Volle ContainerWohin mit den vollen Windeln in Wipperfürth?

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Übervolle Windelcontainer am Bauhof. Nicht nur Wipperfürther entsorgen hier volle Windeln.

Übervolle Windelcontainer am Bauhof. Nicht nur Wipperfürther entsorgen hier volle Windeln.

Wipperfürth – Die Windelsackcontainer vor dem Bauhof an der Egener Straße sind oft übervoll. Zum einen, weil nicht nur Wipperfürther hier volle Windeln entsorgen, zum anderen, weil sonstiger Müll illegal abgeladen wird. Das treibt die Kosten in die Höhe. Zum 1. Januar wird der Abfallsammeltransportverband Oberberg (Asto) die Leerung einstellen, die Container sollen verschwinden. Doch wohin dann mit den Windeln? Wir erklären den Hintergrund und mögliche Lösungen.

Wie ist die Situation derzeit?

Zehn Müllcontainer, jeder mit 1100 Litern Fassungsvermögen, stehen vor dem Bauhofeingang. Sie sind nur für Windelsäcke gedacht, und dürfen nur von Wipperfürthern – die dafür Müllgebühren bezahlen – genutzt werden. Doch es ist ein offenes Geheimnis, dass auch Bürger aus Kürten hier illegal Windeln abladen. Zeugen berichten sogar von Transportern, die Windelsäcke im großen Stil entsorgen. In Kürten wird der Müll nach Gewicht bezahlt. Pro Familie kann das mehrere hundert Euro im Jahr ausmachen. Weil zudem Fremdmüll abgeladen wird, müssen die Container laut Verwaltung mittlerweile drei- bis viermal wöchentlich geleert werden. „Es ist ein Schandfleck und eine Sauerei“, schimpfte Dezernentin Leslie Kamphuis im Bauausschuss, der sich zum wiederholten Mal mit dem Thema befasste.

Ein Schild am Bauhof warnt vor Missbrauch. Doch Viele halten sich nicht daran. Eine Videoüberwachung findet nicht statt.

Ein Schild am Bauhof warnt vor Missbrauch. Doch Viele halten sich nicht daran. Eine Videoüberwachung findet nicht statt.

Was kostet die Entsorgung?

Laut Asto schlägt eine Leerung und Entsorgung der Container mit knapp 5000 Euro zu Buche. Macht bei einer wöchentliche Leerung rund 250 000 Euro jährlich, bei vier Leerungen 1 Million Euro pro Jahr. Ein Angebot der Firma Lobbe kommt auf die gleichen Summen. „Diese Kosten sind nicht nachvollziehbar“, kritisierte Heribert Berster (CDU).

Warum wird die Leerung eingestellt?

Wipperfürth ist Mitglied des Zweckverbandes Asto – ebenso wie Bergneustadt, Gummersbach, Waldbröl, Wiehl und Marienheide. Diese Kommunen haben die Abfallentsorgung 1997 auf den Asto übertragen. Ab 2019 wird der Asto generell keine Windelsackcontainer mehr leeren. „Das ist eine verbotene Quersubventionierung“, sagt Peter Brachmann (SPD), der für die Stadt Wipperfürth auch in der Asto-Verbandsversammlung sitzt. Im Klartext: Müllgebühren, die jeder zahlen muss, dürfen nicht dazu dienen, eine Leistung wie die Windelentsorgung zu finanzieren, die nur eine Minderheit nutzt. Zudem sei die Abfallmenge bei den Windeln zu hoch, so Ralf Krismann, stellvertretender Asto-Geschäftsführer. Das Verbot der Quersubventionierung gilt nicht nur für den Asto, und es gilt auch für Windelsäcke. Hinzu kommt: Im Asto-Gebiet sitzt nur ein Fahrer im Müllfahrzeug. Müsste er bei jedem Sack aussteigen, würde er viel Zeit verlieren. „Müll ist aber ein Akkordgeschäft“, so Krismann.

