Bergisch GladbachZanders-Aus könnte zu steigendem Wasserpegel führen

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Die große Pumpstation gegenüber dem Bergischen Löwen.

Die große Pumpstation gegenüber dem Bergischen Löwen.

Bergisch Gladbach – In den vergangenen Jahren konnte man rund um Weihnachten beobachten, was passiert, wenn die Pumpen von Zanders abgestellt werden: Der Grundwasserspiegel stieg innerhalb von wenigen Tagen. In der Tiefgarage des Bergischen Löwen stand das Wasser, auch in einem Fahrstuhlschacht. Wenn die Pumpen dauerhaft abgestellt werden, so die Prognose, würden auch etliche Keller in der Innenstadt volllaufen.

Der Geschäftsführer des Gladbacher Strundeverbandes, Martin Wagner, hat seit Jahren mehr als ein Auge auf die Gladbacher Pumpen. „Die Thematik begleitet uns schon sehr lange.“ Und seit einem Jahr untersucht er mit Bohrungen die Grundwasserströmungen. Der Verband ist in Gladbach für das Grundwasser und die oberirdischen Gewässer zuständig. Wagner will wissen, welche Grundwasserbecken zusammenhängen, um möglichst exakt voraussagen zu können, was der endgültige Stopp von Zanders Pumpen für Auswirkungen hat. Es geht dabei in erster Linie um die Pumpen an der Buchmühle und am Quirlsberg. Die Pumpen weiter oberhalb der Strunde haben laut Wagner keine Auswirkungen auf das Grundwasser-Niveau in der Innenstadt.

Rechtliches Dilemma

Aber zuerst einmal ist ein rechtliches Dilemma zu klären. Die Papierfabrik Zanders hat nur das Recht Wasser abzupumpen, wenn es für die Produktion notwendig ist. Zu Hochzeiten des Werkes waren das 7,5 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr – zuletzt dann nur noch drei Millionen Kubikmeter. Die Produktion der Papierfabrik ist seit dem 30. April komplett eingestellt und ergo dürfte nach den Buchstaben des Gesetzes kein Wasser mehr gepumpt werden. Aber die Pumpen laufen. Marc d’Avoine, der Verwalter aus der ersten Insolvenz, erklärt warum: „Um die Papiermaschinen zu erhalten, zu reinigen, muss weiter Wasser fließen.“ Deshalb ist auch das Klärwerk von Zanders noch in Betrieb. D’Avoine geht es um die Verwertung der Maschinen und den Erhalt der Immobilie.

Alles zum Thema Zanders Papierfabrik

Wagner ist sicher, dass die laufenden Pumpen kein Dauerzustand sind. „Wir stehen im Kontakt mit dem Kreis und von dort kommen die Signale, dass die Pumpen abzustellen sind.“ Immerhin geht es hier um eine künstliche Senkung des Grundwasserspiegels. Der Kreis sieht die Verantwortung letztlich bei der Bezirksregierung.

Etlichen Häusern droht Schaden

Spätestens wenn die Maschinen abgebaut sind, gibt es für Insolvenzverwalter d’Avoine keinen Grund mehr, weiterzupumpen. Er muss dafür auch Personal vorhalten, Strom bezahlen und die Pumpen instand halten. Fakt ist, dass für etliche Häuser erhebliche Schäden drohen. Für wie viele, lässt sich noch nicht genau sagen. Denn es ist nicht klar, welche Grundwasserbecken zusammenhängen. Genauso unklar ist, wer denn nach d’Avoine den Weiterbetrieb organisieren und vor allem, wer ihn bezahlen soll. Was das kostet, ist ebenfalls unklar.

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Im Ruhrgebiet laufen die Pumpen nach dem Zechensterben schon seit Jahrzehnten. Damit wird verhindert, dass die Stollen volllaufen und dann zusammenbrechen - ohne Pumpen entstünde eine Seenlandschaft. In Gladbach würde die Tiefgarage Bergischer Löwe zu einem Swimmingpool.

Zanders und das Wasser – eine lange, problematische Geschichte

Das Papierunternehmen Zanders und seine Folgen für das Grundwasser haben auch früher schon für Diskussionen gesorgt. Allerdings unter genau umgekehrten Vorzeichen. Jahrzehntelang befürchtete man nicht Überschwemmungen, sondern starke Grundwasserabsenkungen mit gravierenden Folgen für Mensch und Natur. Seit Zanders um 1900 begonnen hatte, im Quellgebiet der Strunde Wasser für die Papierproduktion aus Tiefbrunnen abzupumpen, beobachtete man mit Sorge, dass der Fluss weniger Wasser führte. Mit Ausbau des Werks Gohrsmühle stieg der Wasserverbrauch unaufhaltsam und damit die Angst, dass der Stadt das Wasser abgegraben werden könnte.

Anfang der 1990er Jahre sprachen Umweltschützer von „russischem Wasser-Roulette“ und unkalkulierbaren Risiken durch den großen Durst der gigantischen neuen Papiermaschine PM3 sowie durch Tiefenbohrungen auf dem Areal: Eine dramatische Absenkung des Grundwasserspiegels im Stadtgebiet könne die Folge sein. In der Cederwaldstraße waren Setzrisse an Gebäuden festgestellt worden. Gutachten wurden gefordert und Pumpversuche gestartet. Der Wasserverbrauch des damals noch wichtigsten Arbeitgebers in der Stadt beschäftigte die politischen Gremien auf allen Ebenen.

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