Erzählungen vom Pony im FlurWiehlerin Anneliese Dabringhausen wird 100

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Im Herzen jung geblieben ist Anneliese Dabringhausen auch mit stolzen 100 Jahren.

Im Herzen jung geblieben ist Anneliese Dabringhausen auch mit stolzen 100 Jahren.

Wiehl-Dörnen – Als Baby war Anneliese Dabringhausen eine kleine Berühmtheit im Dorf. Schließlich konnte sie bereits mit acht Monaten laufen. Grund genug für ein Wiehler Journal, darüber zu berichten. Heute feiert das Laufwunder von damals seinen 100. Geburtstag.

Die kleine Anneliese wuchs behütet auf, immer umgeben von Tieren. Ihre Eltern hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb. Auch heute kommt es bei ihr schonmal vor, dass ein Pferd durch den Flur läuft. Dabringhausen lacht und kramt ein Bild im Fotoalbum hervor: „Ja, das war unser Pony Funny. Das kam durch die Haustür rein und lief durch die Wohnung über die Terrasse zurück auf die Weide.“ Drei Pferde leben bei ihr, gleich neben dem Haus. Dazu 20 Hühner und ein Esel. Um die Tiere kümmert sich Urenkelin Emma (13). „Den Esel wollte ich unbedingt haben. Er heißt Balou, nach der verstorbenen Katze der Nachbarn.“

Skiurlaub in Österreich, Ferien auf Sylt

Das skurrile Bild vom Pony im Haus reiht sich ein in viele Erinnerungen. Von Skiurlauben in Österreich und Ferien auf der liebgewonnen Insel Sylt. „Wir konnten im Sommer meistens nicht verreisen. Wir hatten ja den Dachdeckerbetrieb. Dann sind wir eben im Winter gefahren.“ Weiter zurück blätternd, findet sie einige Bilder von einem hübschen kleinen Kerl mit Locken. „Ja, das ist der Manfred. Der Sohn meiner Schwester“, seufzt Dabringhausen.

Als junge Frau hat sie so manche Ski-Piste genommen.

Als junge Frau hat sie so manche Ski-Piste genommen.

Dann erzählt sie die traurige Geschichte: Ihre Schwester Else habe früher gemeinsam mit ihrem Mann ein Schuhgeschäft in Wiehl geführt. Im Krieg und auch danach schmiss sie den Laden allein. Kurz nach dem Krieg hätten Soldaten übrig gebliebene Munition im Ort gelagert. „Eines Tages, als ich ihr bei der Wäsche geholfen habe, gab es einen lauten Knall. Meine Schwester rief gleich: ,Das ist der Manfred!’“ Und so war es: Der Siebenjährige war verbotenerweise mit seinem Freund zum Lager am Kurpark gegangen. „Er hatte Splitter überall. Ein Nachbar hat uns nach Denklingen ins Lazarett gefahren. Aber es hat zu lange gedauert, der Junge hatte einfach zu viel Blut verloren.“ Vater Otto, der wenige Tage darauf aus dem Krieg heimkehrte, erfuhr es am Ortseingang von einem Nachbarn. „Freud und Leid liegen oft so nah beieinander“, habe dieser gesagt.

Dachdeckerbetrieb wird jetzt von Enkelin geleitet

Anneliese Dabringhausen, deren erster Verlobter aus dem Krieg nicht zurückgekehrt war, heiratete 1951 ihren Mann Hans. „Ich kannte ihn schon sehr lange, habe aber immer auf meinen Verlobten gewartet. Hans hat nicht locker gelassen und irgendwann Nägel mit Köpfen gemacht.“ Gefunkt habe es, als sie ihm die Butterbrote zum Bismarckturm brachte, den er damals sanierte. Tochter Anne rundete das junge Glück ab, wenngleich das Paar bis zur Geburt sicher auf einen Jungen setzte. Anneliese Dabringhausen lacht: „Hans Ulrich sollte er heißen. Und dann war es ein Mädchen.“

Der Handwerksbetrieb lief gut, Ehemann Hans holte Verstärkung aus Winterberg. „Das waren Schieferdecker. Die Familie wohnt heute noch immer hier, und die Kinder haben damals zusammen gespielt.“ Nach der schweren Geburt der Tochter habe der Arzt empfohlen, lieber kein zweitesEnkel Kind zu bekommen. „Für Anne waren aber die anderen Kinder wie Geschwister.“ Den Dachdeckerbetrieb leitet heute Enkelin Nina. „Die konnte bei der Gesellenprüfung gleich die Meisterprüfung mitmachen. Ist das nicht toll?“

Fachsimpeln über Fußball

Anneliese Dabringhausen hätte als junge Frau gerne selbst einen handwerklichen Beruf erlernt. „Aber mein Vater war dagegen.“ Sie greift noch heute Tochter Anne, die Keramikerin ist, unter die Arme. Die Jubilarin hat zwei Enkel (Nina und Philipp) und zwei Urenkel (Emma und Finn).

Die Seniorin löst gern Kreuzworträtsel jeden Tag, Punkt 18 Uhr, schaltet sie ihre Lieblingssendung „Wer weiß denn sowas?“ im Fernsehen ein. Sie bekommt Besuch von Nachbarn, oft fachsimpelt sie über Fußball. „Wir gehen die Mannschaftsaufstellungen durch.“

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Anneliese Dabringhausen blickt auf ein gutes Leben zurück und freut sich auf ein Fest mit Freunden, Nachbarn und Familie. „Ich bin dankbar, dass ich zu Hause leben kann und nicht ins Altersheim muss. Hier bin ich umgeben von meinen Erinnerungen und meiner Familie.“

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