JugendlichePöbel-Partys auf dem Refrather Kirchplatz – Anwohner sind verärgert

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Gut sichtbar ist der Vandalismus auf dem Kirchplatz in Refrath an dem abgebrochenen Arm der Jesus-Figur. Egon Plattner vom Kirchenvorstand hofft auf die Hilfe von Polizei und Stadt.

Gut sichtbar ist der Vandalismus auf dem Kirchplatz in Refrath an dem abgebrochenen Arm der Jesus-Figur. Egon Plattner vom Kirchenvorstand hofft auf die Hilfe von Polizei und Stadt.

Bergisch Gladbach – Immer wieder gibt es im Gebiet rund um die Straße Siebenmorgen in Refrath Ärger: Jugendliche verwandeln die Gegend regelmäßig in eine Partyzone. Anwohner sind völlig entnervt und fürchten um ihre Sicherheit. Sogar ein privat eingesetzter Wachdienst auf dem Kirchplatz brachte keine Abhilfe. Einen Brennpunkt sehen aber weder die Polizei noch die Stadtverwaltung in dem Areal.

Für die Probleme sorgen Jugendliche und junge Erwachsene aus Refrath und Köln: weggeworfene Flaschen und Glasscherben, Ruhestörung durch laute Musik bis spät in der Nacht, Sachbeschädigungen und Schmierereien. Ihren Ausgang nehmen die unschönen Szenen meist vor dem Rewe-Lebensmittelmarkt am Siebenmorgen, wo sich die Gruppe junger Leute vor allem an Wochenenden mit reichlich Alkohol versorgt, wie Anwohner berichten. Von dort verlagern sich dann die lautstarken Feiern auf benachbarte Areale wie die überdachte Anlieferrampe an der Rückseite eines Drogeriemarktes oder den Kirchplatz von St. Johann Baptist.

Privaten Sicherheitsdienst bestellt

Seit einem halben Jahr geht das schon so. „Die Trinkgelage auf dem Kirchplatz sind längst zur Gewohnheit geworden“, sagt Egon Plattner vom Kirchenvorstand. Flaschenscherben auf dem Platz, Graffiti an der Wand der katholischen Kindertagesstätte, die Reste verbrannter Bücher aus der Bücherbox, zerstörte Befestigungen von Jalousien – das sind die Hinterlassenschaften der Gruppe, die Hausmeister und Küsterin Wochenende für Wochenende beseitigen müssen.

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Nachdem im Juli ein Mann von drei Jugendlichen überfallen worden war, hat die Kirchengemeinde für einige Wochenenden einen Sicherheitsdienst engagiert. „Aber die Kontrollen haben nichts gebracht“, sagt Plattner. Taucht der Wachmann auf, verziehen sich die Jugendlichen. Sobald die Luft rein ist, gehe die Party weiter, schildert Plattner die Situation. Der Wachdienst ist wieder abbestellt.

Am vergangenen Samstag ist die Sache weiter eskaliert. „Bei lauter, aggressiver Musik haben Jugendliche Dosen und Flaschen über das Pflaster gekickt“, berichtet Kaplan Kai Amelung, der über dem Pastoralbüro mit Blick auf den Kirchplatz wohnt. Etwa 30 Leute hatten sich versammelt. Sie zündeten Böller und rüttelten an den Streben der Sonnenschirme. Alkoholisierte Jugendliche setzten sich in einen Einkaufswagen und ließen sich über den Platz schleudern – dabei kamen sie nahe an die Fensterfront des Pfarrsaals. „Da war meine Toleranz zu Ende“, sagt Amelung. Er alarmierte – wie schon so oft zuvor – die Polizei.

