Noch FragezeichenBergisch Gladbacher Haushalt trägt Handschrift vom Bürgermeister

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Coronabedingt übernahm der Hauptausschuss im Bergischen Löwen die Aufgaben des Rates.

Coronabedingt übernahm der Hauptausschuss im Bergischen Löwen die Aufgaben des Rates.

Bergisch Gladbach – 42 Tagesordnungspunkte innerhalb von einer Stunde und 15 Minuten: In Rekordzeit stellte der Gladbacher Hauptausschuss die Weichen für das Jahr 2021. Wir fassen die wichtigsten Entwicklungen zusammen.

Was ist an dem Gladbacher Haushalt 2021 so besonders?

Es ist der erste Haushalt, der den Fingerabdruck des neuen Bürgermeisters Frank Stein trägt. Er und das ihn unterstützende Bündnis aus Grünen, SPD und FDP haben sich vorgenommen, Gladbach ein Stück weit neu zu erfinden. Die Rede ist von von einem „Haushalt des Aufbruchs“.

Und ist es ein Aufbruch?

Sicher, aber wohin? Für 100 Millionen Euro wird die Stadt neue Kredite aufnehmen. Nach vielen Jahren der Haushaltssicherung steht auf einmal richtig viel Geld zur Verfügung. Und das ist in erster Linie dem von Stein eingeführten – da war er noch Kämmerer – Buchungen nach dem „Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren“ zu verdanken. Im Detail ist das kompliziert, mit einem einfachen Effekt: Auf dem Papier kann sich die Stadt reicher rechnen.

Wofür wird das viele Geld denn ausgegeben?

Die Liste ist lang – denn Gladbach hat in vielen Bereichen großen Nachhol- und Sanierungsbedarf. Das Geld fließt in neue Straßen, in die Schulen, ins Personal. Es wirkt wie ein große Schub, den Gladbach bekommt.

Wo wird das der Bürger den schnell sehen?

Beschlossen ist etwa der Neubau des Schwimmbads Mohnweg. In Frankenforst wird eine neue Feuerwehrwache gebaut.

Und weniger sichtbar?

Die Gladbacher Verwaltung wird personell kräftig erweitert. Beschlossen wurden 80 neue Stellen – es sind dann insgesamt 1320 Stellen. Die Verwaltung will sich digital neu aufstellen. Und es laufen die Vorbereitungen für Neubau und Sanierungen bei den Schulen. Das dauert alles – aber eingeleitet sind mit dem Haushalt 2021 auch dort entscheidende Veränderungen.

Also gut angelegtes Geld?

Die Vertreter von Grünen, SPD und FDP sagen eindeutig ja. Mit Bauchschmerzen stimmten auch Bürgerpartei und Freie Wähler zu. CDU und AfD stimmten gegen den Haushalt. Michael Metten von der CDU – er ist ja in der ungewohnten Rolle des Oppositionsführers – spricht von einem „Haushalt der Unverbindlichkeit“. Und tatsächlich muss man nicht bösartig veranlagt sein, um diesen Haushalt auch als eine Art „Wünsch dir was“ zu beschreiben – da hat Metten schon recht. Vieles ist angekündigt und es bleibt abzuwarten, was auf welche Weise Wirklichkeit wird. Aber: Angepackt wird viel!

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Was sind denn die ganz großen Unbekannten?

Das ist die Entwicklung bei Zanders und beim Stadthaus. Bei Zanders wartet die Stadt ab, wie die zweite Insolvenz der Papierfabrik läuft. Beim Stadthaus hat der Hauptausschuss eine Entscheidung getroffen, deren Auswirkungen noch gar nicht abzusehen sind: den kompletten Neustart. Mehr als fünf Jahre Planungen, inklusive Architektenwettbewerb werden auf Null gesetzt. Das wird sich ganz konkret auswirken, denn das Architekturbüro Auer Weber wird ausbezahlt werden müssen. Öffentlich war von eine Million Euro die Rede, die die Vertragsauflösung kosten könnte. Nach Informationen dieser Zeitung geht die Stadt inzwischen von drei Millionen aus.

Ist es trotzdem die richtige Entscheidung? Das Projekt war finanziell ohne Kostendeckung aus dem Ruder gelaufen?

Das ist wirklich ganz schwer zu sagen. Es gibt einen Entwurf, der Fachleute überzeugte, ja begeisterte. Und das wirklich renommierte Büro Auer Weber hat seine Bereitschaft zu Änderungen mehrfach erklärt. Aber Stein sah keine Möglichkeit, den Entwurf zu retten. Sowohl bei Grünen, bei der SPD und der FDP gab es Stimmen gegen den Kurs von Stein – letztlich stimmten die drei Fraktionen aber geschlossen ab. Doch das letzte Wort ist noch gesprochen.

Inwieweit?

Die CDU hat angekündigt, genau darauf zu achten, ob der neue Entwurf denn wirklich schöner, praktischer und vor allem preiswerter wird. Und das ist auch richtig so. Der Bürgermeister wird sich später an der Entscheidung vom März 2021 messen lassen müssen.

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