KlärwerkBergisch Gladbach modernisiert seinen Abwasserbereich für 200 Millionen Euro

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Im Klärwerk Beningsfeld laufen die Abwasser-Massen zusammen. Die Unterhaltung der Anlage ist aufwendig.

Im Klärwerk Beningsfeld laufen die Abwasser-Massen zusammen. Die Unterhaltung der Anlage ist aufwendig.

Bergisch Gladbach – Eine Zahl mit neun Stellen vor sich herzutreiben, ist für jedes Unternehmen keine angenehme Geschichte.

Das Abwasserwerk der Stadt Bergisch Gladbach macht da keine Ausnahme. In den nächsten Jahren muss der Eigenbetrieb an vielen Stellen kräftig ins Abwassernetz investieren, modernisieren und sanieren; auch im Klärwerk von Refrath sind Baumaßnahmen unterschiedlichster Art erforderlich. Für die Ableitung des Regenwassers und für den Bau von Rückhaltebecken sind ebenfalls Tausende an Euro aufzubringen.

Regenwasser muss getrennt vom Abwasser abgeleitet werden – auch diese Trennung kostet Geld.

Regenwasser muss getrennt vom Abwasser abgeleitet werden – auch diese Trennung kostet Geld.

Was das alles genau kosten wird, lässt sich heute noch nicht auf Heller und Pfennig abschätzen. Möglich erscheint ein Kostenbetrag zwischen 150 und 200 Millionen Euro, vielleicht sogar deutlich mehr. In einer Kalkulation, die der Gladbacher Stadtrat vor drei Jahren zur Kenntnis nahm, war von ziemlich genau 200 Millionen Euro die Rede.

Übersicht auf sieben Seiten

Eine siebenseitige Übersicht listete haarklein auf, was erforderlich ist für die Pflicht-Fortschreibung des Abwasserbeseitigungskonzepts bis ins Jahr 2026, insgesamt über 150 unterschiedliche Maßnahmen quer durch alle Stadtteile, vom Regenrückhaltebecken bis zur Schmutzwasserleitung.

Viel verändert hat sich an der Summe bislang noch nicht: Nach Nachfrage bei der Pressestelle der Stadt beläuft sich der Maßnahmenkatalog aktualisiert auf 197 Millionen Euro.

Jetzt könnten wir hier eine einfache Rechnung aufmachen: 197 Millionen Euro geteilt durch etwa 50 000 Gladbacher Haushalte. Bei dieser Kalkulation kommt ein Ergebnis von 3940 Euro heraus. Damit wären alle Maßnahmen auf einen Schlag kostendeckend beglichen. Sollten sich die Gladbacher also jetzt Rücklagen bereitlegen für ihr Kanalnetz? Das allerdings nicht. Oder zum Glück nicht, wie mancher Kreisstädter jetzt sagen wird. Auch galoppierende Gebühren, Steigerungen um 200 oder 300 Prozent, sind ausgeschlossen. Das Rechenbeispiel lässt nämlich eine zentrale betriebswirtschaftliche Sache außen vor: die Abschreibung.

Es ist nicht nur in Verwaltungen üblich, bei großen Baumaßnahmen die anfallenden Kosten über viele, viele Jahre aufzuteilen und entsprechend aufgesplittet in die Haushaltsbücher oder Geschäftsbilanzen der nächsten Jahre einzutragen. Abschreibefristen von 50 Jahren und mehr sind Usus. So geschieht es bei Schulsanierungen oder beim Neubau von Verwaltungsgebäuden. Die Kosten werden über die nächsten Jahre gestreckt und wandern entsprechend niedriger in die Haushaltsbücher.

Abschreibefristen variieren

Für die Stadtverwaltung betont Sprecher Martin Rölen, dass die Abschreibefristen eine sehr komplizierte Materie seien. Je nach Baubereich variierten die Fristen erheblich voneinander. „Das ist für den Elektrobereich anders als bei der Kanalsanierung oder für Rückhaltebecken.“ In der Verwaltungssprache gelte das Abwasserwerk als „kostenrechnende Einrichtung“: Über Jahre und Jahrzehnte liefen die Abschreibungen. Die Stadt bekomme auf diese Weise genügend Zeit, um erneut Kapital für Rücklagen zu bilden.

Abwasser-Konzept

Die Fortschreibung des Abwasserbeseitigungskonzepts für die Jahre 2015 bis 2020 und perspektivisch bis 2026 hat der Stadtrat in seiner Sitzung am 3. Dezember 2014 beschlossen. Insbesondere durch Maßnahmen zur Regenwasser-Rückhaltung und zur Regenwasserbehandlung stieg das Investitionsvolumen deutlich an.

Bis 2020 sind Maßnahmen von 120 Millionen Euro erforderlich, bis 2026 weitere 79 Millionen.

Im Oktober 2017 hatte der Beigeordnete Harald Flügge die Aufsichtsbehörden darüber informiert, dass die Stadt aus Personalgründen die Pflichtmaßnahmen nur nach Priorität abarbeiten könne. Das häusliche Abwasser bewerte er dringlicher als zum Beispiel die Maßnahmen zur Regenwasserbehandlung. Flügge erklärte, dass die Stadt einige Maßnahmen zeitlich verschieben müsse. (cbt)

Ganz aktuell hat die Stadt einige Sanierungsmaßnahmen an ein externes Ingenieurbüro vergeben, hauptsächlich aus Gründen der Personalnot im Abwasserbereich. Ein halbes Dutzend Fachleute plant dabei im Auftrag der Stadt. Für dieses Auftragsmodell seien die anfallenden Kosten aber ähnlich hoch wie bei einer internen Abwicklung, meint der Sprecher. Das Auftragsvolumen belaufe sich auf etwa drei Millionen Euro, dies werde zu keiner gravierenden Kostenerhöhung der Gebühren führen, wenn überhaupt.

Die Stadt stehe auch weiterhin in Kontakt zu den Oberbehörden, was das Konzept als Ganzes angehe. Eine exakte Kostensumme für die Jahre bis 2026 zu benennen, sei aber heute nicht möglich. Die Abwasserkosten der Stadt und damit die Gebühren für die Verbraucher würden trotz der umfangreichen Maßnahmen „nicht ins Uferlose explodieren“, sagt der Sprecher voraus. Dass es etwas teurer werden könnte, sei aber „grundsätzlich nicht auszuschließen“.

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