Die Jüngste in OberbergWiehl feiert 50 Jahre als „Stadt“ – Feierstunde und Aktionen

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Bürgermeister Ernst Hardt (l.) und Stadtdirektor Dr. Horst Waffenschmidt präsentieren beim Festakt am 22. August 1971 die Urkunde zur Stadtwerdung. 

Wiehl – Das historische Datum verstrich unbemerkt. Erst einen Monat später teilte die Verwaltung dem Gemeinderat mit, dass er schon seit einem Monat ein Stadt-Rat war: Am 22. Juni 1971 hatte die Landesregierung dem Wunsch der Kommune entsprochen und ihr erlaubt, die Bezeichnung „Stadt“ zu führen. So berichtet es Dieter Lange in der Wiehler Chronik.

Fünf Jahrzehnte danach wird der 22. Juni trotz Corona nicht so sang- und klanglos vorüberziehen. Unter dem Motto „50 Jahre. 51 Dörfer. E1ne Stadt“ gibt es eine Feierstunde im Rahmen der Ratssitzung am Mittwoch kommender Woche. Zu Beginn werden Video-Glückwunsche und historische Fotos auf eine Leinwand projiziert. Die Feier ist der Startschuss für eine Reihe von Aktionen mit Bürgerbeteiligung. (siehe Kasten). Damals dauerte es noch einen weiteren Monat, bis Bürgermeister Ernst Hardt und Gemeindedirektor Dr. Horst Waffenschmidt am 22. August in der geschmückten Turnhalle an der Ennenfeldstraße die Urkunde überreicht bekamen.

„Wechsel auf die Zukunft“

Innenminister Willi Weyer war dafür aus Düsseldorf angereist. Laut Urkunde war der Stadttitel zu verstehen als „Anerkennung der bisherigen Entwicklung, aber auch in der Erwartung, dass sich die Gemeinde ihrer Aufgaben weiterhin bewusst bleibt“.

50 Jahre „Stadt“

Aktionen zum Jubiläum

Alle Wiehler Haushalte bekommen eine Postkarte, auf der die Bürgerinnen und Bürger der Stadt ihre Geburtstagswünsche mitteilen können und die Frage beantworten: „Warum lebe ich gern in Wiehl?“ Darüber hinaus werden alle ermuntert, in ihre Fotokartons und -alben zu gucken und alte Bilder aus 50 Jahren Stadt Wiehl einzusenden – entweder per E-Mail an 50Jahre@wiehl.de oder indem sie sie in einem Umschlag im Rathaus abgeben. Die schönsten Bilder werden im Internet veröffentlicht. Außerdem ist ein Kalender mit den eingesandten Fotos geplant. Als Dankeschön erhalten alle Teilnehmenden eine kleine Überraschung.

Das Jubiläum zum Anfassen gibt es demnächst in Form einer Emaille-Tasse, versehen mit dem Jubiläums-Motto. Verschenkt wird die Tasse an Wiehlerinnen und Wiehler, die in diesem Jahr 50 werden (nach dem Stichtag 22.6.). Bei der Aktion „WiehlSteine“ soll man Steine bemalen, die gesammelt präsentiert werden. Zum Stadtjubiläum geht zudem eine App an den Start, die einen digitalen Stadtrundgang mit dem Smartphone ermöglicht.

In Zusammenarbeit mit dem Stadtsportverband sind die Wiehlerinnen und Wiehler aufgerufen, 50 Kilometer zu laufen, zu wandern oder zu walken – in einheitlichen T-Shirts. Der Erlös daraus kommt ehrenamtlichem Engagement zugute. (tie)

In einem Interview für unsere Zeitung zum 40. Jahrestag der Stadtwerdung nannte der frühere Wiehler Stadtdirektor und spätere Landesdirektor Dr. Dieter Fuchs die Urkunde denn auch „einen Wechsel auf die Zukunft“. Wiehl musste erst noch werden, was die stolze Bezeichnung verhieß. Vom „Stadtrecht“ im engeren Sinn konnte übrigens nicht die Rede sein, der Titel brachte weder rechtliche Vorteile noch Pflichten mit sich. Seit 1978 ist die Verleihung des Stadttitels kein hoheitlicher Akt mehr, sondern eine automatische Folge der Überschreitung des Einwohnerschwellenwerts. Wer einige Jahre hintereinander mehr als 25 000 Bürger hat, darf sich „Stadt“ nennt. Von dieser Einwohnerzahl war Wiehl im Jahr 1971 mit weniger als 18.000 Menschen noch weit entfernt.

Ärmste Kommune in NRW 1973

Wichtiger für die Selbstständigkeit war deshalb, dass Wiehl mit dem Anstieg der Einwohnerzahl auf mehr als 25.000 im Jahr 1999 eine „mittlere kreisangehörige Stadt“ wurde und neue Funktionen der Bauaufsicht und der Baugenehmigung sowie ein eigenes Jugendamt bekam. Erst zwei Jahre zuvor war die Gemeinde mit der Nachbarkommune Bielstein fusioniert worden. Eine Überlegung bei dem Antrag, zur Stadt erhoben zu werden, war es laut Zeitzeuge Dieter Fuchs, dem Hauptort gegenüber den anderen Siedlungsschwerpunkten Bielstein und Drabenderhöhe ein größeres Gewicht zu geben. Zudem sollte Wiehl auf Augenhöhe kommen mit den städtischen Nachbarn Gummersbach und Bergneustadt.

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Als Dieter Fuchs 1973 das Amt des Stadtdirektors übernahm, war Wiehl die ärmste Kommune in NRW. Der Investitionstätigkeit tat das allerdings keinen Abbruch. Von nun an bezahlen die Wiehler ihre Projekte eben zu 100 Prozent mit Fördergeld vom Land. Dieter Fuchs erinnert sich: „Meine Argumentationshilfe war: Euer Minister hat uns zur Stadt gemacht, jetzt müsst Ihr auch die Kosten übernehmen.“

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