Freilichtmuseum LindlarDem Insektensterben auf der Spur

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An der Insektenfalle im Freilichtmuseum Lindlar erläutert Dr. Martin Sorg erste Ergebnisse der Insektenzählung, die seit Anfang des Jahres durchgeführt wird.

An der Insektenfalle im Freilichtmuseum Lindlar erläutert Dr. Martin Sorg erste Ergebnisse der Insektenzählung, die seit Anfang des Jahres durchgeführt wird.

Lindlar – Seit Jahresbeginn läuft im Freilichtmuseum Lindlar eine ganz besondere Zählaktion. Insektenspezialist Dr. Martin Sorg erfasst an zwei Stationen die fliegenden Insekten und vergleicht sie mit einer Untersuchung, die er vor zehn Jahren an genau den gleichen Standorten durchgeführt hat. Gestern zog er eine Zwischenbilanz und stellte eine Prognose auf.

Naturschutzgebiete mit 80 Prozent Rückgang

Und die ist ernüchternd: Rund 40 Prozent weniger Hummeln, Bienen, Mücken und weitere Insekten als vor zehn Jahren landeten in dem mit Alkohol gefüllten Behälter an der Spitze des Fangnetzes. Damit stehe das Freilichtmuseum aber gut da, so der Fachmann. Selbst in großen Naturschutzgebieten des Landes liege der Rückgang bei 80 Prozent. Das liege vor allem daran, dass es im Freilichtmuseum ganz besondere Bedingungen gebe. So würden bei der Bewirtschaftung der Flächen keine Pestizide eingesetzt und auch keine schweren Maschinen, sondern Landwirtschaft wie vor 100 Jahren betrieben. Also extensive Landwirtschaft, dazu gebe es Bauerngärten, die etwa für im Boden lebende Wildbienen gute Voraussetzungen böten.

Die aktuelle Auswertung ist eine quantitative. Das bedeutet, dass das Gewicht der Insekten gewogen, also insgesamt die Masse erfasst wird. Eine qualifizierte Analyse, die auch die einzelnen Arten bestimmt, wird nach Ende der Untersuchung durchgeführt. Das wird Ende Oktober der Fall sein, dann wird sich auch zeigen, ob sich die Prognose mit einem Rückgang von rund 40 Prozent der Insekten bestätigt.

Insektenzählung

An zwei Standorten im LVR-Museum Lindlar hat Insektenspezialist Dr. Martin Sorg Fangnetze aufgestellt. Die fliegenden Insekten prallen gegen das Netz, fliegen nach oben, wo sie in einem Becher Alkoholdampf landen. Betäubt fallen sie dann in einen Becher mit rund 80-prozentigem Alkohol.

Die Insekten werden gewogen und einige relevante Arten werden bestimmt und gezählt. Da vor zehn Jahren genau die gleiche Untersuchung von Dr. Sorg durchgeführt wurde, erhoffen sich die Naturschützer und Museumsleiter Michael Kamp von dem Ergebnis interessante Aufschlüsse. So könne jetzt schon festgestellt werden, dass die Art der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung im Museum, die sich an der Bearbeitung vor 100 Jahren orientiert, ein wesentlicher Grund dafür ist, dass der Rückgang der Insekten im Museum mit 40 Prozent deutlich geringer ausfällt als etwa in Naturschutzgebieten.

Die Ursachen für das massive Insektensterben seien vielfältig und wissenschaftlich auch noch nicht hinreichend untersucht. Es gebe in einigen europäischen Ländern Untersuchungen, die einen Zusammenhang mit dem Einsatz von Pestiziden belegen würden. Die aktuell zulässigen Pestizide in der Landwirtschaft hätten eine 10 000-fach höhere Wirksamkeit als DDT. Die Pflanzen würden die Mittel direkt aufnehmen, es gelange in den Boden, die Luft und das Wasser und habe eine Halbwertzeit von 1000 Tagen. Das bedeute, dass sich im Lauf der Jahre eine immer stärkere Konzentration ansammle.

Als Ursachen für den Rückgang der Insekten kommen nach Ansicht von der Experten auch eine immer stärkere Verinselung der Lebensräume, die Belastung von Luft und Wasser und die Eingriffe in die Nahrungskette in Betracht. So seien Wiesenameisen wichtig, da sie den Boden auflockerten und Samen verbreiteten. Fehlten sie, habe das direkte Auswirkung etwa auf Wildbienen.

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