Der, der die Leichtathleten abhängteHorst Flosbach aus Wipperfürth wird 85 Jahre alt

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Rom 1960 Horst Flosbach läuft mit der Nummer 275 im Trikot der gesamtdeutschen Mannschaft. (Repro)

Rom 1960 Horst Flosbach läuft mit der Nummer 275 im Trikot der gesamtdeutschen Mannschaft. (Repro)

Wipperfürth – Die Neuigkeiten von Mark Lamsfuß, dem Wipperfelder Badmintonspieler und Qlympia-Teilnehmer, verfolgt Horst Flosbach besonders aufmerksam. Kein Wunder: 1960 gehörte Flosbach selbst zum deutschen Olympia-Kader. Heute wird der Wipperfürther 85 Jahre alt.

Dabei ist es ein Zufall, der 1960 dafür sorgt, dass Flosbach in Rom über 5000 Meter auf Medaillenjagd geht. Denn seine sportliche Heimat ist zunächst der Fußballplatz. Mit Vorliebe setzen die Trainer den schnellen Mann auf den Flügeln ein. An einem Sonntag in den Fünfzigerjahren veranstalten die Leichtathleten aus Hückeswagen schließlich einen Waldlauf.

Ein routinierter Waldläufer

Flosbach entscheidet sich spontan zum Start, hat gerade erst ein Fußballspiel beendet – und stampft die routinierten Waldläufer in den Boden. Seine Leistung lässt die versammelten Leichtathletik-Trainer der Region aufhorchen. Ab 1955 trainiert Flosbach lieber die Langstrecke als die Flanken in den Strafraum – zuerst im Barmer Turnverein und später im Solinger Leichtathletikclub. Dort lernt er Herbert Schade kennen, damals deutscher Rekordhalter über 5000 Meter und kurz darauf Trainer beim Deutschen Leichtathletikverband. Flosbach saust erfolgreich durch Deutsche Meisterschaften, Länderwettkämpfe und Waldläufe. Da werden die Olympischen Sommerspiele 1960 Thema.

Die Qualifikationszeit von 14:10 Minuten knackt der Athlet aus dem Bergischen im Olympiajahr. „Allerdings gab es die Besonderheit, dass Bundesrepublik und DDR in Rom mit einer gemeinsamen Mannschaft antreten würden“, erinnert sich Flosbach. Deshalb stehen im Frühjahr 1960 innerdeutsche Wettkämpfe um die Startplätze an – Flosbach reist dazu nach Erfurt. „Je vier Läufer aus Ost und West kämpften dort um insgesamt drei Startplätze“, so Flosbach.

Ein besonderes Erinnerungsstück ist das Trikot der Westdeutschen Auswahl, das er zum Beispiel auch 1961 trug: Beim ersten Deutsch-Amerikanischen Leichtathletikturnier in Stuttgart. Hier holte er über 5000 Meter den 1. Platz.

Ein besonderes Erinnerungsstück ist das Trikot der Westdeutschen Auswahl, das er zum Beispiel auch 1961 trug: Beim ersten Deutsch-Amerikanischen Leichtathletikturnier in Stuttgart. Hier holte er über 5000 Meter den 1. Platz.

Nach der ersten Gewöhnung an die Erfurter Aschebahn merkt Horst Flosbach schnell, dass es der Gastgeber mit dem olympischen Gedanken nicht so genau nimmt. Plötzlich taucht ein viel langsamerer Läufer vor ihm auf der Bahn auf, versperrt ihm die Ideallinie und lässt sich nur mühsam überholen. „Bei der zweiten Überrundung habe ich den Kerl am Kragen gepackt und von der Bahn geschubst“, blickt Flosbach mit einem Schmunzeln zurück.

Tatsächlich löst er gemeinsam mit den DDR-Sportlern Hans Grodotzki und Fritz Janke das Ticket für den 5000 Meter-Lauf in der italienischen Hauptstadt. Auf den Einzug der Kader zur Eröffnung der Spiele verzichtet Flosbach damals bewusst. „In Rom war es unglaublich heiß. Ich habe stattdessen im Bergischen trainiert und bin auf den letzten Drücker aufgebrochen“, nickt der Jubilar. Bei den Läufen gilt damals die handgestoppte Zeit. Zwar läuft auch eine elektronische Uhr, doch ist das Vertrauen in deren Genauigkeit noch nicht groß.

Von Anfang an Vollgas gegeben

Im ersten Vorlauf gibt Horst Flosbach von Anfang an Vollgas und überquert als Schnellster nach 14:01 Minuten die Ziellinie. Drei Tage später, am frühen Abend des 2. September, tritt er gemeinsam mit elf anderen Läufern in die römische Arena. Gut und gerne über 80 000 Menschen warten auf den schnellsten 5000-Meter-Läufer der Welt. „Da mussten wir alle schlucken – so viele Menschen hatte noch niemand von uns gesehen“, ist Flosbach noch heute beeindruckt. Inmitten der Massen entdeckt er tatsächlich bekannte Gesichter – ehemalige Fußballkameraden aus dem Bergischen wollen ihren Horst anfeuern.

Die Goldmedaille geht an Murray Halberg aus Neuseeland. Flosbach holt den achten Platz. „Die Schwierigkeit für einen Sportler besteht darin, dass Olympia nur alle vier Jahre stattfindet und du auf den Punkt in der Form deines Lebens sein musst“, so der Wipperfürther.

Fußballfreunde feuern Flosbach in Rom an

1961 wird Flosbachs Jahr, er holt etliche nationale Titel und läuft Bestzeiten. Doch da sind die Olympischen Spiele vorbei. 1964, übrigens in Tokio, steckt Flosbach im Beruf, für die Vorbereitung fehlt schon die Zeit. „Ich wünsche Mark Lamsfuß, dass er genau in der Form ist, die es braucht“, drückt Horst Flosbach die Daumen.

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Das größte Geburtstagsgeschenk hat er übrigens schon bekommen. Vor einigen Wochen hat die zehnjährige Enkelin Samia aus Rheinland-Pfalz angerufen und ihm verkündet, dass sie offiziell die schnellste Läuferin ihrer Schule ist.

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