GleisanschlussTeurer Kirmes-Kreisel in Bergisch Gladbach wird überflüssig

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Der Zug fuhr quer durch den Kreisverkehr auf das Zanders-Gelände. Dafür wurden zahlreiche Schranken gebaut.

Der Zug fuhr quer durch den Kreisverkehr auf das Zanders-Gelände. Dafür wurden zahlreiche Schranken gebaut.

Bergisch Gladbach – Die Tage für den Gleisanschlusses der Firma Zanders sind gezählt – und mit dem Gleisanschluss auch die Tage des Kirmes-Kreisels. Denn ohne Gleisquerung sind auch die aufwendigen Sicherungseinrichtungen (23 Ampeln, 14 Schranken und Lautsprecher) bald überflüssig.

Die Stadt kann sich schon einmal überlegen, ob und wie sie das alles zurückbauen wird. Zur Erinnerung: 330.000 Euro hat das einzigartige Bauwerk gekostet.

Auslöser ist der Energieschwenk bei Zanders. Denn das alte Kohlekraftwerk soll in absehbarer Zeit in ein Gaskraftwerk umgebaut werden. „Das ist betriebswirtschaftlich absolut notwendig“, erklärt Lennart Schley, Zanders-Geschäftsführer. Um das zu verstehen, reicht es, sich die Preisentwicklung von Steinkohle in den vergangenen Monaten anzusehen: Kohle ist allein in diesem Zeitraum um 80 Prozent teurer geworden. Und Kohle führt die Hitliste teurer gewordenen Rohstoffe an – gefolgt von Milch und Zucker.

Nachfrage nach Kohle steigt

Zanders bekommt hautnah zu spüren, dass in China die Minen geschlossen worden sind. Gleichzeitig wurden neue Stahlwerke eröffnet. Die Nachfrage nach Kohle steigt also weltweit. In Deutschland gilt Steinkohle als auslaufender Energieträger. Vor diesem Hintergrund ist Umstellung auf Gas bei Zanders nur noch eine Frage der Zeit. Globalisierung findet eben vor der Haustür statt.

Die Geburt des „Kirmes-Kreisels“

Bei den ursprünglichen Plänen für den Driescher Kreisel waren vier Fahrten pro Tag einkalkuliert. Angewandt wurden die Bestimmungen der „Eisenbahnkreuzungs-Verordnung“. Nach dieser Verordnung waren die Ampeln, Schranken und Lautsprecher eben notwendig. Die Stadtverwaltung Bergisch Gladbach erklärte 2008: „Wir wollten diesen Aufwand nicht treiben, aber wir mussten uns der Rechtslage beugen.“ Allerdings wurde auch argumentiert, dass man lieber aufwendiger bauen wolle, als später nachzurüsten. Für ein oder zwei Züge im Monat, die auch noch abends fahren, wäre die große Zahl von Ampeln, Schranken und Lautsprechern nicht nötig gewesen. Aber man wollte auf Nummer sicher gehen. Das Nachrüsten für den Fall einer häufigen Kreuzung des Kreisels durch Züge sei extrem teuer.

Die Baukosten von 330.000 Euro wurden damals gedrittelt. Die Stadt, Zanders und das Land zahlten jeweils 110.000 Euro. Allerdings holte sich die Stadt über Förderanträge 77.000 Euro vom Land zurück. So blieben am Ende 33.000 Euro, die aus der Stadtkasse bezahlt werden mussten.

Derzeit bezieht Zanders seine Kohle aus Kolumbien. Das hängt mit den Anforderungen an die Kohle zusammen. Schley: „Wir können nur Kohle mit einem sehr hohen Brennwert gebrauchen.“ Ein eigenes Gasheizwerk würde das Unternehmen unabhängig von diesen Entwicklungen machen. Schley: „Wir brauchen die Planungssicherheit und wir brauchen die Ersparnisse.“

Das Unternehmen befindet sich laut Schley auf einem guten Weg. Aktuell wird über einen Großauftrag aus den USA verhandelt. Dort hätten zwei große Papierfabriken geschlossen und in die hinterlassene Lücke wolle man stoßen. „Es geht um die Nachfrage von Spezialpapier für Tintenstrahldruck.“ Sechs Wochen brauche das Papier von Zanders bis in die amerikanische Werke. Noch sind nicht alle Verträge unterzeichnet, aber nach Schley sieht es gut aus.

Unabhängig von diesem Amerikageschäft könnte man derzeit noch eine zusätzliche Schicht einführen. Schley: „Aber es mangelt an qualifiziertem Personal.“ Das Unternehmen suche nach Fachkräften, aber auch Auszubildende.

Zahl von 300.000 Tonnen wurde nie erreicht

Ein möglicher Aufschwung bei Zanders wird aber nicht dazu führen, dass der Gleisanschluss über den Driescher Kreisel wieder genutzt wird. Wenn der letzte Zug mit Kohle aufs Werkgelände rollt, wird hinter ihm das Werkstor und ein Stück Firmengeschichte geschlossen.

Im vergangenen Jahr wurde bereits der Gleisanschluss im Gewerbegebiet Zinkhütte zurückgebaut. Es war das Ende des Güterterminals Zinkhütte. Auch diese Entwicklung hatte unmittelbar mit Zanders zu tun. Ursprünglich war geplant, dass Züge mit Kohle und Zellstoff über den Driescher Kreisel ins Werk fahren sollten. Von dort ging es nicht leer zurück, sondern zum Güterterminal Zinkhütte, wo Zanders-Produkte aufgeladen werden sollten. 300.000 Tonnen wollte Zanders über den Güterterminal umschlagen. Diese Zahl wurde niemals erreicht. Es ging mit der Nutzung der Schiene immer weiter bergab. Nun scheint das Ende endgültig erreicht.

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