Freilichtmuseum LindlarDatenlogger überwachen Raumklima

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Unauffällig ist das Gerät zur Klimaüberwachung an dem alten Ölgemälde im Forsthaus Broichen, das Astrid Beling zeigt. 

Lindlar – Sie sind nicht viel größer als ein Hühnerei, ganz in Schwarz gehalten und tarnen sich neben dem Teegeschirr genauso perfekt wie hinter Bilderrahmen und Gardinenstangen. Die Besucher bekommen sie nie zu Gesicht – selbst ganz Neugierige stoßen höchstens zufällig auf sie. Über 30 Datenlogger hat das LVR-Freilichtmuseum in den Gebäuden im Lingenbacher Tal versteckt.

Für die Bauexperten sind die Mini-Sensoren ein entscheidendes Werkzeug im steten Kampf gegen den Verfall. Gegen die Wirkung von Sonne, Kälte und Wind, die an den jahrhundertealten Bauten zerren. „Sie sind Teil der präventiven Konservierung und sollen verhindern, dass Schäden entstehen“, erklärt Astrid Beling, Volontärin für Restaurierung und Konservierung beim LVR.

Alle zehn Minuten werden die Daten gespeichert

2018 hat das Museum das Raumklima-Monitoring im kleinen Stil gestartet und seither weiter ausgebaut. Zusätzlich zu den großen und bedeutenden Gebäuden werden seit 2020 auch die umfangreichen Sammlungen in den Depots überwacht. Alle zehn Minuten speichern die Datenlogger die Luftfeuchte und die Temperatur.

Gelehrtenstreit über Ölgemälde

Ölgemälde gehören auf keinen Fall in den Keller, hat Iris Schaefer, Leiterin der Abteilung Kunsttechnologie und Restaurierung des Kölner Wallraf-Richartz-Museum zuletzt in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ betont.

Der Grund: Durch die dort meist zu hohe Luftfeuchte könne sich die Malschicht vom Trägermaterial lösen. Welche Temperatur und welche relative Feuchte aber nun optimal zur Lagerung von Kunst sind, darüber streiten die großen Galerien der Welt seit Jahrzehnten.

Ideal sind wohl um die 20 Grad Celsius und zwischen 45 und 55 Prozent Feuchtigkeit. Aber: „Um kleine Abweichungen wird regelrecht gefeilscht“, verrät LVR-Volontärin Astrid Beling. Praktisch relevant würden die unterschiedlichen Ansichten vor allem bei Kunst-Leihgaben von der einen an die andere Galerie. (sfl)

Alle paar Tage lesen Beling und ihre Kollegen die Werte per Laptop aus. Im Laufe der Jahreszeiten entsteht so ein umfangreiches Diagramm, das auf Knopfdruck Details liefert. Danach erlebte das Herrenzimmer des Forsthauses an einem Abend Ende Juni den heißesten Tag des Jahres 2021.

Klima soll in den Gebäuden saisonal gleiten

Knapp 28 Grad registrierte der Sensor hinter dem Eichensekretär. „Messtechnisch wären die Datenlogger woanders vielleicht besser positioniert. Aber der Museumsbesucher soll in einem historischen Haus nicht auf einen hochmodernen Computer stoßen – wir suchen eben immer nach einem Kompromiss“, verrät Beling.

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Am Laptop werden die Werte der Datenlogger ausgelesen.

Oberstes Ziel der Restauratoren sei ein „saisonal gleitendes Klima in den Gebäuden“, erklärt die 33-jährige Wissenschaftlerin. „Die Sachwerte, mit denen wir zu tun haben, rechtfertigen keine High-End-Klimaanlage, die ganzjährig konstante Temperaturen und Feuchtigkeit liefert.“

Aber die Temperaturübergänge, die könne man schon ausgesprochen schonend gestalten, so Beling. Zum Beispiel durch Heizen, durch schwere Gardinen, die das schädliche UV-Licht der Sommer-Sonne draußen lassen, oder durch ausgiebiges Lüften am frühen Morgen. Was passiert, wenn das Raumklima außerhalb der Toleranzzone liegt, wisse jeder Hausbesitzer aus eigener Erfahrung. „Gerade Holz und Papier neigen dazu, sich ihrer Umgebung anzugleichen“, erklärt Beling. „Sind die Veränderungen zu abrupt, kriegen die Objekte Stress.“

Es gilt den Holzwurm abzuhalten

Holz reißt dann gerne oder es kommt zu Abplatzungen. Daneben halten die Restauratoren die Feuchtigkeit schon deshalb im Blick, um gute Bedingungen für den gefürchteten Holzwurm zu verhindern.

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Das Raumklima-Monitoring ergänzt die Begutachtung der Bausubstanz. „Wenn wir ein Loch im Dach haben, sollten wir das natürlich sehen“, betont Astrid Beling. „Aber spätestens die Werte aus dem Datenlogger werden uns darauf hinweisen.“

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