Alte DrahtziehereiWDR Big Band flötet in spannungsreichen Klangfarben

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Trompeter Marquis Hill und die WDR Big Band bei ihrem Konzert in der Alten Drahtzieherei in Wipperfürth.

Trompeter Marquis Hill und die WDR Big Band bei ihrem Konzert in der Alten Drahtzieherei in Wipperfürth.

Wipperfürth – Strahlend, brillant, hart und aggressiv - so kommt die Trompete oft rüber. Marquis Hill beweist, dass die Trompete auch ganz anders klingen kann. Weich, verführerisch, bisweilen zärtlich bläst der 31-Jährige US-Amerikaner sein Instrument. Oft klingt es, als sei der Ton mit einem feinen Sandpapier leicht aufgeraut.

Die WDR Big Band mit einer 17-köpfigen Besetzung – vier Trompeten, vier Posaunen, fünf Saxofone, dazu die Rhythmusgruppe mit Gitarre, Bass, Klavier und Schlagzeug – war schon öfters in der Alten Drahtzieherei zu Gast.

Kompositionen von Hill

Am Freitagabend wird das Ensemble, das als eines der besten seiner Art in ganz Europa gilt, von Florian Ross geleitet. „Modern Flows“ heißt das Programm, das die Bebop-Tradition der 1950er- und 60er-Jahre mit einem zeitgenössischen, frischen Sound verknüpft. Die Kompositionen stammen von Marquis Hill, Ross hat sie für die WDR Big Band arrangiert.

Zum „Aufwärmen“ für die gut 250 Zuhörer gibt es mit „Trampoline“ erst einmal ein powerreiches Stück ohne den Star. Paul Heller (Tenorsaxofon) und Schlagzeuger Hans Dekker können mit tollen Soli glänzen. Dann betritt Marquis Hill die Bühne der „Drahte“. Kubanische Rhythmen legen das Fundament für die erste Nummer „Twin Flames“. Twin Flames, also „Zwillingsflammen“, das bedeute zwei Menschen, die einander blind verstehen, erklärt Hill auf Nachfrage des Dirigenten. „So wie wir beide“, scherzt Ross. Bei „Spirit vs. Ego“ kann Marquis Hill seine Stärken so richtig ausspielen. Auch die höchsten und allerhöchsten Töne gehen ihm scheinbar spielerisch leicht von der Hand, die Phrasierungen grooven satt, und das alles verbunden mit einem wunderschönen, melodiösen Komposition. Zwischendurch zeigen auch andere Musiker der Band bei Soli ihr Können. So wie etwa Gitarrist Martin Schulte, von 2010 bis 2012 Lehrer an der Wipperfürther Musikschule, wie sich Susanne Säger, Sekretärin der Musikschule, erinnert.

Zwei „Sahnestückchen“ in Quartettbesetzung

Als „Sahnestückchen“ kündigt Bandleader Florian Ross zwei Jazz-Standards an, die Marquis Hill in der Quartettbesetzung spielt – mit Bass, Klavier und Schlagzeug. Die Ballade „I Fall in Love Too Easily“ ist eine Hommage an Jazzlegenden wie Chet Baker – ein Trompeter, der ebenfalls für seinen butterweichen Klang bekannt war.

Originellstes Arrangement des Abend ist ohne Zweifel die Nummer „The Essence“. Drei Saxofonisten wechseln die Instrumente und greifen zu Querflöte, Alt- und Bassflöte. So entsteht eine für Big Bands eher ungewöhnliche, spannungsreiche Klangfarbe.

Nach zwei Stunden, unterbrochen von einer gut 20-minütigen Pause, ist dann schon Schluss. Mit „The Color of Fear“ stellen Band und Solist mit rasenden Läufen und äußerster Präzision ihre Virtuosität und Energie unter Beweis. Als Zugabe spielen die Kölner noch den „Inner City Blues“.

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