Abschied nach acht JahrenGladbachs Förster Wolfgang Blass zieht Bilanz

Lesezeit 4 Minuten
Blickt zurück auf acht Jahre in Bergisch Gladbach: Wolfgang Blass mit Hund Evian.

Blickt zurück auf acht Jahre in Bergisch Gladbach: Wolfgang Blass mit Hund Evian.

Bergisch Gladbach – Es geht hinein in ein Waldstück zwischen Bärbroich und Oberselbach. Ein ganzer Hügel vollkommen kahl. An den Rändern stehen noch ein paar Fichten, braune Kronen, abgeblätterte Rinde, bleiche Stämme. Sie wirken fast wie Geistergestalten, als die Sonne frühlingshaft aufblitzt und den Blick auf den Waldboden lenkt: Da sprießen zarte grüne Blätter einer jungen Birke. In der Lücke, die eine Fichte hinterließ, schießen eine Vogelbeere und Ahorn-Sprösslinge in die Höhe.

Abschied nach acht Jahren

„Dort kommt eine Douglasie. Hier passiert richtig etwas“, sagt Revierförster Wolfgang Blass. So wie in seinem Leben. Ende März geht Blass in den Ruhestand. Nach acht Jahren in Bergisch Gladbach verabschiedet er sich von seinem ehemaligen Traumberuf. Aber der Abschied ist nicht so, wie ihn sich Blass vorgestellt hat.

Den Wettlauf mit dem Borkenkäfer hat er verloren. Fast alle Fichten im Revier sind tot. Insgesamt sind es 1400 Hektar Wald, größtenteils in privater Hand. Dazu gehören aber auch etwa 350 Hektar Wald, die sich im Besitz der Stadt Bergisch Gladbach befinden. „Der Schädling wird jetzt weiterziehen in Richtung Sauerland, hier ist nichts mehr für ihn zu holen“, meint Blass.

Wald ist ein Klimaretter

Der Wald gilt als Klimaretter schlechthin. Bäume binden das fürs Klima schädliche CO2 und nehmen es so aus der Atmosphäre. „Nun aber“, sagt Blass, sehe er das so: „Wir haben einen Punkt erreicht, an dem der Wald selbst gerettet werden muss.“ Es sei notwendig, Baumarten aus wärmeren Gefilden hierzulande anzusiedeln, die die trockenen Zeiten des Klimawandels überstehen. Aber es hätten sich die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Förster in einem nicht geglaubten Maße verändert – „leider nicht zum Guten.“ Mittlerweile verbringe man als Förster etwa 70 Prozent seiner Zeit am Schreibtisch vor dem PC statt in der Natur: „Sich in Ruhe ein Bild zu machen vom Zustand des Waldes, das gibt es heute nicht mehr.“

Es gehe in der Hauptsache nur noch um Formalien, Controlling und Dokumentationen, bedauert er. Mit wem und wann sein Amt neu besetzt wird, steht auch noch nicht fest. Raik Gröning, Leiter des Forstbetriebsbezirks Kürten, übernimmt kommissarisch das Gladbacher Revier. „Zwei Reviere, das ist viel Arbeit“, weiß Gröning. Er befürchtet: „Die Nachbesetzung könnte sich mangels Bewerber hinziehen.“ Derzeit seien viele Revierleitungen vakant. Die Forstwirtschaft stehe vor einem Generationenwechsel, aus Altersgründen gingen zurzeit viele Förster in den Ruhestand. An seiner Seite hat Gröning immerhin Förster Nils Horn vom Holzkontor Rhein-Berg, Siegerland, der den Holzverkauf managt.

Neue Erfahrungen

Als Blass 2013 vom Forstamt Hochstift in Ostwestfalen nach Bergisch Gladbach wechselte, sei das für ihn eine völlig neue Erfahrung gewesen: Denn der Gladbacher Wald ist geprägt als städtischer Erholungsraum mit unzähligen Spazierwegen. Das sorgt für viel Ärger. „Waldwege wegen Holzarbeiten zu sperren? Undenkbar, schon gar nicht im Lerbacher Wald und nicht an der Saaler Mühle.“ Spaziergänger ignorierten einfach die Absperrungen und Warnschilder. Vor allem ältere Leute sagten dann als Begründung: „Wir gehen immer hier lang.“ Einige würden rabiat, schlügen etwa mit Stöcken auf die Fahrzeuge der Waldarbeiter ein. Einmal seien aus Protest sogar Radmuttern gelockert worden. „Man muss ständig die Sorge haben, dass etwas passiert“, berichtet Blass. Mit Hundebesitzern zu diskutieren, die ihre Tiere abseits der Wege frei laufen lassen, habe Blass schon lange aufgegeben: „Das bringt rein gar nichts.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Gröning berichtet, dass er neulich im Vorbeifahren von einem Mountainbiker angespuckt wurde, nachdem er ihn ermahnt hatte, nicht die Wege zu verlassen: „Zum Glück hat er mich nicht getroffen.“ Seine Zukunft verbringt Blass nicht in Gladbach. Ihn zieht es wieder in die Natur. Wer ihn sucht, der findet ihn, in seinem Ferienhaus in dem kleinen Ort Servon in der Normandie, nicht weit entfernt vom Mont St. Michel. Dorthin möchte er mit seiner Frau Lucia auswandern. Mit dabei ist sein bretonischer Vorsteherhund Evian, treuer Begleiter in all den Jahren bei den Streifzügen durch den Gladbacher Wald.

Rundschau abonnieren