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Mit 16 Jahren im JugendzimmerSchüler gründet in Refrath eigenes Mode-Label

Lesezeit 5 Minuten
Warenlager und Versandzentrum im Jugendzimmer unterm Dach: Phil Mersch hat in den eigenen vier Wänden die Zentrale seiner noch kleinen Firma.

Warenlager und Versandzentrum im Jugendzimmer unterm Dach: Phil Mersch hat in den eigenen vier Wänden die Zentrale seiner noch kleinen Firma.

  • Phil Jason Mersch verkauft Produkte seines Labels „PJM“ online – mit 16 Jahren.
  • Die Geschäfte leitet der Schüler von seinem Jugendzimmer aus.
  • „Wenn ich was mache, dann mach ich es richtig“, sagt der Jungunternehmer und erklärt, wie seine Firma entstanden ist.

Bergisch Gladbach – Phil Mersch ist 16, besucht die elfte Klasse und spielt Fußball. Eigentlich ein ganz normaler Jugendlicher – wären da nicht die großen Kartons und die Versandtaschen in seinem Jugendzimmer unter dem Dach des Einfamilienhauses, in dem er mit seinen Eltern und Schwester Luna wohnt. Sein Zimmer nämlich ist nicht nur sein Zuhause, sondern zugleich auch die Denkschmiede, das Atelier und das Warenlager von „PJM Clothing“, Phils eigenem Modelabel.

„PJM“ für Phil Jason Mersch

Wenn andere Jungs seines Alters vielleicht Chillen oder am Computer zocken, plant Phil die nächste Frühjahrskollektion, bearbeitet Bestellungen oder verpackt T-Shirts, Sweatshirts oder Gym-Bags (Sport-Beutel) in Versandtaschen, um sie am nächsten Tag zur Post zu bringen. Vom ersten Design über den eigenen Businessplan bis zu den Anforderungen an den Versand hat sich der 16-Jährige das Know-how dafür selbst angeeignet.

Alles begann damit, dass Phil vor vier Jahren ein alter Fußball wieder in die Hände fiel. Darauf ein Schriftzug seiner Initialen: PJM, für Phil Jason Mersch. Sein Vater Thomas hatte das runde Leder damit beschriftet. „Ich habe mir davon eine Datei gemacht“, erinnert sich der 16-Jährige, „und auf eine Handyhülle gedruckt.“

Bald folgten T-Shirts. Günstige für zwei Euro das Stück, die Phil im Internet bestellt hatte und auf einer alten Textilpresse im eigenen Zimmer bedruckte. In der Schule fiel er damit auf. Freunde fanden die Klamotten cool, fragten Phil, was „PJM“ zu bedeuten habe. Die erste Nachfrage fürs eigene Mode-Label war geboren.

Aber: „Ich bin der Typ von Mensch, der etwas richtig macht – oder gar nicht“, sagt Phil. Billige T-Shirts oder andere Textilien bedrucken, die vielleicht unter menschenunwürdigen und ökologisch zweifelhaften Bedingungen produziert worden sind, das wollte der Jugendliche nicht.

Vor allem wollte er daran kein Geld verdienen. „So habe ich mit fünfzehneinhalb versucht, eine Firma zu gewinnen, die meine Sachen ökologisch und sozial fair produziert.“ Und von hoher Qualität. Denn: „Auch Pullover für 95 Euro von großen Sportherstellern sehen manchmal nach fünfmal waschen so aus, dass ich die nur noch zum Schlafen anziehen möchte.“ Bei seiner Mode sollte das nicht passieren.

Erster Geschäftskontakt, erster Business-Plan

Durch Zufall stieß der Refrather auf die Textildruckfirma Dakota im Kölner Süden. „Ich habe eine E-Mail hingeschrieben und sofort eine Antwort bekommen.“ Wenig später machte sich Phil auf dem Weg zum ersten Geschäftskontakt, mit seinem Vater. Nicht als Chauffeur, sondern weil er selbst für den Fall eines Geschäftsabschlusses ja gar nicht hätte unterschreiben können.

