„Delikate Krimilesung”Bernhard Hatterscheid in Gladbach – Ein fast perfekter Mord

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Zwischen seinen Romanen, Tatort-Utensilien und dem Dinner seiner Zuhörer ist Kriminalhauptkommissar Bernhard Hatterscheidt in seinem Element.

Zwischen seinen Romanen, Tatort-Utensilien und dem Dinner seiner Zuhörer ist Kriminalhauptkommissar Bernhard Hatterscheidt in seinem Element.

Bergisch Gladbach – Rot-weißes Absperrband, der Umriss eines menschlichen Körpers auf dem Boden und offenkundige Blutspritzer, die Bernhard Hatterscheidt mit einer Speziallampe an der Wand im Salon des Bensberger Schlosses sichtbar macht. Keine Frage, hier muss ein Verbrechen geschehen sein. Es soll nicht das letzte an diesem Abend sein. Schließlich ist die Gästeschar gerade erst bei der Vorspeise und Bernhard Hatterscheidt nicht nur ein erfolgreicher Autor, der zurzeit an seinem zehnten Kriminalroman schreibt, sondern auch ein exzellenter Erzähler – und einer echter Kriminalhauptkommissar.

Was zwischen kaltgeräuchertem Lachsfilet in Waldhonig-Senfsauce und Maispoulardenbrust an glasiertem Wurzelgemüse aus der Schlossküche serviert wird, sind echte Kriminalfälle und authentische Einblicke in Polizeiarbeit – auch wenn die vermeintlichen Blutspritzer an der Wand „nur“ inszeniert sind.

Zur Person

Mehr als 37 Jahre arbeitet Bernhard Hatterscheidt bereits bei der Polizei. Dabei wollte er eigentlich Bankkaufmann werden. Da jedoch viele seiner Freunde zur Polizei gingen, versuchte auch er sich mit 16 Jahren am Aufnahmetest – und bestand. Nach Ausbildung und Stationen unter anderem bei der Einsatzhundertschaft kam er 1996 zur Kriminalpolizei, arbeitete sieben Jahre lang in der Kölner Mordkommission, die auch für Rhein-Berg zuständig ist, bevor er auf einer Stabsstelle unter anderem erfolgreiche Konzepte gegen Taschendiebstahl und für den Umgang mit Intensivtätern entwickelte. Heute bearbeitet der 53-Jährige als Kriminalhauptkommissar Amts- und Korruptionsdelikte, hilft aber immer mal wieder auch in anderen Bereichen aus, wenn dort Bedarf ist: bei der Pressestelle ebenso wie beim Staatsschutz.

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Sein erstes Buch schrieb der Odenthaler 2001 im Urlaub. Nach der Veröffentlichung von „Mörderischer Fastelovend“ 2010 ging es Schlag auf Schlag. Neun „Kriminal(isten)romane“ hat Hatterscheidt seitdem veröffentlicht, schreibt gerade an seinem zehnten. „Alles echte Fälle, aber an andere Orte versetzt, mit anderen handelnden Personen“, erklärt er den Zuhörern seiner Lesungen, von denen er mittlerweile mehr als 100 veranstaltet hat. (wg)

www.kriminalistenroman.de

www.worldofdinner.de

Auch sein Hauptberuf führte den heute 53-Jährigen bei Ermittlungen schon mal nach Bergisch Gladbach – als nämlich ein später wegen dreifachen Mordes verurteilter Rechtsextremer hier einen ehemaligen guten Freund erschoss, weil er dachte, dieser habe ihn verraten. Hatterscheidt erzählt davon, wie die Freundin des Täters ihn und seine Kollegen in einen Wald im Sauerland führte, wo der Tatverdächtige obendrein eine ermordete Freundin verscharrt hatte.

Den Zuhörern läuft eine Gänsehaut den Rücken hinunter, als der Kriminalhauptkommissar von Durchsuchungsaktionen berichtet – mit und ohne Ramme („Wir machen auch Hausbesuche, allerdings klopfen wir in der Regel nicht an“). Auch Landrat Stephan Santelmann, selbst Leiter der Polizeibehörde im Rheinisch-Bergischen Kreis, lauscht gespannt, als Hatterscheidt von zerstückelten Opfern erzählt, deren Obduktion Gerichtsmedizinern spitze Kommentare entlockten („Ganz schön kopflos heute“) und deren Todesumstände doch am Ende geklärt wurden.

Die Grenzen zwischen Lesung, Dinner und echtem Krimi verschwimmen rasch. Etwa, als Hatterscheidt einen auffälligen Siegelring, der einst zur Überführung eines kostümierten Täters beitrug, an der Hand eines Gastes erblickt oder ein Bekannter Hatterscheidts an einem Tisch vortäuscht, vom gerade kredenzten Tropfen dahingerafft zu werden. Dabei steht doch ausdrücklich „Kein Gift“ auf der Flasche mit Granatapfellikör, den Hatterscheidt gemeinsam mit den Produzenten seiner delikaten Krimilesung, „World of Dinner“, eigens hat kreieren lassen. Eine Kostprobe des blutroten Tropfens gibt’s vor dem nächsten Gang, die Möglichkeit auf einem „Anhörungsbogen“ Fragen zu dem zu notieren, was man schon immer mal über Mord und Totschlag wissen wollte, folgt danach. Die Gäste machen rege Gebrauch davon.

Mordwaffe Trockeneis

Und Hatterscheidt ist ganz in seinem Element, wenn er im Dialog mit seiner Ehefrau Miriam, die eine Gerichtsmedizinerin spielt, vom Auftauen einer in einer Tiefkühltruhe gefundenen Leiche erzählt, von einem Mord mit der später verschwundenen Mordwaffe Trockeneis berichtet oder von dem Tatverdächtigen, den er vor der Vernehmung belehrt hat, dass er die Wahrheit sagen müsse, bevor sich dieser zu einem Kollegen umdrehte und fragte: „Ey, was ist Wahrheit?“

Ob ihn die belastende Arbeit an grausigen Kriminalfällen nicht manchmal nach Hause verfolge, möchte ein Gast wissen. Er sei in der glücklichen Lage, da mental einen Schalter umlegen zu können, sagt Hatterscheidt.

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Spätestens nach der dunken Schokoladenmousse mit Passionsfruchtsauce zum Nachtisch ist klar, dass die echte Arbeit eines Kriminalhauptkommissars wenig mit der von Ballauf und Schenk im Kölner TV-Tatort zu tun hat, wenngleich Hatterscheidt auch in dem Fernsehkrimi schon mal mitgespielt hat. Eine weitere interessante Anekdote, die er zum delikaten Dinner aus der Küche des Grandhotels Schloss Bensberg serviert.

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