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Abbruch der Brücke Haasenmühle beginntEs darf kein Stück Beton in die Wupper fallen

Lesezeit 4 Minuten
120 solcher „Big Packs“ voller Sand befestigen die Ufer. Über die Wupper hinweg wird eine Arbeitsplattform gebaut.

120 solcher „Big Packs“ voller Sand befestigen die Ufer. Über die Wupper hinweg wird eine Arbeitsplattform gebaut.

Leichlingen – Jetzt geht’s los! An der Wupperbrücke bei Haasenmühle laufen die letzten Vorbereitungen für den Abbruch des für den Verkehr gesperrten Bauwerks. Die Baustelle, die seit Wochen an beiden Ufern auf Leichlinger und Solinger Seite wächst, wird allmählich spannend. So spannend, dass auch die Bauarbeiter schon scherzen, dass man auf der daneben stehenden Ersatzbrücke einen Eiswagen für die vielen Schaulustigen aufstellen und Eintritt verlangen könnte. Denn von dem Gehweg drüben aus hat man einen perfekten und sicheren Blick auf das Panoramabild in der Flussaue, das in den nächsten Tagen um Kranwagen, Arbeitsbrücken, Bagger und Lkw belebt wird.

Wie Sandmännchen sind Kollegen damit beschäftigt, eine Armada von rund 120 Big Packs, quadratische weiße XXL-Kunststoff-Säcke, mit Sand zu befüllen, um mit ihnen die Ufer zu befestigen. Grobe Baustraßen sind vorübergehend in die grünen Böschungen planiert worden. Über sie werden massenweise schwere Holzbohlen und Stahlträger zum Wasser hinab gehievt.

Arbeitsplattform wird über den Fluss gebaut

Aus ihnen werden im Schatten unter der Brücke Baggerstraßen für schweres Gerät angelegt und eine breite Arbeitsbühne über den Fluss gebaut. Dafür werden vorgefertigte runde Betonsockel in der Flussmitte versenkt, die schon auf dem Materialplatz lagern und als Mittelpfeiler dienen.

Am kommenden Donnerstag – so sieht es der Zeitplan vor – wird es für Zuschauer und Hobbyfotografen richtig spannend: Dann sollen Abbruchbagger von der Fahrbahn oben aus beginnen, den Stahlbeton zu knacken und in der Mitte der Brücke das erste Loch in das 60 Jahre alte Bauwerk der Kreisstraße 1 zu reißen. Im September soll die alte Brücke verschwunden sein.

Baustelle im Naturschutzgebiet

„Wenn die Wupper nicht wäre, wäre die Brücke in anderthalb Tagen verschwunden“, sagte Wulf Riedel, der Abteilungsleiter Tiefbau und Verkehr der Technischen Betriebe Solingen, am Donnerstag bei einer Baustellenbesichtigung. Aber die Wupper ist nun mal da. Und deshalb ist diese Baustelle besonders. Denn der unter strengem Naturschutz stehende bergische Strom muss mit großem Aufwand und Umsicht vor Schäden geschützt werden.

Projekt kostet fast sechs Millionen Euro

Die alte Wupperbrücke zwischen Leichlingen-Nesselrath und Solingen-Haasenmühle stammt aus dem Jahre 1958. Der damals verarbeitete Spannstahl ist (wie bei vielen ähnlichen Bauwerken der Zeit bundesweit) von minderer Qualität.

2017 musste die Brücke wegen Rissen und Einsturzgefahr gesperrt werden. Seit Dezember 2018 übernimmt eine ersatzweise gebaute Behelfsbrücke nebenan den Verkehr.

Abbruch und Neubau kosten vier Millionen Euro. 70 Prozent davon zahlt das Land. Die übrigen 1,2 Millionen teilen sich Solingen und der Rheinisch-Bergische Kreis, die sich darüber freuen, dass der NRW-Fördersatz für den kommunalen Straßenbau just 2019 von 60 auf 70 Prozent erhöht worden ist. Hinzu kommen 1,8 Millionen Euro Kosten für die Ersatzbrücke, von denen Stadt und Kreis jeweils 360 000 Euro übernommen haben, das Land 60 Prozent. (hgb)

Es darf kein Betonbrocken oder anderer Schutt ins Flussbett fallen, das Wasser darf nichtmals getrübt werden. Darum sind die Stadt Solingen und der Rheinisch-Bergische Kreis, die sich das Projekt auf der Stadtgrenze teilen, froh, dass Profis am Werk sind. Die Ausschreibung des Millionenprojekts hat das erfahrene Bauunternehmen Heitkamp gewonnen.

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„Wir haben mit der Firma unglaubliches Glück gehabt, denn die haben so etwas schon öfter gemacht“, sagte Riedel mit Hinweis auf die momentan schwierige Suche nach Auftragnehmern in der überlasteten Baubranche. Der Bauleiter vor Ort, Dominik Radtke, wirkt an der Baustelle auch ganz entspannt. Der Schutz der Wupper sei eine Herausforderung. Aber man werde schon dafür sorgen, dass nichts in die Wupper fällt. Er rechnet mit 2500 Tonnen Bauschutt, das sind etwa 100 Lkw-Ladungen. Der Stahlbeton wird nicht vor Ort zerkleinert, sondern zum Recycling Richtung Düsseldorf transportiert.

Kanus verboten

Kanutouren auf der Wupper sind im Bereich der Baustelle seit Mitte August verboten. Der Wasserweg ist vor der Brücke Haasenmühle mit Warnschildern, einem Seil und rot-weißen Stangen gesperrt. An einer Ausstiegsstelle können Wassersportler an Land und ihre Boote hinter der Baustelle wieder einsetzen. Ab etwa Mitte September soll die Durchfahrt bis zum Frühjahr 2020 noch einmal geöffnet werden. (hgb)

Nach dem Abbruch werden im Oktober Spundwände zur Absicherung der Baugrube in den Boden gerammt, damit im November die Betonarbeiten für die neue Brücke beginnen können. Ende 2020 soll sie eingeweiht werden. Dann kann die Behelfsbrücke nebenan, die jetzt solch eine prima Aussichtstribüne abgibt, wieder entfernt werden.

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