Wohin künftig mit den vollen Windeln? Diese Frage ist in Wipperfürth noch ungeklärt.

Wohin künftig mit den vollen Windeln? Diese Frage ist in Wipperfürth noch ungeklärt.

Warum kontrolliert die Stadt nicht schärfer?

„Wir fahren regelmäßig dort vorbei, aber natürlich nicht nachts“, betont Björn Unterstenhöfer, Leiter des Ordnungsamtes. Wolle die Politik noch mehr Kontrollen, müsse sie zusätzliche Stellen schaffen. Eine Kameraüberwachung im öffentlichen Raum sei nur mit Einschränkungen möglich, erklärt Ralf Krismann vom Asto. Und selbst dann sei es sehr schwierig, Müllsünder dingfest zu machen. „Sie müssen denjenigen mit Namen kennen und anzeigen.“ Nur die Tatsache, dass etwa jemand ein GL-Kennzeichen habe, reiche nicht aus. Denn, so Krismann: „Es kann ja sein, dass diese Person einen Senioren in Wipperfürth pflegt.“ Das Wipperfürther Rathaus hält eine Videoüberwachung sogar für verboten - ein Schild vor Ort weist allerdings auf eine Überwachung hin.

Warum wird der Zugang nicht eingeschränkt?

Mehrere Politiker haben vorgeschlagen, den Zugang zu den Containern zeitlich zu begrenzen oder die Mülleimer abzuschließen, um zu verhindern, das Bürger von außerhalb dort Müll abladen. Das Ordnungsamt ist überzeugt, dass das nichts bringt. Wo ein Container stehe, werde Müll abgeladen, sei dieser verschlossen, lande der Müll daneben. Die Container auf dem Bauhofgelände zu stellen, scheide wegen des Verkehrs aus Sicherheitsgründen aus, erklärte Bauhofleiter Magnus Bernhardt.

In Radevormwald nimmt der Bauhof einmal wöchentlich unter Aufsicht der Mitarbeiter kostenlos Windeln an. Von größeren Problemen ist nichts bekannt.

Wie soll es weitergehen?

Die Verwaltung hat der Politik vier Vorschläge unterbreitet.

Variante a): Die Windelcontainer werden ersatzlos eingestellt. Haushalte müssen Windeln über die graue Restmülltonne entsorgen und im Zweifelsfall auf eine eine größere Tonne umstellen. Die Kosten trägt alleine der Bürger. So hat es vor einigen Jahren die Stadt Gummersbach gemacht.

Variante b): Die Stadt springt für den Asto ein und übernimmt die Kosten. Angesichts der Haushaltslage der Stadt sehr unwahrscheinlich.

Variante c: Familien mit Kindern unter drei Jahren oder pflegebedürftigen, inkontinenten Senioren erhalten eine größere Restmülltonne, und die Stadt übernimmt 50 Prozent der Mehrkosten sowie die Kosten für die Umstellung.

Variante d:

Wie bei Variante c, aber nur für Familien mit Familienpass.

Beide Lösungen haben ein Problem: Wer den Service in Anspruch nehmen will, muss die Geburtsurkunde(für Kinder) oder einmal jährlich eine ärztliche Bescheinigung (für Senioren) vorlegen. Zudem müssten die Familien beim Asto einen Antrag auf eine größere Tonne stellen und bei der Stadt einen Antrag auf Kostenerstattung einreichen. Möglicherweise müsste die Stadt zusätzlich einen Mitarbeiter einstellen, der die Anträge bearbeitet. Die Kosten müsste der städtische Haushalt tragen.

Politiker aller Partien machten deutlich, dass sie eine Lösung wollen, die Familien nicht belastet. Wie die aussieht, weiß noch keiner. Die Verwaltung will bis zur nächsten Sitzung Zahlen vorlegen und sich mit anderen Kommunen austauschen.

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