Neue Elektrik fürs GemeindehausWarum Ehrenamtler aus Bottrop in Wipperfürth helfen

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Tatkräftig und mit Begeisterung helfen die beiden Elektriker Franz Schimps (l.) und Max Westhoven.

Tatkräftig und mit Begeisterung helfen die beiden Elektriker Franz Schimps (l.) und Max Westhoven.

Wipperfürth – Das Gefühl „wir werden gebraucht“, Thomas Dreessen betont es immer wieder, das sei der Antrieb, die Motivation und auch der Dank für die Arbeit der „Bobbies“. Thomas Dreessen ist Vorsitzender des Vereins Bobbie e.V., „Bottroper Bürger begeistert im Einsatz“. Thomas Dreesen sitzt im Foyer des Evangelischen Gemeindehauses an der Lüdenscheider Straße in Wipperfürth, während drei seiner Kollegen im Untergeschoss eine komplett neue Elektrik verlegen. Sicherungskästen, Verteiler, Leitungen, Schalter, Steckdosen, alles.

„Das Untergeschoss stand bei der Flut im Juli komplett unter Wasser“, erzählt Gemeindepfarrerin Stefanie Eschbach. Die Jugendräume, der große Gemeindesaal, Lagerräume, alles eine mittlerweile leergeräumte Ruine, der Putz ist bis auf Kinnhöhe abgeschlagen. Und eben die Elektrik ist vollständig zerstört. Nun ist das mit Elektrik so eine Sache, dafür braucht es nämlich echte Fachleute.

„Wenn es darum geht, den Keller auszuräumen, dann können sie einen Aufruf starten und dann macht das vielleicht der Kirchenchor“, sagt Eschbach. Aber Elektrik? Die drei Männer, die hier unten ranklotzen, sind Elektromeister. Franz Schimps, Max Westhoven und Rolf Grossmann. Aber was machen drei Bottroper Elektromeister begeistert im Einsatz im Wipperfürther Gemeindehaus? Die Frage führt zu den Wurzeln des Vereins Bobbie. Die drei sind, wie die meisten Vereinsmitglieder, „in Anpassung“. Das bedeutet, es sind ehemalige Bergleute oder sie haben in der Stahlindustrie gearbeitet. Aber weil Kohle nicht mehr sexy und Stahl in Indien billiger ist, gibt es ihre Jobs nicht mehr. Auf Neudeutsch heißt sowas Strukturwandel, und die von ihm Betroffenen sind nicht etwa im Vorruhestand, sondern eben „in Anpassung“. Tausende hervorragend ausgebildete Fachleute standen vor dem Nichts.

Aber der Mensch brauche einen Sinn im Leben, „nicht für die Tasche, sondern für die Seele“, so drückt es Thomas Dreessen aus. Eben das Gefühl, gebraucht zu werden. Deshalb gründeten Männer wie er den Verein Bobbie, der sich seit Jahren in vielfältigen Projekten mit seinem Know-How einbringt. Das größte dieser Projekte ist das Kinderzentrum Nadeshda in Belarus, wohin seit 2014 jährlich Bottroper Bobbies reisen, um bei Bau und Erhalt Hand anzulegen. „Wenn Sie die dankbaren Blicke der Kinder sehen, da werden auch gestandene Männer schon mal weich“, erzählt Dreessen.

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Der Kontakt nach Wipperfürth entstand durch Steffen Hunder, Essener Pfarrer im Ruhestand. Die Rheinische Kirche hatte nach der Flut Männer wie Hunder ausgesandt, um in den Katastrophengebieten zu schauen, wo man helfen könne. Er hörte von den Problemen in Wipperfürth und sagte spontan „ich kenne da jemanden“. Dieser Jemand war Thomas Dreessen. Der hat mittlerweile mit einer Putzfirma telefoniert. „In zwei Stunden sind die da“, sagt er zu Stefanie Eschbach. Sie hofft, dass vor dem Winter wieder Strom und die Heizung im Gebäude funktionieren. Es fehlen die Räume für alles Mögliche, Seniorentreffs, den Chor, Konfirmandenunterricht und so fort. Der einzige große Raum im Moment ist die Kirche. Eschbach ist dankbar für die Hilfe aus Bottrop und bei allem Stress, allem Dreck und der ganzen Arbeit weiß sie: „Wir hatten vergleichsweise Glück, anderen geht es viel schlechter.“

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