Woran hat es gelegen?Wissenschaftler untersuchen Corona-Ausbrüche in Oberberg

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Corona-Testungen im vergangenen Jahr

Corona-Testungen im vergangenen Jahr

Oberberg – Warum es in Oberberg zumindest zeitweise vergleichsweise deutlich mehr Corona-Fälle gab als in anderen deutschen Landkreisen und die Pandemiebekämpfung hier augenscheinlich schlechter fruchtete, wird nun wissenschaftlich untersucht.

Professor Dr. Nico Mutters vom Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit am Universitätsklinikum Bonn wurde von der Kreisverwaltung damit beauftragt, die Arbeit und Maßnahmen des Kreises seit Pandemiebeginn zu analysieren und nach Optimierungsbedarf zu suchen. Was er in den kommenden Wochen genau macht, hat der Institutsdirektor, Mikrobiologe und Hygieniker jetzt den Mitgliedern des Kreisgesundheitsausschusses erklärt.

Oberberg ist nicht die erste Region, die Mutters anhand einer Analyse gesammelter Infektionsdaten unter die Lupe nimmt. Für Köln hat das Institut bereits das Gleiche gemacht. Dazu nehmen sich die Wissenschaftler vor allem Statistiken vor. Vereinfacht gesagt schauen sie, welche Altersgruppen wann besonders von der Corona-Ausbreitung betroffen waren, welche Maßnahmen der Kreis zu diesen Zeitpunkten erlassen hatte – wie Kontaktbeschränkungen, Schließungen und Ausgangssperren – und wie die Wocheninzidenz sich entwickelte.

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Sehr viel produzierendes Gewerbe

Einen ersten Überblick hat sich Mutters bereits für Oberberg verschafft. Seine ersten Erkenntnisse: Dass es in Oberberg im Vergleich zu anderen Kreisen sehr viel produzierendes Gewerbe gibt und dort kein Homeoffice möglich ist, sei gewiss ein Faktor für die hohen Infektionszahlen.

Dass Oberberg nur deswegen eine hohe Inzidenz hat, weil im Kreis sehr viel getestet wird, sei jedoch ein Trugschluss, erklärte Mutters den Ausschussmitgliedern: „Richtig ist: Je mehr Sie testen, desto mehr Infektionsketten durchbrechen Sie und desto geringer wird die Dunkelziffer an Infektionen.“ Das sei wissenschaftlich belegbar an der Sterberate, die in Oberberg vergleichsweise niedrig sei.

Menschen zwischen 15 und 35 besonders betroffen

Auch so viel konnte Mutters bereits sagen: Oberberger unter fünf Jahren spielen bei den Ausbrüchen kaum eine Rolle, aber die „arbeitende Bevölkerung“ zwischen 15 und 35 Jahren sei überdurchschnittlich oft betroffen. Ob das an deren Arbeitsleben oder doch an deren sozialen Kontakten liegt, müsse die weitere Untersuchung zeigen.

Spannend dürfte die Analyse auf jeden Fall werden, will sie doch gegebenenfalls auch einzelne Betriebe und Religionsgemeinschaften in den Blick nehmen. Aus Erfahrung könne er sagen, so Mutters, dass letztere eine große Rolle bei Ausbruchsgeschehen spielten.

Freikirchen können Brennpunkt sein

Es gebe zum Beispiel Freikirchen, in denen Masken abgenommen würden, zusammengesessen und gesungen werde. In Köln habe sein Institut ein muslimisch geprägtes Viertel als Brennpunkt ausmachen können. Dort hätten Einwohner den Corona-Impfstoff abgelehnt, weil das Gerücht umging, das Vakzin enthielte Schweinefleischprotein.

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So viel steht für Mutters fest: Die Impfung sei der beste Ausweg aus der Pandemie. Wenngleich er nach den Impfungen in den Altenheimen die Priorisierung aufgegeben hätte, um dann vor allem jüngere Menschen zu impfen, die wegen ihrer vielen Kontakte als Infektionstreiber bekannt seien.

Kein Problem sieht der Mediziner in einer Öffnung der Außengastronomie und einer Wiedereröffnung von Geschäften für Geimpfte, Genesene und Getestete. Erste Ergebnisse der Untersuchung will der Kreis schnellstmöglich veröffentlichen.

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