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Jacques TillyHebborner Buure ließen sich die Technik des Wagenbaus erklären

Lesezeit 3 Minuten
Michael Fröhlingsdorf und Barbara Höfelmanns mit dem Rohbau ihrer Figur für den neuen Karnevalswagen.

Michael Fröhlingsdorf und Barbara Höfelmanns mit dem Rohbau ihrer Figur für den neuen Karnevalswagen.

Jacques Tilly hat die Kanzlerin ausgezogen, die AfD als Wolf im Schafspelz gezeigt und sich mit seinen politisch herrlich unkorrekten Figuren auf den Wagen beim Düsseldorfer Rosenmontagszug deutschlandweit einen Namen gemacht. Bei diesem Meister seines Fach haben zwei Hebborner Buuren sich zeigen lassen, wie derartige Großplastiken entstehen.

„Das Festkomitee Kölner Karneval bietet keine Kurse an, in denen man lernen könnte, wie Wagenbau funktioniert. Deshalb haben wir bei Jacques Tilly in Düsseldorf angefragt“, erklärt Michael Fröhlingsdorf, zweiter Vorsitzender der Bergisch Gladbacher Karnevalsgesellschaft, die wieder zu einer wagenbauenden werden möchte.

„Wir haben heute den festen Vorsatz, möglichst weit zu kommen“, macht sich Fröhlingsdorf auf der Fahrt nach Düsseldorf selbst Mut. Gemeinsam mit Barbara Höfelmanns will er innerhalb von zwei Tagen lernen, wie man Großplastiken baut. Denn so nennt Tilly nicht nur seine Firma, sondern auch seine Erzeugnisse. Schon bei der Einführung wird klar: Es ist ein umfangreiches Unterfangen. Von der Düsseldorfer Leichtbauweise ist da die Rede und von grundlegenden Techniken, die alle der 25 Teilnehmer lernen werden.

Die Teilnehmerschar in der Werkstatt ist so bunt wie die Wagen in der daneben liegenden Halle: eine Künstlerin, die etwas Wetterfestes zur Dekoration ihres Gartens herstellen möchte, ist ebenso dabei wie eine Kostümbildnerin, die wegen der Erkrankung ihrer Bühnenbaukollegin den Auftrag hat, einen tragbaren Pferdekopf zu bauen. Aber natürlich nehmen auch Karnevalsgesellschaften wie die Hebborner Buure teil, die sich Tipps erhoffen. Der erste Tag geht schnell herum, Tilly gibt einen Überblick über die Techniken, erklärt, wie aus Kaninchendraht und Holzstäben zur Stabilisierung der Unterbau einer jeden Figur hergestellt wird. „Das ist Bildhauerei mit Maschendraht“, findet er und stellt klar, dass es ohne eine technische Zeichnung des Objekts nicht geht: „Die Maßstäblichkeit ist wichtig.“ Ist der Unterbau geschafft, geht es ans Kaschieren. „Über den Draht kommt nur eine Schicht Papier, darauf wird kaschiert“, erklärt Tilly und beendet den Rundgang mit den Teilnehmern in einer Halle, in der Figuren, die nicht wiederverwendet werden, abgerissen werden.

Blick in das Innenleben

Dort können die angehenden Wagenbauer einen Blick in das Innenleben der Figuren werfen und bekommen eine erste Ahnung, wie aufwendig es wird, ihre Pläne umzusetzen. „Niemand wird dieses Wochenende seine Arbeit beenden können“, warnt Tilly, bevor sich alle daran machen, ihren Ideen mit Maschendraht Form zu geben.

Am zweiten Tag zeigen die Fachleute Kaschiertechniken, es kommen Haftputz, Glasfaser und andere Materialien zum Einsatz. Gezeigt wird der Unterschied zwischen Reliefs, die in Düsseldorf die Seiten der Karnevalswagen zieren, und den Großfiguren, die es auch in Bergisch Gladbach auf einigen Wagen gibt.

„Wir haben uns echt bemüht, sind Samstag auch erst nach 20 Uhr zurückgefahren, aber wir haben nur eine Figur fertig bekommen“, sagt Michael Fröhlingsdorf am Tag nach dem Workshop. Genauso erging es den anderen Teilnehmern.

Für die Hebborner bedeutete das, einen Kleinbus zu organisieren, mit dem die beiden Plastiken zurück an die Strunde transportiert wurden. Hier werden sie nun vollendet. „Es geht irre viel Zeit mit dem Materialbiegen drauf. Wenn du einmal weißt, wie du es einsetzt, geht es besser“, berichtet Fröhlingsdorf. Neben vielen Tricks und Kniffen, etwa dem richtigen Einsatz von Airbrush oder Pinsel, bekamen alle Teilnehmer Bezugsadressen für die Farben und anderen Werkstoffe genannt.

„Die Farben sind so brillant, das kann man mit Abtönfarbe aus dem Baumarkt nicht erreichen“, schwärmt Fröhlingsdorf, der wie seine Mitstreiterin den Kurs selbst bezahlt hat, immerhin 360 Euro pro Person. Trotzdem sind die sieben Kurse, die pro Jahr in Düsseldorf stattfinden, immer voll. „Wir würden gerne noch Aufbaukurse geben, in denen wir das ganze vertiefen könnten, aber das funktioniert leider zeitlich nicht“, sagt Tilly bedauernd. Denn sein zehnköpfiges Team hat ja auch noch ein paar Wagen zu bauen.

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