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Plötzlich Schluss mit KunstAtelierhaus im Technologiepark wird zwangsgeräumt

Lesezeit 4 Minuten
Vor der Tür müssen Beatrix Rey (r.) und Lydia Czeranski warten, bis der Wachdienst die Tür öffnet. Sie dürfen nur noch ihre Sachen aus den Ateliers holen, nicht mehr dort arbeiten.

Vor der Tür müssen Beatrix Rey (r.) und Lydia Czeranski warten, bis der Wachdienst die Tür öffnet. Sie dürfen nur noch ihre Sachen aus den Ateliers holen, nicht mehr dort arbeiten.

Bergisch Gladbach – Fassungslos stehen Lydia Czeranski und Beatrix Rey vor der Tür des Atelierhauses A 24 im Technologiepark Bensberg. Ein junger Mann vom Wachdienst versperrt den Weg.

Die Künstlerinnen dürfen nicht in ihr Atelier: Ab sofort geschlossen. „Sämtliche Mieter müssen das Gebäude kurzfristig verlassen,“ teilt Nike Boch mit, die Projektmanagerin des Immobilienunternehmens Beos, das den Technologiepark Ende 2017 übernommen hat.

Die weitere Nutzung der Immobilie sei aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht mehr zulässig. Der Brandschutz hat gesprochen: Es bestehe Gefahr für Leib und Leben.

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Kurator schäumt vor Wut

Karsten Panzer, Kurator und Manager des Atelierhauses, in dem derzeit 26 Künstler arbeiten, schäumt vor Wut. „Seit zehn Jahren geht der Brandschutz hier jedes Jahr durch. Wir wissen ja auch, dass es hier marode ist. So eine Schließung kann man doch mit einem Vorlauf verfügen,“ findet Panzer.

„Aber dass wir von einem Tag auf den anderen auf die Straße gesetzt werden, das ist unglaublich.“ Erst am Dienstagnachmittag wurde er informiert.

Warum die Eile? Der anwesende Brandschutzexperte will sich dazu nicht äußern und verweist an die Parkverwaltung. „Neben den festgestellten Gebäudeschadstoffen haben die durch das Brandschutzgutachten aufgeworfenen Sicherheitsbedenken ein schnelles Handeln erforderlich gemacht,“ lässt die Projektmanagerin wissen, ohne ins Detail zu gehen. „Wir verstehen, dass der rasche Gang der Ereignisse für Überraschung, aber auch für Enttäuschung und Trauer gesorgt haben mag.“

Im Januar, sagt Panzer, habe er noch persönlich nachgefragt, aber niemand habe Farbe bekannt, obwohl es alle gewusst hätten. „Gegen eine gewerbliche Kündigung kannst du nichts machen, aber einfach so . . .“ Panzer äußert einen bösen Verdacht: „Der Brandschutz ist nur ein Vorwand, die unbequeme und subventionierte Künstlerbande loszuwerden.“

Mieter müssen bis Ende Mai raus

Bis Mitte Mai haben die Mieter Zeit, ihre Sachen zu packen. Betreten ist werktags von 9 bis 18 Uhr erlaubt, nur nach Voranmeldung. Das Arbeiten in den Räumen ist verboten. „15 Jahre Arbeit stehen hier drin.“ Lydia Czeranski, eine der ältesten Mieterinnen, ist den Tränen nah, als sie versucht, Papier und Leinwände auszuräumen.

Beatrix Rey ist tagsüber berufstätig und weiß überhaupt nicht, wie sie bei den Öffnungszeiten noch an ihre Arbeiten kommen soll. Und wohin damit, weiß sie natürlich noch viel weniger – genau wie die anderen.

Karsten Panzer hat im Untergeschoss Atelierräume, vollgestellt mit seinen großformatigen Bildern. Er plant gerade eine umfangreiche Ausstellung im Ausland: „Wohin soll ich denn so kurzfristig mit all den Bildern“, fragt er ratlos. „Die kann ich mir doch nicht in die Wohnung stellen.“

Im Minutentakt erreichen ihn Nachrichten der ratlosen Kollegen, die sich Hilfe von ihm versprechen.

Mieter haben einen Anwalt eingeschaltet

Im Moment überwiegt Katastrophenstimmung. Aber so ganz kampflos wollen die Künstler ihre Arbeits- und Ausstellungswelt nicht hergeben. „Wir haben einen Anwalt eingeschaltet und prüfen, ob diese Brandlasten tatsächlich eine Zwangsräumung rechtfertigen,“ sagt Karsten Panzer. „Gegebenenfalls legen wir Widerspruch gegen den Kündigungsgrund ein.“

Das allerdings, ist den Künstlern klar, hätte bestenfalls aufschiebende Wirkung. „Aufgrund der baulichen Situation ist eine Sanierung nicht möglich,“ sagt Nike Boch von Beos.

Das Gebäude stammt aus den 70er Jahren und ist ziemlich marode. „Wir bedauern das,“ so Nike Boch weiter. „Wir werden die Mieter bei der Suche nach neuen Flächen unterstützen und führen dazu auch Gespräche mit der Stadt.“

Allerdings macht sie auch klar, „dass es im Technologiepark keine anderen Räumlichkeiten gibt, die als Atelier in Frage kämen“.

Stadt will Künstlern unterstützen

Bürgermeister Lutz Urbach sei von Karsten Knut Panzer angesprochen worden mit der Frage, ob die Stadt den Künstlerkreis kurzfristig unterstützen könne, sagt Stadtsprecherin Marion Linnenbrink. Grundsätzlich wolle man das Ansinnen unterstützen. „Aktuell sind Kollegen beauftragt, eine Übergangslösung zur Unterbringung der Künstler zu finden.“ Etwas Konkretes gebe es noch nicht

Das Atelierhaus A 24

Das Atelierhaus A 24 und die Galerie wurden 2006 vom Gladbacher Künstler Karsten Panzer PerZan gegründet. Über 50 Künstler fanden auf 900 Quadratmetern bereits preiswerten Atelierraum. Aktuell arbeiten hier 26 Künstler. Als Kurator organisierte Panzer zahlreiche Ausstellungen mit den Hauskünstlern in der angegliederten Produzentengalerie, aber auch mit Gastkünstlern.

Zudem kuratiert Karsten Panzer Ausstellungen in den Foyers des Technologieparks, derzeit ist dort die Schau „We two“ mit Arbeiten von Christine Evers und Angela Richter zu sehen. Der AdK (Arbeitskreis der Künstler) hat Räume im Nebenhaus, das ebenfalls zur Disposition steht.  

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