Vater Thomas allerdings hielt sich im Hintergrund, Sohn Phil bekam die komplette Druckerei gezeigt, informierte sich über die Arbeitsweise des nach „Global Organic Textile Standard“ zertifizierten Unternehmens, das bereits zahlreiche Fairtrade-Projekte betrieb.

Phil ließ sich verschiedene Muster zeigen, entschied sich zunächst für drei verschiedenfarbige Pullover und Gym-Beutel mit seinen Initialen. Der 15-Jährige rechnete, kalkulierte, erstellte einen eigenen Business-Plan, kratzte schließlich all sein Geld für das Startkapital zusammen und ließ seine erste Kollektion produzieren, für sein Label PJM Clothing.

Schulden schnell abgearbeitet

Anfang Dezember ging seine erste Kollektion online, im Internet-Shop seines Vaters. Die Werbung dafür besorgte Phil selbst, vom Fotoshooting mit Freunden und Verwandten bis hin zur Gestaltung von Auftritten in Soziale Medien. Die erste Bestellung kam aus Amerika.

„Mitte März war ich wieder auf null und hatte alle Schulden abgearbeitet“, erinnert er sich an den ersten Geschäftserfolg. Mitte Juni folgte die Sommerkollektion, nun mit zwei T-Shirt-Schnitten für Herren (ab 22,95 Euro) und einem für Frauen – und Sweatshirt-Kleidern (49,95 Euro).

Darauf die Buchstaben „PJM CLTHNG“ als vokalfreie Buchstabenreihe seines Modelabel-Namens und dem Schriftzug „by pjm“, der künftig als Qualitätsmerkmal alle Produkte auszeichnen soll. Vier Wochen später hatte Phil seine nächste Investition wieder reingeholt – und noch mehr Begeisterung für sein Unternehmen gewonnen.

Zurzeit stellt er gerade die Winterkollektion fertig. Auch eigene Initialen sollen sich Kunden bald auf ihre bei Phil georderten Kleidungsstücke drucken lassen können. Mode für Kinder „by pjm“ soll’s außerdem geben. Die Ideen gehen Phil so schnell nicht aus.

Nebenbei Fußballtrainer

Dabei ist das Modelabel keineswegs das einzige Hobby des 16-Jährigen. Beim FC Bensberg ist der Refrather Waldorf-Schüler auch als Jugendfußballtrainer aktiv, leitet zudem eine Fußball-AG in einer Moitzfelder Kita, er kocht gerne und gut – und ist leidenschaftlicher FC-Fan.

Lukas Podolski hat er auch mal ganz unkonventionell getroffen. Aber das ist eine andere Geschichte. Wie sagte Phil noch? „Wenn ich was mache, dann mach ich es richtig.“

Klar wäre er „nicht abgeneigt“, wenn es seine Kollektionen auch mal in Geschäften in Paris oder New York zu kaufen gäbe. „Aber ich sehe das realistisch: erst mal versuche ich, die Kunden über den Versand zu binden, in der Region, in Deutschland und Europa“, sagt der bekennende Nachtmensch, der dann am kreativsten ist, wenn andere längst schlafen.

An der Wand hängt sein Markenzeichen in Großformat, der Bilderrahmen mit dem Nationalelf-Trikot von Poldi steht auf dem Boden, auf dem Nachttisch ein Bild von Phils Freundin.

„PJM ist wirklich etwas, das ich mit Leidenschaft mache und sehr gerne“, sagt der 16-Jährige und packt einen der pjm-Aufkleber mit in die nächste Versandtasche. Die gehören zu jeder Lieferung dazu. So sieht es Phils Marketing-Konzept vor – entwickelt zwischen Schreibtisch, Bett und Computer in einem Jugendzimmer unterm Dach eines Refrather Einfamilienhauses.

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