Für die Polizei war es bereits der zweite Einsatz an diesem Wochenende: An der Linden-Apotheke am Siebenmorgen wurde in der Nacht zum Samstag die Leuchtreklame über dem Eingang zerdeppert. Eine Woche vorher, am 4. Januar, hat ein junger Mann Mülleimer vor dem Rewe-Markt mit Fußtritten abgerissen, wie Anwohner Waldemar Kaps-Kusche aus seinem Fenster beobachtet hat. „Als die Polizeiwagen vorfuhren, rannten die Jugendlichen weg“, erzählt er, „wir können nicht mehr schlafen, vor allem unsere Kinder nicht. Ständig stehen da trinkende und pöbelnde Jugendliche.“

Polizei verzeichnet deutlichen Anstieg der Einsätze

Die Polizei verzeichnet zwar einen deutlichen Anstieg der Einsätze, stuft den Ort aber nicht als kriminellen Schwerpunkt ein. Der Einsatz am vergangenen Wochenende endete damit, dass die Personalien von 18 Jugendlichen aufgenommen wurden. Die meisten seien im Alter zwischen 14 und 16 Jahren gewesen, berichtet Polizeisprecherin Sheila Behlert. Sie mussten unter Aufsicht der Beamten ihren Müll wegräumen.

Solange die Gruppe nicht dabei erwischt werde, wie sie Straftaten begehe, könnten die Polizeibeamten nichts unternehmen. „Wir haben aber ein Auge auf das Areal“, sagt Behlert. Durch häufige Kontrollen werde der Treffpunkt meist schnell uninteressant.

Bei der städtischen Ordnungsbehörde und beim Jugendamt seien die störenden Zusammenkünfte unbekannt, sagt Stadtsprecher Martin Rölen. Gleichwohl wolle die städtische Ordnungsbehörde solche Störungen zukünftig verstärkt bekämpfen. Zwar gebe es zurzeit noch keinen Schichtdienst bei der Stadtwacht: „Das wird sich aber im Laufe dieses Jahres ändern“. Im Stellenplan 2018 seien drei zusätzliche Stellen vorgesehen, berichtet Rölen. Insgesamt sechs Stadtwächter könnten dann eingesetzt werden. Ein Konzept für die Einsatzplanung solle Mitte des Jahres von der Politik verabschiedet werden.

Nach Ansicht der Nachbarn und auch der Geschäftsleute besteht jedoch dringender Handlungsbedarf. Auch zum Schutz der Jugendlichen: Denn einige mussten im Vollrausch im Krankenwagen abgeholt werden. Die Anwohner – darunter ist auch die Kirchengemeinde St. Johann Baptist– wollen sich jetzt an Bürgermeister Lutz Urbach wenden mit der Bitte, ein Konzept zu entwickeln, um der fortwährenden Belästigungen Herr zu werden. Die Befürchtung ist, dass sich die Szene rund um den Siebenmorgen dauerhaft etabliert und das Areal zu einem „Angstraum“ werden könnte: „Solchen Verhältnissen muss frühzeitig entgegengewirkt werden“, sagt Daniel Kirchenmayer, Vorsitzender der IG Refrather Handel.

„Wir haben uns große Mühe gegeben, mit dem Kirchplatz einen Ort mit hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen“, sagt Barbara Voll-Peters, Vorsitzende des Pfarrgemeinderates. Auch die Jugendlichen seien willkommen. „Aber sie müssen sich benehmen“, sagt Voll-Peters. Inzwischen sei es schon so weit gekommen, dass einige Leute einen Bogen um den Platz machten, weil sich nicht sicher fühlten. Die Messdiener seien auch verunsichert, weil sie angepöbelt worden seien. Alle Versuche, mit den aggressiv auftretenden, angetrunkenen und oft bekifften Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, seien ohne Wirkung geblieben. Voll-Peters: „Die Stadt muss sich jetzt einschalten.“

Freizeitangebot

Für Jugendliche in Refrath gibt es laut Stadtverwaltung Angebote nicht weit entfernt vom Kirchplatz: Der Krea-Jugendclub An der Wolfsmaar sei eine von sieben Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit in Bergisch Gladbach, die mit öffentlichen Mitteln gefördert würden. Auch die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg mache in Refrath Freizeitangebote für Jugendliche. (ub)

Mehr Einsätze

Die Polizei verzeichnet im Dezember einen deutlichen Anstieg ihrer Einsätze. Zehn davon können der Jugendgruppe zugeordnet werden: Ruhestörung, Sachbeschädigung, eine Schlägerei. Im November gab es fünf Einsätze. Die Monate seit Juli bis dahin waren unauffällig gewesen, sagt Sprecherin Sheila Behlert. Die Polizei bittet darum, dass jeder Vorfall gemeldet und angezeigt wird. (ub)

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