Teil-Lockdowns auf die digitale Ebene umziehen. „Am 27. Oktober, bei unserer letzten Probe, hatte ich eine kleine Vorahnung und nahm unsere Probe von ,Viva la Musica’ und ,Cantar’ vorsichtshalber mit dem Handy auf“, berichtet van Betteray. Ganz provisorisch wurden ein Tisch und ein Bierkasten schnell zu einem Stativ umfunktioniert. Zum Glück, denn nur einige Tage später wäre das Filmen nicht mehr möglich gewesen. Die Probeaufnahme, die jetzt online ging, bietet so aber auch einen Einblick in den Choralltag während einer Pandemie. „Man sieht den Chor zwar nur in normaler Kleidung, aber das Wichtigste ist ja die Musik“, findet der Chorleiter. Mit „Viva la musica“ von Michael Praetorius und Jay Althouses „Cantar“ zeigen die Kinder und Jugendlichen klar: „Wir sind noch da“.

Aufmerksamkeit für die eigene Situation das Ziel

Und sie machen auf sich und all die deutschen Knabenchöre aufmerksam – in einem Kollektiv, das getrennt, aber doch vereint ist. Das klassische „Viva la musica“ aus dem 16. Jahrhundert wird den flotten und modernen Salsa-Sounds von „Cantar“ gegenübergestellt und zeigt die Vielseitigkeit des Knaben- und Mädchenchores.

„Wir hoffen, dass wir mit dieser Aktion vor allem im Bekanntenkreis der Chormitglieder Aufmerksamkeit auf uns ziehen können – und hoffen, damit das Interesse für das Chorsingen bei jungen Leuten zu wecken“, sagt der Chorleiter. Neben den Nachwuchssorgen standen aber auch einfach mal die Kinder und Jugendlichen des Chors im Vordergrund.

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Für die Sänger sei die Aktion sehr spannend und schön gewesen, sagt van Betteray. „Die Probe und die Aufnahme an einem Tag zu machen, war für die Kinder aufregend. Und dass sie sich und ihren Gesang wieder präsentieren konnten, war eine schöne Motivation.“

Zu sehen sind die Videos auf YouTube unter den Links https://youtu.be/73Gso3Lj370 und https://youtu.be/lslQH5kv1T0.

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