Knochenmark-Spende150 Schüler aus Bergisch Gladbach lassen sich typisieren

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Für Susanna Bichuch ist es selbstverständlich, sich als Spenderin registrieren zu lassen. Ein Wangenabstrich genügt.

Für Susanna Bichuch ist es selbstverständlich, sich als Spenderin registrieren zu lassen. Ein Wangenabstrich genügt.

Bergisch Gladbach – Es ist Dienstag, 12.30 Uhr, der Gong zur sechsten Schulstunde schlägt: Ein großer Pulk von Schülern des Bensberger Albertus-Magnus-Gymnasiums stürzt aus der Aula heraus, so als wäre jetzt endlich schulfrei. Doch die Jugendlichen stürmen nicht in die Freizeit. Sie wollen sich als Spender bei der Deutschen Knochenmarksspenderdatei (DKMS) registrieren lassen. Die Aktion haben die Schüler selbst initiiert.

Vor dem Nebenraum der Aula bildet sich schnell eine lange Schlange, so groß ist die Resonanz. Ein Bild, das Erika Dönhardt-Klein, wie sie sagt, „unter die Haut geht“. Die Biologielehrerin hat die Schüler bei der Organisation unterstützt. Schon vorab haben die Jugendlichen Spenden gesammelt, um die Aktion zu finanzieren. 750 Euro sind allein durch den Verkauf von Kuchen zusammengekommen.

Schicksal von Kölner Jungen gab den Anstoß

Unterstützt wird die Typisierung von der Bethe-Stiftung, die die Spenden bis zu einem Betrag von 1500 Euro verdoppelt. „Ich finde das Engagement der jungen Leute großartig“, sagt Roswitha Bethe, die persönlich vorbeigekommen ist. Am Ende sind es 150 Schüler, die sich typisieren lassen. Auch einige Lehrer, der Hausmeister und die Betreuerin der Bücherei machen mit.

Den Anstoß, aktiv zu werden, gab das Schicksal eines Jungen aus Köln. Der Zwölfjährige wartet dringend auf einen passenden Stammzellen-Spender, seine letzte Chance, um den Blutkrebs zu besiegen. „Ich hatte davon in der Zeitung gelesen“, erzählt Schülersprecherin Luisa Wibbeke, „ich dachte, vielleicht können wir auch irgendwann einem Menschen helfen, der an der gefährlichen Leukämie erkrankt ist.“ Und so entwickelte sich aus einem Kontakt zur DKMS die Kampagne, die gestern ohne besonderen Anlass stattgefunden hat.

Nicht jeder kann mitmachen

An zwölf Tischen geben die Schüler ihre Speichelproben ab. Niklas Fischer erklärt seiner Mitschülerin , wie sie die Stäbchen im Mund bewegen soll. Susanna Bichuch dreht es in der Wange hin und her, eine Minute lang, dreimal das Ganze. „Mit welcher Wange, du anfängst, kannst du dir aussuchen“, sagt Niklas.

Die Uhr läuft. Am Ende müssen die Stäbchen noch drei Minuten trocknen. „Am besten legst du sie selbst in das Kuvert“, erklärt Niklas, „damit ich nicht dran komme, sonst könnten die Proben verfälscht werden.“ Anschließend wird der Umschlag zugeklebt. „Ich finde das gut. Es könnte ja mich oder jemanden, den ich kenne, auch mal treffen“, sagt Susanna. Niklas selbst konnte sich nicht registrieren lassen. Er ist noch zu jung. Man muss mindestens 17 Jahre alt sein.

Eine andere Schülerin darf nicht mitmachen, weil sie das Mindestgewicht von 50 Kilogramm nicht erreicht. Die 17-Jährige ist enttäuscht: „Ich habe stattdessen Geld gespendet.“ An Blutkrebs können Menschen jeden Alters erkranken, bei Kleinkindern ist Leukämie sogar die häufigste Krebsart.

Student berichtet, wie er Stammzellen spendete

Diese Zusammenhänge hat Michelle Stolley, Mitarbeiterin der DKMS, den Schülern zuvor im Rahmen eines Vortrags vermittelt. Max Adams (23), Student aus Burscheid, berichtet eindrucksvoll von dem guten Gefühl, mit der Stammzellentnahme einem 62-jährigen Amerikaner das Leben gerettet zu haben.

Keine Verpflichtung

Über 7,9 Millionen Menschen sind derzeit bei der DKMS als Stammzellspender registriert. In Deutschland sind rund 5,5 Mio. Menschen bei der DKMS registriert. Seit Gründung der DKMS konnten mehr als 68 000 DKMS-Spender einem Patienten die Chance auf ein zweites Leben ermöglichen.

Inzwischen spenden täglich mindestens 19 DKMS-Spender Stammzellen.Die bloße Registrierung bei der DKMS beinhaltet nicht die bindende Verpflichtung zu einer tatsächlichen Stammzellspende. Denn oft kommt es erst nach Jahren zu einer Anfrage für eine Spende. Es könnten Krankheiten aufgetreten sein. (ub)

„Ich hätte das schon längst machen sollen“, sagt Lehrer Daniel Klisch, „es ist so einfach und so effektiv, anderen Menschen zu helfen.“ Die Stäbchen werden ins Dresdner Labor der DKMS geschickt. „Sie müssen nicht gekühlt, sondern nur in trockener Umgebung aufbewahrt werden“, sagt Michelle Stolley. Nach Auswertung werden die Daten in der weltweit zugänglichen Datei erfasst.

Nach etwa drei Monaten erhält man per Post den Spenderausweis und wird kontaktiert, sollte man als Spender infrage kommen. Auf die Frage, ob sie dann bei ihrer Entscheidung, Stammzellen zu spenden bleiben würde, sagt Susanna: „Das ist doch selbstverständlich.“

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