Spazierstock mit SägeDiese Kuriositäten schlummern im Freilichtmuseum Lindlar

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Ungewöhnliches Objekt: ein Spazierstock mit integrierter Säge.

Ungewöhnliches Objekt: ein Spazierstock mit integrierter Säge.

Lindlar – Im Depot  des LVR-Freilichtmuseums in Lindlar lagern zwischen  30.000 Gegenständen auch einige  Kuriositäten. So zeigen die Museumsmacher einen Spazierstock mit integrierter Säge. Wir haben uns umgeschaut.

Als Abstützhilfe, Accessoire für den eleganten Gang und nützliches Utensil zum spontanen Freischnitt des Trampelpfades war der besondere Spazierstock die richtige Wahl. Er ist im Forsthaus Broichen zu sehen, der aus Eichenholz gezimmerten Unterkunft früherer Revierförster, die einst in Bergisch Gladbach stand und im Museum wiederaufgebaut wurde.

Neue Ausstellung in Vorbereitung

An Pfingsten wurde die neue Baugruppe „Am Mühlenberg“, unter anderem mit dem Forsthaus Broichen, im LVR-Freilichtmuseum eröffnet (wir berichteten).

Aktuell richten LVR-Kulturwissenschaftlerin Lea Bosse (Foto) und ihre Kollegen einen bislang noch leerstehenden Raum des Forsthauses her, der Fragen zum Weihnachtsfest des 20. Jahrhunderts im Bergischen beantworten soll.

Wann wurde der Weihnachtsbaum auch hier zur Tradition? Wie sah das Fest in der NS-Diktatur und der Zeit des Zweiten Weltkriegs aus? Zum „Advent im Museum“ am Sonntag, 16. Dezember, soll die neue Ausstellung dann erstmals besichtigt werden können. (sfl)

Der Spazierstock ist im Dienstzimmer postiert, direkt neben dem Schreibtisch des Waldhüters – und damit jederzeit gleich zur Hand, wenn es hinaus in den Busch geht. „Er gehörte nämlich genauso zur Grundausstattung des Försters wie Lodenmantel und Hut“, erklärt die Kulturwissenschaftlerin Lea Bosse vom Landschaftsverband Rheinland (LVR).

Auf den ersten Blick ist der Spazierstock mit den geschliffenen Zähnen überhaupt nicht als solcher zu erkennen. Das im Stock integrierte Sägeblatt muss erst ausgeklappt und am Griff des Spazierstocks arretiert werden. Das genaue Baujahr des Spezialwerkzeugs ist unbekannt. Lea Bosse tippt auf den Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Sicher ist dagegen: Den besonderen Spazierstock hat der Wipperfürther Ferdinand Hermann, gestiftet. Hermann wiederum hatte ihn von seinem Großvater erhalten, der Bauunternehmer war, leidenschaftlich gern auf die Jagd ging und das besondere Utensil vermutlich selbst anfertigte.

In Gerätstöcken waren Überraschungen versteckt

Neben dem Spazierstock ist im Forsthaus Broichen eine weitere Gehhilfe mit Zusatzfunktion zu sehen: der Sitzstock, auf dem sich der Jäger niederlassen konnte, wenn er Rast machen oder anlegen wollte. Beide Modelle rechnen die LVR-Wissenschaftler den Gerätstöcken zu, in denen Erfinder in den vergangenen zwei Jahrhunderten allerlei Überraschungen versteckten.

So sind Vorrichtungen mit integriertem Skalpell und Spritzen für Ärzte genauso überliefert, wie Stöcke mit eingebauter Whiskyflasche nebst Glas. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg brachten Techniker Schnellfeuergewehre in scheinbar harmlosen Gehhilfen unter. 1500 Patente wurden im 18. und 19. Jahrhundert angemeldet.

Beim Adel war der Spazierstock einst Pflicht, später trug ihn nahezu jeder Mann, zuletzt war er als Symbol für Gebrechlichkeit nahezu verpönt. Doch durch die immer älter werdenden Menschen hat er sich inzwischen seinen Platz wieder ein Stück weit zurückerkämpft.

freilichtmuseum-lindlar.lvr.de

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