Bergisch GladbachAls Angela Merkel auf die Kirmes gegangen ist

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Pfingskirmes Gladbach 25 Jahre Jubiläum

Jubiläum vor wenigen Tagen:  Burkhardt Unrau zusammen   mit Bürgermeister Lutz Urbach (mit Karussellmodell) und Ute Unrau vom städtischen Ordnungsamt.

Bergisch Gladbach – Wir schreiben das Jahr 1993. Bergisch Gladbach ist es gelungen, das Landesportfest an die Strunde zu holen. Das findet immer an Pfingsten statt. Doch, oh Schreck! Man hat die Pfingstkirmes vergessen. Die erhebt Anspruch auf ihren angestammten Platz zwischen Rathaus und Bergischem Löwen. Ausfallen lassen? Kommt nicht in die Tüte! Die Schausteller toben, die Presse hämt, im Rathaus fallen harte Worte.

Am Ende der Kompromiss: Die Kirmes zieht für dieses Mal auf die Buchmühle um, quetscht sich auf den Schulhof (damals schon ein Parkplatz). Neben der Enge, die zur Reduktion des Angebotes zwingt, ist es auch die Lage und die Konkurrenz durch das Sportfest, die dafür verantwortlich ist, dass der Jahrmarkt da nicht grade ein Publikumsschlager wird.

Das soll nicht nochmal passieren, schwört Burkhardt Unrau, der sich damals schon seit 13 Jahren um die Organisation des zweimal jährlichen Budenzaubers kümmert, seit die Kirmes von ihrem Exil in Gronau zurückgekehrt ist. Eine geschrumpfte Sparkirmes, die hin und hergeschoben wird, bis sie sich dem Kirmes-Sterben anschließt, ist der Albtraum, den es zu verhindern gilt. Mit zwölf Schaustellern gründet Unrau den Schaustellerverein Bergisch Gladbach eV. Ziel: Kommunikation mit Verwaltung und Öffentlichkeit und Sicherung der Überlebensbedingung der Kirmes.

24 Mitglieder im Schaustellerverein

Heute hat der Verein 24 Mitglieder, feiert auf der Pfingstkirmes sein 25-jähriges Bestehen. Vorsitzender ist Hans-Hermann Timm aus Herkenrath, einer der vier Kirmesbeschicker, die von Gladbach aus operieren. Unrau, inzwischen fast 67, ist weiter Geschäftsführer. Veranstalter ist nach wie vor die Stadt, weswegen Bürgermeister Lutz Urbach auch zur Vorstellung des Programms einlädt. Auch daran, dass das so ist, hat der Verein seinen Anteil.

„Damals lief eine Welle der Privatisierungen durch die Kirmeswelt“, so Unrau. „Es wurde Mode in den Kommunen, das Geschäft der Kirmesorganisation an einen Einzelveranstalter zu geben. Der sicherte sich die Fläche und den Termin und verdoppelte erstmal die Gebühren für die Schausteller.“ Das wurde in Gladbach vermieden: „So eine Zwischeninstanz brauchen wir nicht“, ist Unrau überzeugt. Der Verein berät die Stadt und vertritt die Interessen der Schausteller, damit die Bedürfnisse der Kirmes in den Köpfen verankert bleiben. „Ein Baum, eine Laterne, eine Parkbank um einen halben Meter falsch platziert und schon bekommen wir den Autoscooter nicht mehr untergebracht.“

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In Gladbach laufe die Zusammenarbeit vorbildlich. „Die Organisation einer solchen Kirmes ist Generalstabsarbeit. Es ist heute keine Kleinigkeit, ein 61-Tonnen-Fahrgeschäft von Kaiserslautern nach Gladbach zu bekommen. Die Route muss genehmigt werden, geeigneten Straßen und Brücken müssen ermittelt werden. Der Schausteller muss überzeugt sein, dass sich das lohnt.“

Adrenalin, Tempo, Schwerelosigkeit

Der Schaustellerverein hat sich bereits ein Jahr nach seiner Gründung aktiv ins Stadtmarketing, damals noch ein zartes Pflänzchen eingeklinkt. Er finanzierte sieben Werbetafeln an den Stadteingängen, mit denen nicht nur die Kirmes, sondern auch andere Großveranstaltungen wie Stadtfest und Weihnachtsmarkt beworben werden können. Seit 1995 gibt es die offizielle Kirmeseröffnung am Samstagmittag mit einem Rundgang der politischen Prominenz, Fassanstich und der Verteilung von Frei-Chips für die Fahrgeschäfte. Der prominenteste Gast war 1999 Angela Merkel, noch als CDU-Generalsekretärin, die mit Wolfgang Bosbach und Burkhardt Unrau eine Runde auf dem Kettenflieger drehte.

Und was hat die Kirmes zum Vereinsjubiläum zu bieten? Mittelpunkt ist Rupperts Frisbee, ein Fahrgeschäft, das Tempo, Adrenalin und Schwerelosigkeit bietet. Der Breakdancer entlässt seine Fahrgäste mit einem kräftigen Drehwurm. Ein Klassiker ist der Autoscooter. Über Berg und Tal fliegen kann man mit dem Music-Express. Wer es einen Tick gemütlicher haben will, nimmt den Ringrenner, die Achterbahn für die ganze Familie im Formel-1-Stil. Aber auch Schwanenflieger, die unverzichtbare Schweinchenbahn, Karussell, Babyflug und Barockflieger dürfen nicht fehlen.

Das Ganze samt kulinarischem Rahmen und atmosphärischem Begleitprogramm von der Losbude bis zum Schießstand, dauert vom 8. bis 11. Juni und endet am Dienstag gegen 22.30 Uhr mit dem größten Kirmesfeuerwerk aller Zeiten (zumindest an der Strunde). Das gönnt der Schaustellerverein seinen Gästen zum Geburtstag.

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