Nach Kölner VorbildStadt Bergisch Gladbach plant Wohnraum über Parkplätzen

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Wohnungsmodell (Symbolbild)

Wohnungsmodell (Symbolbild)

Bergisch Gladbach – Bezahlbaren Wohnraum zu finden, ist mittlerweile wie ein Sechser im Lotto. Im Stadtgebiet von Bergisch Gladbach ist er seit langem kaum auszumachen. Gebaut werden meist nur teure Neubauwohnungen. Die kann sich nur eine Minderheit leisten.

Die politische Kooperation aus Grünen, SPD und FDP startet im Planungsausschuss am 22. Juni eine Offensive, die das Wohnen im Stadtbild verändern könnte. Die Idee ist nicht neu und auch in der Nachbarstadt Köln schon angekommen: Parkflächen als überbaubarer Wohnraum. Konkret geht es um fünf städtische Parkplätze, die in der Kreisstadt überbaut und künftig doppelt genutzt werden sollen. Die Parkplätze sollen für die Autos nutzbar bleiben, ab der ersten „Etage“ Wohnungen auf die Flächen aufgestockt werden. Unten parken, oben wohnen, das ist die Devise.

Die Stadt hofft, dass andere dem Beispiel folgen, viel Einfluss hat die Verwaltung nicht

Damit hatte die Dreierrunde schon im Wahlkampf 2020 überrascht, und mancher Bürger fragte sich bereits, was aus den Wohnungsvisionen wird. Sie sollen kommen, im Planungsausschuss steht ein Prüfauftrag an die Verwaltung an, angeschoben von den vier Fraktionschefs und -chefinnen Klaus W. Waldschmidt (SPD), Maik Außendorf (Grüne), Theresia Meinhardt (Grüne) und Jörg Krell (FDP).

Benannt werden fünf Parkplatz-Flächen im Stadtgebiet: der Park-and-ride-Platz am S-Bahnhof Duckterath, der Parkplatz an der Eissporthalle Saaler Mühle, der Parkplatz an der Hauptkreuzung Friedrich-Offermann/Overather Straße, der Park-and-ride-Platz in Lustheide/Refrath, der Parkplatz Buchmühle in der Stadtmitte und der Parkplatz Rotdornweg in Moitzfeld.

Kaum Einflussmöglichkeiten seitens der Verwaltung

Auf diese Weise sei es möglich, „zusätzlichen Wohnungsbaum zu schaffen“, begründen die drei Fraktionen. Die Stadt soll beim Bauen in die Luft gehen- dies auch, weil es keine anderweitig zur Verfügung stehenden Grundstücke im Eigentum der Stadt gibt. Einflussmöglichkeiten auf die Wohnungsentwicklungen hat man in der Verwaltung bislang kaum, ein „Handlungskonzept Wohnen“ ist seit etwa einem Jahr am Start.

Die Stadt soll mit dem neuen Projekt auch als Vorbild dienen. Andere Eigentümer sollen mit auf die Idee aufspringen. Der Gedanke, auch Parkplätze von Einkaufsmärkten auf diese Weise zu nutzen, liegt nahe. Solche Parkplätze gibt es reichlich in der Stadt.

Viele Fragen sind zu klären bis zur nächsten Sitzung des Ausschusses

Alles andere ist offen, Zahl der Wohnungen und Geschosshöhe, Machbarkeit, die Bauweise, soziale Bindung, vielleicht auch die die Frage des Straßenlärms. Bis Ende des Jahres sollen Ergebnisse vorliegen. Die letzte Sitzung des Planungsausschusses Ende 2021 (voraussichtlich 2. Dezember) soll Klarheit bringen: Funktioniert diese Idee überhaupt oder bleibt der Gladbacher Parkplatz-Wohnraum ein Wolkenkuckucksheim? Dabei sind die Flächen durchaus unterschiedlich. In Duckerath liegt der einzige Park-and-ride-Platz im Stadtgebiet für S-Bahn-Pendler (die Stadtmitte hat nichts dergeichen zu bieten).

An der Eishalle wird nicht nur von den Kufenfreunden geparkt, auch von den Gästen des benachbarten Mediterana-Thermalbades. Die Fläche an der Overather Straße in Bensberg ist eher klein, liegt aber an einer der am stärksten vom Autoverkehr belasteten Autostraßen der Kreisstadt. Ob die vorhandenen Parkflächen auch für die Autos der neuen Bewohner genutzt werden könnten, ist ebenfalls eine zu klärende Frage. Damit würden die Stellplätze für die bisherigen Nutzer eingeschränkt.

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Das könnte in Duckterath (270 Stellplätze) den Parkdruck erhöhen, werktags sind in normalen Zeiten ab etwa 8 Uhr sämtliche Plätze belegt. Viele Berufspendler sehen sich gezwungen, in die Wohnsiedlung auszuweichen. In der Vergangenheit war in Duckterath auch vom Bau eines Parkhauses oder eine Parkpalette die Rede. Mit dem geplanten Zehn-Minuten-Takt der S-Bahn wird der Zustieg für Berufspendler künftig noch attraktiver.

Die Ideengeber aus der Politik wollen als erstes den Spielball in die Verwaltung geben. Im Antrag zum neuen Wohnmodell ist von einer Vielzahl von „Bindungen und Rahmenbedingungen (technische, städtebauliche, gestalterische, juristische etc.“) die Rede. Die Verwaltung bekommt bewusst keine Vorgaben. Heißt: Sie kann bei den Wohnraumvisionen freihändig denken und planen. Alles ist erlaubt. Eine „Matrix“ soll zeigen, welche Parkplatz-Grundstücke zuerst entwickelt werden.

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