„Intransparent und oktroyiert“CDU Rhein-Berg kritisiert Kandidatenkür für Europawahl

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Uwe Pakendorf

Wer wird Kandidat: Uwe Pakendorf...

Rheinisch-Bergischer-Kreis/Leichlingen – Es rumort in der CDU Rhein-Berg. Manche sprechen von einem „regelrechten Aufstand“ der Stadt- und Gemeindeverbände, die das Verhalten führender Personen an der Kreisparteispitze wie des Ehrenvorsitzenden und Landesinnenministers Herbert Reul „so nicht hinnehmen wollen“. Von „Intransparenz“ und „oktroyierten Personalentscheidungen“ ist die Rede.

Stein des Anstoßes ist die Vorgeschichte zu der an diesem Mittwoch anstehenden Nominierung eines rheinisch-bergischen Kandidatenvorschlags für die Europawahl im kommenden Jahr. Wie berichtet kandidieren die frühere FDP-Politikerin und Dozentin Andrea Steinert (52) aus Bergisch Gladbach sowie der stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende und Geschäftsführer des Rheinischen Schützenbundes Uwe Pakendorf (40) aus Rösrath darum, von der CDU Rhein-Berg beim Parteitag des CDU-Bezirksverbandes für die Landesliste zur Europawahl 2019 vorgeschlagen zu werden.

Verbände forderten Debatte

Auch im Gespräch mit dieser Zeitung hatte sich Reul deutlich für Steinert ausgesprochen und als Argument angeführt, dass man mit einer Kandidatin aufgrund der parteiinternen Frauenquote (siehe Kasten) eine bessere Chance für einen aussichtsreichen Platz auf der CDU-Landesliste habe. Was erst im Nachhinein an die Öffentlichkeit gelangte: Mehrere Stadt- und Gemeindeverbandsvertreter der CDU hatten – wie auch die Junge Union – eine Auseinandersetzung über einen Kandidatenvorschlag erst eingefordert und Uwe Pakendorf animiert, auch gegen Andrea Steinert zu kandidieren.

„Wie ist denn die Kandidatur von Andrea Steinert überhaupt zustande gekommen?“, zeigt sich Rösraths CDU-Stadtverbandsvorsitzende Brigitta Wasser immer noch verwundert. „Da kann doch nicht nur die Frauenquote entscheidend sein.“ Wie der Overather CDU-Stadtverbandsvorsitzende spricht Wasser von Unmut an der Parteibasis und Unverständnis darüber, wie Steinert von Reul, der auch Vorsitzender des CDU-Bezirksverbands Bergisches Land ist, protegiert werde.

Andrea Steinert, die Ende 2017 den Arbeitskreis Europa in der CDU Rhein-Berg aufleben ließ, hatte ihren Hut als Kandidatin direkt beim CDU-Bezirksverband in den Ring geworfen. Im Laufe des Sommers sickerte diese Nachricht in der CDU Rhein-Berg durch. „Ich habe kein Geheimnis daraus gemacht“, sagt Rainer Deppe. Natürlich habe er noch im Frühsommer auch Uwe Pakendorf gefragt, ob er kandidieren wolle. „Aber gedrängt habe ich ihn nicht, andere haben da wohl weitergemacht“, so Deppe.

„Anfangs habe ich überlegt und gezögert, obwohl ich eine Kandidatur nie ausgeschlossen habe“, sagt Uwe Pakendorf auf Anfrage dieser Zeitung und weist auf seine Situation als junger Familienvater hin. Als er dann nach den Sommerferien von einer großen Zahl von Parteimitgliedern aus dem Kreisverband angesprochen worden sei zu kandidieren, habe er sich dafür entschieden, so Pakendorf weiter. „Wir haben gute und junge Leute bei uns im Kreisverband. Warum sollten die nicht als Europakandidat vorgeschlagen werden“, sagt Overaths CDU-Chef Kohkemper.

Er wolle den Kreisverbandsvorsitzenden nicht kritisieren, aber dieses Verfahren – „wenn man überhaupt von einem Verfahren sprechen kann“ – sei nicht transparent. „Ich kannte Andrea Steinert aus keinem der Wahlkämpfe“, erinnert sich Brigitta Wasser und macht keinen Hehl daraus, dass sie „immer gegen eine Frauenquote“ gewesen sei: „Viel wichtiger ist es, durch Qualität und Kompetenz zu überzeugen.“

Die Frauen Union Bergisch Gladbach, in der Steinert Mitgliederbeauftragte ist, sprach sich jüngst für einen höheren Frauenanteil im EU-Parlament aus.

Zeitpunkt kritisiert

Der Gladbacher CDU-Stadtverbandsvorsitzende Thomas Hartmann kritisiert vor allem den späten Zeitpunkt der Auseinandersetzung über die Kandidatenfrage: Durch eine frühzeitigere Diskussion und Nominierung eines eigenen Kandidaten oder einer Kandidatinhätte man sich nicht derart durch die in anderen Regionen bereits getroffenen Personalvorschlägen unter Druck lassen müssen. „Und ob wir mit einer Kandidatin das Rennen machen, ist ja auch noch längst nicht klar“, so Hartmann, der wie Wasser, Kohkemper und auch der Kürtener CDU-Vorsitzende Sebastian Wurth, der an seine Mitglieder keine Empfehlung abgeben möchte, die besondere Qualifikation des seit Jahren auf Orts- und Kreisebene aktiven Rösrathers Pakendorf betonen.

Er habe Andrea Steinert vor zehn Jahren persönlich kennengelernt, als sie noch in der FDP aktiv gewesen sei, gibt sich CDU-Landtagsabgeordneter Holger Müller diplomatisch: „Sie war mir nicht unsympathisch.“ Uwe Pakendorf aber habe von der Pike vorgelebt, was arbeiten heiße. Über die „Haltung des einen oder anderen Altvaters in der Partei“ sei er „sehr überrascht“, sagt Müller und fügt gleich hinzu, dass er dabei „weniger an Kreisparteichef Rainer Deppe gedacht“ habe: „Der ist in einer schwierigen Position und kann sich auf mich hundertprozentig verlassen.“ „Ich versuche das neutral zu managen“, sagt der Kreisparteichef auf Anfrage. „Mein Bestreben ist, dass die Veranstaltung am Mittwochabend geordnet läuft und dass am Ende niemand als Beschädigter zurückbleibt.“

Der CDU-Kreisparteitag findet am Mittwoch, 24. Oktober, ab 19 Uhr in Haus Klippenberg, Oberbüscherhof 48, in Leichlingen statt.

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