Mysteriöser MünzschatzGeschichtsverein erforscht einen Fund aus unruhigen Zeiten

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Münzfund Weiershagen

Exkursion zur alten Fundstelle (v.l.): Harald Meißner, Marcus Dräger, Dr. Frank Gelhausen, Moritz Müller und Dr. Alexander Rothkopf.

Weiershagen – Heinrich Brandscheidt hat sicher große Augen gemacht. Es war der 23. März 1926, als der  Maschinenwärter  bei Rodungsarbeiten auf einer Holzparzelle südöstlich von Weiershagen in einer Tiefe von etwa 40 Zentimetern einen Schatz entdeckte. Lose in der Erde lagen zehn Gold-  und 19 Silbermünzen. Da die jüngste Münze  1630 geprägt wurde, könnte der Schatz knapp 300 Jahre dort gelegen haben.  Vielleicht wurde er  schon mitten im Dreißigjährigen Krieg verbuddelt, sonst hätten sich wohl auch neuere Münzen darunter befunden.

Spekulationen über den Hintergrund des Schatzes

Wie sich herausstellte, stammten die Fundstücke aus ganz Deutschland, aus der Landgrafschaft Hessen, aus Sachsen, aus den Reichsstädten Nürnberg, Lübeck, Frankfurt, aus Kurtrier und Kurmainz. Dazu kamen   eine englische Münze und 18 Niederländische Taler. Wer aber hat den Schatz dort vergraben? Diese Frage hat Dr. Alexander Rothkopf keine Ruhe gelassen. Der Ehrenvorsitzende der Oberbergischen Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins hat in den Quellen nach Hinweisen geforscht – ohne sicheres Ergebnis, wie sein Nachfolger Marcus Dräger berichtet: „Für Historiker ist es natürlich eine unangenehme Angelegenheit, wenn beim Erforschen einer Begebenheit am Ende mehr Fragen als Antworten auftauchen“, gibt Dräger zu.

Die  Spekulation über den Hintergrund des Schatzes gebe aber interessante Denkanstöße. Der Vorstand des Geschichtsvereins hat sich darum kürzlich „zwar nicht auf Schatzsuche begeben, aber auf Schatzfundortsuche“, berichtet Dräger. Unterstützt wurden sie dabei von dem Archäologen Dr. Frank Gelhausen und dem ortskundigen Bielsteiner Historiker Moritz Müller, der die alten  und heutige Karten im gleichen Maßstab beim Katasteramt besorgt hatte.   In den Feldern oberhalb der Wiehl, hinter dem Stahlwerk Kind & Co. in Bielstein, identifizierten die Regionalhistoriker  den ungefähren Fundort, das Flurstück trägt den Namen „Aufm Heidohl“. 

Münzfund II

Ein Brabanter Dukaton wie dieser gehörte zu dort vergrabenen Münzen aus dem 17. Jahrhundert.

In der Annahme, dass  der  Münzschatz im Dreißigjährigen Krieg vergraben wurde, ergeben sich mehrere mögliche Szenarien, meint Rothkopf. An der unteren Wiehl gab es seinerzeit einige Hammerwerke, die auch später als Exporteure von Kanonenrohren nach ganz Westeuropa Bedeutung erlangten. Die wirtschaftlichen Grundlagen für die Erwirtschaftung eines solchen Schatzes waren also in der Gegend durchaus gegeben. Die Herkunft der Münzen erlaubt Rückschlüsse auf weitreichende Handelsbeziehungen.    Ein Blick in die Fuder-Hafer-Zettel, die erste Steuerliste für die Grafschaft Homburg, lässt   noch keine  wohlhabenden Einwohner hervorstechen. 1635 etabliert sich die Eigendynastie der Grafen Sayn-Wittgenstein-Berleburg-Homburg.

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Marcus Dräger spekuliert: „Ahnte  vielleicht einer der Steuerzahler, dass durch das Repräsentationsbedürfnis des Grafen Ludwig Casimir auf Schloss Homburg in den nächsten Jahren eine größere Abgabenlast auf die Einwohner der kleinen Grafschaft Homburg zukommen würde?   Die Pest grassierte in der Gegend, so 1634 bis 1636 im nahen Ründeroth.  Vielleicht brachte der Besitzer den Schatz deshalb in Sicherheit. Oder vergrub den Schatz  ein Söldner, der ihn in den vorangegangen Kriegsjahren zusammengeraubt hatte?

Marcus Dräger resümiert:  „Warum der Besitzer nie dazu kam, den Schatz wieder an sich zu nehmen, ist nach gut 400 Jahren leider auch nicht mehr zu klären.“     Alexander Rothkopf  werde sich  mit dem Thema  eingehender beschäftigen und  vielleicht in einem Aufsatz für die „Beiträge zur Oberbergischen Geschichte“ davon berichten. Sicher ist: Der Münzfund wurde 1926 nach Schloss Homburg zur Aufbewahrung verbracht – und dort 1969 gestohlen. Unsere Zeitung berichtete damals: „Wie festgestellt wurde, sind die Diebe vermutlich mit einer Leiter durch das acht Meter über dem Erdboden liegende Fenster der Kanzlei in das Schloß eingestiegen. Durch die Burgküche und die Haupttreppe des Schlosses sind die Täter, die wahrscheinlich genaue Ortskenntnis besaßen, in den ersten Stock gelangt. Hier räumten sie eine Vitrine mit wertvollen Münzen aus und machten sich dann im Rittersaal, aus dem die kostbarsten Gegenstände verschwanden, zu schaffen.“ Von dem Schatz fehlt bis heute jede Spur. Nur eine kurtrierische Münze ist erhalten. Sie wurde damals an das Landesmuseum in Mainz verkauft, weil sie für die Mainzer Geschichte bedeutend war und liegt dort noch heute.

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