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40 MitgliederFoodsharing in Wipperfürth rettet Lebensmittel vor dem Müll

Lesezeit 4 Minuten
Im Reformhaus Bedorf sortiert Inhaberin Juliane Bedorf Möhren aus, die sich nicht mehr verkaufen lassen. In Wipperfürth sind rund 40 Familien im Foodsharing aktiv, die gespendete Lebensmittel untereinander weiterreichen und verbrauchen, statt sie wegzuwerfen.

Im Reformhaus Bedorf sortiert Inhaberin Juliane Bedorf Möhren aus, die sich nicht mehr verkaufen lassen. In Wipperfürth sind rund 40 Familien im Foodsharing aktiv, die gespendete Lebensmittel untereinander weiterreichen und verbrauchen, statt sie wegzuwerfen.

Wipperfürth – Brötchen, Kuchen, Brot – zwei Kisten füllen die Backwaren, die nach einem Verkaufstag in der Bäckerei Rasch an der Unteren Straße noch da sind. Früher wanderte die Ware, die am Ende des Tages nicht verkauft wurde, im Müll. „Da blutet einem als Bäcker natürlich das Herz. Die Sachen sind noch mehr als genießbar“, sagt Arno Rasch, der Inhaber der Bäckerei, die in Bechen einen zweiten Standort hat.

Andrea Münnekehoff „rettet“ – wie sie es selbst formuliert – diese Lebensmittel vor der Mülltonne. Sie ist eine von 40 Mitgliedern der Initiative Foodsharing in Wipperfürth. Als Botschafterin der Initiative wirbt die 41-Jährige in der Hansestadt um Nachahmer.

Die Filiale der Bäckerei von Arno Rasch ist eine von drei Stationen, an der sie an diesem Samstag Lebensmittel einsammelt, die sonst im Müll gelandet wären. Acht Stationen läuft und fährt die 41-Jährige und die anderen Foodsharer regelmäßig ab – einige täglich, andere wöchentlich, wieder andere alle zwei bis drei Tage.

Zusammenarbeit mit der Tafel

Darunter sind Supermarktketten, aber auch kleinere Geschäfte und sogar Privatleute. Nicht alle, die Lebensmittel an die Foodsharer weitergeben, möchten öffentlich mit der Initiative in Verbindung gebracht werden. „Es ist ihnen unangenehm, wie viel Ware täglich im Müll landen würde, wenn wir sie nicht abholen kämen“, erklärt Münnekehoff.

Das gelte gerade für große Supermarktketten. Laut Foodsharing sind es pro Tag durchschnittlich drei volle Einkaufswagen, berichtet Münnekehoff. Hinzu kommt regelmäßig Saisonware – so auch heute: „Wir haben Tüten über Tüten Chips von einem Supermarkt bekommen, weil auf ihnen „WM 2018“ steht. Die bekommen sie nicht mehr verkauft, obwohl die Ware noch lange nicht abgelaufen ist“.

Teilweise müsse sie mehrere Fahrten machen, um alles zu den Sammelstellen zu transportieren, an denen die Lebensmittel dann kostenlos verteilt werden.

Der Weg führt heute von der Bäckerei Rasch ein Stück die Untere Straße entlang. Zur Metzgerei Schulte. Unterwegs berichtet die 41-Jährige von den Mengen an Lebensmitteln, die durch die Initiative landesweit vor dem Wegwerfen bewahrt werden. Sich diese Mengen vorzustellen, fällt schwer: Sechs Tonnen Zwiebeln haben Mitglieder der Initiative erst vor kurzem von einem Acker in Jackerarth geerntet, weil sie dem Landwirt für den Verkauf zu klein waren.

Ein Hof in Lindlar kontaktierte Foodsharing einmal, weil dort rund 1000 Kilogramm Zucchini zu viel da waren. „In solchen Fällen tun wir uns mit Foodsharing Gummersbach zusammen, weil selbst wir so viel nicht verteilt bekommen“, erklärt sie.

Rund 40 Familien reichen über die Initiative in Wipperfürth untereinander kostenlos Lebensmittel weiter. Ob diese wohlhabend sind, oder am Existenzminimum leben, spiele dabei keine Rolle. „Wir sind kein Ersatz für die Tafel, mit der wir im Übrigen eng zusammenarbeiten. Uns geht es schlichtweg darum, dass nichts weggeschmissen wird“, so Münnekehoff.

So gibt es bei den Lebensmittelspenden in Wipperfürth eine klare Regel: Erst die Tafel, dann die Foodsharer. Wenn die Tafel ihrerseits Lebensmittel abgeben muss, rufen sie die Foodsharer.

Foodsharing ist keine Frage des Geldes

An der Metzgerei Schulte angekommen, wird Münnekehoff schon erwartet. Jürgen Schulte hat drei Plastikeimer vorbereitet. Wurst und Schinken sind darin. Der Metzgermeister ist sichtlich erleichtert, dass die Wurst und auch Essen vom Mittagstisch nicht im Müll landet. „Es wäre eine Schande drum. Auch wenn wir viel an unsere Mitarbeiter verteilen, bleibt immer etwas übrig“, sagt der Metzger.

In den Eimern sind zum Beispiel kleine Stücke roher Schinken, der etwas angetrocknet, aber noch genießbar ist. Auch Bratkartoffeln sind heute dabei.

Münnekehoff bringt die Eimer in ihr Auto, wo sie Kühlboxen vorbereitet hat, bevor es weiter zum Reformhaus Bedorf geht. Es ist die letzte Station an diesem Tag. Mit einem vollgepackten Auto macht sie sich schließlich auf den Weg nach Hause. In ihrer Garage erwartet sie am Abend ihre Mitstreiter. Sie holen die Lebensmittel ab, die eigentlich in der Tonne gelandet wären.

Infos und Kontakt zu den Wipperfürther Foodsharern: Einmal für Unternehmen, die kooperieren wollen und für Menschen, die selbst aktiv werden möchten, per E-Mail an wipperfuerth@foodsharing.network oder Telefon unter 01 57/737 812 46.

www.foodsharing.de

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