Ohr für jede FrageKatholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung wird 50

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Teil des Teams der Beratungsstelle: Rebecca Ahmadi-Bruchhausen und Erwin Becker.

Teil des Teams der Beratungsstelle: Rebecca Ahmadi-Bruchhausen und Erwin Becker.

  • Eigentlich sollte das 50-jährige Jubiläum der Einrichtung ausgiebig gefeiert werden – doch Corona kam dazwischen.
  • Gründe zu Feiern gäbe es genug. Denn die Akzeptanz des EFL hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen.
  • Nicht nur Männer zählen zu der Gruppe, die vermehrt das Beratungsangebot nutzt.

Bergisch Gladbach – Eigentlich sollte groß gefeiert werden. Die Fassade am Haus der Katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatung, kurz EFL, ist mit einem unübersehbaren Transparent versehen. Jede Menge Veranstaltungen waren geplant zum 50. Gründungstag der Einrichtung. Fast alles ist Corona zum Opfer gefallen.

Ein Grund mehr für Leiter Erwin Becker, in die Offensive zu gehen. Schon seit 45 Jahren ist die Beratungsstelle im Eckhaus an der Buchmühle untergebracht. Aber unauffällig. Nur ein Klingelschild neben der Spielhalle. „Für unsere Klienten ist Diskretion immer wichtig gewesen,“ sagt Becker. Wer Hilfe braucht, will das nicht an die große Glocke hängen. Eine Schamhaftigkeit, die sich mittlerweile gelegt hat. „Glücklicherweise,“ sagt Becker. Das sei eine der positiven Entwicklungen der vergangenen Jahre. „Immer mehr Menschen sind bereit, Hilfsangebote anzunehmen.“

Zahl der hilfesuchenden Männer ist deutlich gestiegen

Das zeigen auch die Zahlen, seit sie statistisch erfasst werden: 1972 wurden 133 Personen beraten, 2019 waren es 702 Klienten. „Eine Steigerung um 700 Prozent,“ sagt Erwin Becker stolz. Vor allem seit Beginn der 2000er Jahre „boomt“ das Angebot, das ausdrücklich für Erwachsene gedacht ist. „Früher kamen meist einzelne Personen,“ erinnert sich der studierte Theolge und Psychologe. „Das hat sich deutlich geändert und ist heute eher die Ausnahme.“ Zwei Drittel der Klienten sind Paare oder Familienmitglieder, die gemeinsam kommen. Auch die Zahl der Männer ist deutlich gestiegen, Becker selbst bietet sogar eine reine Männergruppe an. „Man merkt,“ sagt er, „dass das männliche Selbstbild ins Schleudern geraten ist.“

Wer das Wort Ehe- und Familienberatung hört, denkt automatisch an Klassiker wie Sprach- oder Lieblosigkeit, mangelnde Wertschätzung, Fremdgehen oder Trennungsszenarien. Das, bestätigt Beraterin Monika Schell, seien auch nach wie vor wichtige Themen. Daneben spielen sogenannte Herkunftsfamilienprobleme eine große Rolle. „Das sind zum Beispiel Auseinandersetzungen mit den Eltern, Schwiegereltern, unter Geschwistern oder erwachsenen Kindern,“ erläutert Monika Schell. Aus dem Praxisalltag ergänzt Beraterin Rebecca Ahmadi-Bruchhausen: „Ein neues, ganz wichtiges Feld sind für uns die Patchworkfamilien geworden. Das Verhältnis zwischen den alten und neuen Partnern und deren Kindern ist oft problematisch und muss besprochen werden.“ Sie spricht von „systemischer Beratung“.

80 Prozent der Klienten hat die Beratung geholfen

Hilfe zur Selbsterkenntnis und schließlich Selbsthilfe steht dabei im Mittelpunkt. „Wir sind kein Ratgeberverein, der Patentrezepte verteilt,“ betont Erwin Becker. „Wir bieten professionelle Hilfe durch ausgebildete Berater, das ist heute ein Masterstudiengang.“ Ahmadi-Bruchhausen ist gelernte Juristin und Sozialarbeiterin, Schell Theologin, Journalistin und Master of Counseling. Regelmäßig finden Supervisionen statt, bei denen Fälle mit Psychologen, Juristen, Neurologen oder einer Frauenärztin reflektiert und beraten werden.

Welche Rolle spielt der konfessionelle, katholische Hintergrund? „Ja, natürlich ist das christliche Menschenbild unser Leitstern,“ sagt Monika Schell. „Wir halten Familie und Beziehungen hoch, versuchen, Brücken zu bauen. Aber wir erzwingen nichts. Wir betrachten den Menschen in seiner Individualität und Würde, ohne Vorurteile und Dogmen.“ Nicht zuletzt darauf führt sie auch die zunehmende Zahl von Ratsuchenden mit Migrationshintergrund und aus anderen Religionen zurück. „Es hat sich herumgesprochen, dass wir unabhängig sind.“

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Erwin Becker hat auch dazu Zahlen parat: „In einer Befragung der Diözese haben über 80 Prozent der Klienten die Beratung als hilfreich bezeichnet.“ Diese findet seit 15 Jahren übrigens bereits auch online per Video (und telefonisch) statt, zunehmend in Corona-Zeiten. „Aber sobald es möglich ist, möchten die Klienten wieder persönlich kommen,“ hat Erwin Becker beobachtet.

Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Hauptstr. 227, Tel. (02202) 34918

www.efl-bergisch-gladbach.de

Onlineberatung: www.onlineberatung-efl.de

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