100 Euro statt 25 Euro BußgeldKampf gegen die Kippen auf der Straße

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Immer mehr Raucher werfen ihre Kippen einfach auf die Straße.

Immer mehr Raucher werfen ihre Kippen einfach auf die Straße.

Bergisch Gladbach – Ein schneller Blick zum Straßenrand. Kippenreste kringeln sich am Gully. Ein halbes Dutzend sind es an dieser Stelle auf der Hauptstraße bestimmt. Zwischen Strauchwerk und Blättern liegen die Stummel, der Wind hat sie zusammengeweht. Leicht sind sie zu übersehen. Aber sie verseuchen die Umwelt auf lange Zeit.

Der Vorstoß

Ein gedankenloser Autofahrer hat Glut aus dem Autofenster geschnippt, ohne Rücksicht auf die Natur. Andere machen es ihm nach, an den Hauptverkehrsachsen der Gladbacher Innenstadt lassen sich mühelos Hunderte, ach was, tausende von Zigarettenkippen finden. Selbst bei größtem Bemühen wäre es den Mitarbeitern der Stadtreinigung nicht möglich, alle Reste einzusammeln. Es sind einfach zu viele. „Kippenschnippen“ scheint Volkssport zu sein. Aber jede Kippe, die aus dem Autofenster fliegt, könnte den Umweltsünder bald teuer zu stehen kommen. Seit dem Bußgeld-Vorstoß der NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser rücken Zigaretten in den Blick. Statt 25 Euro sollen die Kippensünder bald 100 Euro zahlen, wenn sie erwischt werden.

Gefährdung der Umwelt

Das Ärgernis ist in der Gesellschaft angekommen: Die Zigarettenreste sind einfach überall, auf dem Gehweg, auf der Wiese, im Straßengraben, in der Fußgängerzone, auf Spielplätzen und in Parks. 250 Giftstoffe inhalieren Raucher mit jeder Zigarette, zusätzlich 70 Stoffe, die krebserregend sind oder unter Verdacht stehen, Krebs auszulösen. Teer, Chrom, Benzol, Blei, Arsen, Dioxin, die Liste liest sich wie aus dem Giftschrank eines Chemikers. Natürlich sind Reste davon auch in den Kippen, die über die Natur entsorgt werfen.

Die Fußgängerzone

In Bergisch Gladbach ist das Kippen-Wegwerfen besonders ausgeprägt. Um dies zu sehen, reicht ein Gang durch die Fußgängerzone. Nahezu in jeder Fuge der Steinplatten sind die Reste auszumachen. Die aufgestellten Abfalleimer mit Zigarettenascher werden zwar auch genutzt. Aber oft bietet sich ein trauriger Anblick: Die Ascher sind überfüllt, die Kippen kleben am Abfallkorb und fallen auf den Boden. Eine Hochrechnung geht von viereinhalb Billionen Zigarettenkippen aus, die weltweit pro Jahr in der Landschaft landen, 4000 Milliarden, das ist eine Zahl mit zwölf Nullen. Die Erde ist kippenverseucht, und Bergisch Gladbach ist nur ein Ort von vielen.

Die Stadtwächter

Die Beweislage ist entscheidend. Ohne Zeugen lassen sich die Umweltsünder nicht überführen. Als vor einigen Tagen die Stadt Bergisch Gladbach stolz ihre neuen Stadtwächter vorstellte, da kam auch das Thema der Zigarettenkippen auf. Auf frischer Tat jemanden zu ertappen, sei schwierig bis unmöglich, meinten die Ordnungsamtler. Denn in Sichtweite der Stadtwächter werfe keiner seine Kippe weg.

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Die Forderung

In der CDU-Fraktion in Bergisch Gladbach gibt es mit Claudia Casper eine „Sauberkeits-Beauftragte“. Die Politikerin hat sich jetzt in die Diskussion um die Bußgelder eingeschaltet. Der 100-Euro-Vorschlag der Landesumweltministerin reicht der Lokalpolitikerin nicht. Die Stadt müsse nun „hart durchgreifen“ und deutlich höhere Strafen verhängen, fordert sie. „Der öffentliche Raum ist kein Aschenbecher“, erklärt die Sauberkeitsbeauftragte. Auch in Bergisch Gladbach gebe es eine Vielzahl an Stellen, in denen sich die Kippen-Abfälle häuften. „Das können und dürfen wir nicht weiter tatenlos hinnehmen.“

Kommunale Gebührenkataloge

Bislang sind die Kürtener Spitzenreiter. Bis zu 1000 Euro an Strafe sind möglich bei Kippen-Verstößen (aber noch nie verhängt worden).

Die bergische Kommune hat zwar keinen separaten Gebührenstrafkatalog fürs Wegwerfen der Zigarette. Dafür aber eine übergreifende Verordnung für alle möglichen Verstöße, vom Entfernen der Gullydeckel bis zum fortwährendem Grölen. Und eben auch zum „Wegwerfen und Zurücklassen von Unrat, Lebensmittelresten, Kaugummi, Aschenbecherinhalten, Zigarettenkippen, Papier, Glas, Flaschen, Getränke- und Konservendosen oder sonstigen Verpackungsmaterialien“. Die Kippen sind da in „guter“ Gesellschaft. (cbt)

Casper (und damit ihre Fraktion) stellt sich eine Art gestaffeltes Bußgeld vor. In Fußgängerzonen und an Bushaltestellen sollten Kippen-Sünder „mindestens 100 Euro“ zahlen. Deutlich teurer müsse das Wegwerfen von Kippen auf Kinderspielplätzen werden. Am Spielplatz der Saaler Mühle seien bei der jüngsten Müllsammelaktion Unmengen an Kippenresten zusammengesammelt worden. Kinder könnten die Zigarettenstummel in den Mund nehmen und sich verschlucken.

Bußgeldkatalog

Aber nicht nur die Kippensünder sollten deutlich mehr Strafen zahlen. Das Wegwerfen von Plastikbechern, Papptellern, Dosen, Flaschen und anderem Müll und auch das Ausspucken von Kaugummis solle mit hohen Bußgeldern belegt werden, so Casper. Die Müllsammelaktionen bewiesen, dass die Bürger bei diesem Thema sensibilisiert seien. Anfang April waren 3,5 Tonnen Müll allein im Stadtgebiet beseitigt worden, was von der Stadt als „Erfolg“ beschrieben wurde. Gemeint war aber damit eher der Einsatz der Ehrenamtler als die Menge an gefundenem Unrat.

Im Vorstoß der Gladbacher Politikerin spielen auch die Stadtwächter, jüngst nach CDU-SPD-Initiative zahlenmäßig deutlich aufgestockt in Bergisch Gladbach, eine wichtige Rolle. Sie sollten beweisen, dass sie in der Lage seien, die Umweltsünder zur Rechenschaft zu ziehen. „Das Ordnungsamt sollte mitziehen“, fordert die Sauberkeitsbeauftragte.

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