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90 Minuten über RassismusOnline-Podiumsdiskussion in Rhein-Berg

Lesezeit 3 Minuten
Initiiert von bergischen Institutionen, lieferten sich (oben v.l.) Anne Broden, Karim Fereidooni, Jennifer Danquah sowie (unten v.l.) Minh Thu Tran und Vanessa Vu einen engagierten Gedankenaustausch zum Thema Rassismus.

Initiiert von bergischen Institutionen, lieferten sich (oben v.l.) Anne Broden, Karim Fereidooni, Jennifer Danquah sowie (unten v.l.) Minh Thu Tran und Vanessa Vu einen engagierten Gedankenaustausch zum Thema Rassismus.

Rhein-Berg – Das Thema „Rassismus“ ist allgegenwärtig, das Thema „Sexismus“ wird es immer öfter. Doch so wenig sich die Diskriminierung eines Geschlechts – meist des weiblichen – auf Sexualverbrechen reduzieren lässt, so wenig beginnt Rassismus erst mit Mord und Totschlag.

Dementsprechend sind auch nicht der Rassismus der Mörder und Brandstifter Thema einer 90-minütigen Online-Podiumsdiskussion rheinisch-bergischer Aktivistinnen und Aktivisten am Mittwochabend, sondern vielmehr der Alltagsrassismus.

Hochkarätiges Podium

„Sie können aber gut Deutsch“: Das mag nett gemeint sein, zeigt aber zugleich, dass die sprechende Person dem etwas anders aussehenden Gegenüber diese Sprachfähigkeit eigentlich gar nicht zutraut. Auf dem virtuellen Podium sind an diesem Abend um Moderatorin Anne Broden gleich vier hochkarätige Etwas-anders-Ausseherinnen und -Ausseher versammelt: die Bildungswissenschaftlerin Jennifer Danquah, die Journalistinnen und Podcasterinnen Vanessa Vu und Minh Thu Tran sowie der Juniorprofessor Dr. Karim Fereidooni.

Rund 150 Zuschauer verfolgen die Unterhaltung, machen aber von der Möglichkeit, via Chat live in die auf You Tube ausgestrahlte Sendung einzugreifen, keinen Gebrauch. Professor Fereidooni aus Bochum unterscheidet lebensnah zwischen „primären“ und „sekundären“ Rassismus-Erfahrungen. Das eine sei es, wenn er im Supermarkt dumm angemacht werde, das andere, wenn er seinem guten Kumpel Jörg davon erzähle und dieser antworte: „Stell dich nicht so an, das war bestimmt nicht so gemeint.“

Kein Wissen wie sich Rassismus anfühlt

Der gute Jörg, ein „weißdeutscher Mann“, wisse einfach nicht, wie sich Rassismus anfühle – ebenso, wie er selbst als männlicher Professor nicht wissen könne, wie sich Sexismus anfühle. Fereidooni macht auch sehr klar: „Rassismus hat nichts mit realen schwarzen Menschen und Menschen of Color zu tun, Rassismus ist eine Phantasie in weißen Köpfen.“

Die beiden vietnamdeutschen Journalistinnen Vanessa Vu und Minh Thu Tran danken den Veranstaltern, Institutionen von Stadt, Kreis, Caritas und Kirche, ausdrücklich für ihre Einladung: Der Rassismus gegenüber asiatischen Menschen in Deutschland falle im Vergleich zu den Problemen, denen sich schwarze oder türkische Menschen ausgesetzt sähen, oft hinunter.

Internationale Wochen gegen Rassismus

Die Veranstaltung ist Teil der Internationalen Wochen gegen Rassismus im Rheinisch-Bergischen Kreis. Kritische Worte insbesondere der Moderatorin müssen sich sowohl Schulen als auch Medien gefallen lassen – da ist von herabsetzenden Sprüchen Lehrender und dem „undemokratischen Raum Schule“ ebenso die Rede wie von Begriffsschöpfungen wie den „Döner-Morden“ im Zusammenhang mit den Opfern des rechtsterroristischen NSU oder einem mangelnden „adäquaten Umgang mit rechts positionierten Menschen“ etwa aus der AfD.

Nach den Kölner Silvesterkrawallen sei, so Moderatorin Broden weiter, sogar im Bildungssender WDR 5 davon die Rede gewesen, dass „nordafrikanische Männer deutsche Frauen vergewaltigt“ hätten. Broden, die damals „fast vom Stuhl gefallen“ wäre, muss sich allerdings von der Journalistin Vanessa Vu entgegenhalten lassen, dass es erstens nicht „die“ Medien gebe, sondern solche und solche Journalisten, und dass zweitens konkrete Kritik an einzelnen Punkten allgemein besser ankomme als pauschale Beleidigungstiraden.

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Am Ende mahnt Bildungswissenschaftlerin Jennifer Danquah die Zuhörer am Bildschirm, es sei wichtig, „Rassismus verstehen zu lernen, um ihn zu erkennen“ - und um ihn zu überwinden.

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